Besonders wertvoll: Die Zeit zu Hause

von Redaktion

Olympia-Siegerin Jessica von Bredow-Werndl will „noch ein paar Jahre weitermachen“

München/Aubenhausen – Sportpreis statt Stall – die Gala vergangenen Samstag in der BMW Welt war eine willkommene Abwechslung für Doppel-Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl (35) aus Aubenhausen. Sie konnte die fantastischen Tokio-Momente mit Stute Dalera in Ruhe Revue passieren lassen. Im Alltag bleibt dafür wenig Zeit. „Ich muss es mir bewusst hervorrufen“, verrät die Dressur-Königin. Knapp fünf Monate nach dem großen Triumph– dem Sieg im Einzel und mit der Mannschaft – hat sie sich längst neue Ziele und Aufgaben gesetzt. Dazu gehören auch die kommenden Spiele 2024 in Paris. „Ein paar Jahre“ will sie definitiv noch weitermachen. Auszeichnungen und Preise spielen dabei eine untergeordnete Rolle. „Ich kann die Ehrungen schon genießen, aber ich habe auch einige abgesagt, weil es mir zu viel geworden ist“, sagt die 35-Jährige. Viele Menschen erkennen die Reit-Championesse seit dem Gold-Sommer auf der Straße und bitten um Fotos, auf Instagram folgen ihr immerhin 290000 Fans. „Es freut mich zu hören, wie alle mitgefiebert haben“, sagt von Bredow-Werndl. Die Gefahr abzuheben, besteht bei ihr aber nicht. Die Chefin vom Gestüt in Aubenhausen, das sie zusammen mit Bruder Benjamin führt, bleibt angenehm bodenständig. „Ich bin am liebsten im Stall, bei den Tieren und der Familie. Nichts ist für mich wertvoller als die Zeit zu Hause.“

Zur Familie gehört seit 2017 auch Sohn Moritz, der bereits erste eigene Pony-Erfahrungen sammelt. Immer mehr Athletinnen, so auch die diesjährige deutsche Fahnenträgerin und Beachvolleyballerin Laura Ludwig (35), bekommen noch während der Karriere Kinder und kehren danach zurück. „Damit jongliere ich seit vier Jahren. Vormittags bin ich Sportlerin, am Nachmittag Mutter. Das gelingt mal mehr und mal weniger, aber unter dem Strich klappt es sehr gut“, sagt von Bredow-Werndl, die sich eine erneute Auszeit vorstellen könnte. „Ich weiß nur noch nicht, wann.“ Bei einem anderen Thema ist die Mannschafts-Weltmeisterin von 2018 froh, dass sich schnell etwas geändert hat. „Ich finde es toll, dass das Reglement im Modernen Fünfkampf überarbeitet wird“, sagt von Bredow-Werndl mit Blick auf das Drama um Annika Schleu in Tokio. Die deutsche Athletin hatte auf Goldkurs liegend unter Tränen versucht, das ihr zugeloste Pferd mit Gerte und Sporen zurück in den Parcours zu bringen. Jetzt soll das Reiten als Disziplin ersetzt werden. „Es war unfair und es tut mir leid, dass es so weit gekommen ist. Es ist unmöglich, in 20 Minuten eine Partnerschaft zu einem Lebewesen aufzubauen“, sagt von Bredow-Werndl. Dabei sei es ganz wichtig, dass Pferd und Reiter eine Einheit bilden. „Das gute Verhältnis ist die Voraussetzung dafür, dass wir in unserem Sport harmonische Leistungen abrufen können.“

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