Wie Haas Wacker noch besser machen will

von Redaktion

INTERVIEW Wacker Burghausens Trainer: Seine Analyse, seine Pläne, seine Zukunft

Burghausen – Mit 36 Punkten aus 23 Punktspielen überwintert Fußball-Regionalligist SV Wacker Burghausen bei einem Torverhältnis von 49:36 auf Platz sieben – Trainer Leo Haas, der seit Dezember 2019 im Amt ist, zieht im Interview eine Zwischenbilanz, gewährt Einblicke in die aktuelle Situation und wagt Ausblicke zur Zukunft. Der gebürtige Rosenheimer, der für den FC Augsburg, Greuther Fürth und den FC Ingolstadt in der 2. Bundesliga am Ball war, über:

die Zeit seit Wiederbeginn nach der Corona-Pause: „Es war schon eine lange Zeit seit Mai mit den vielen Englischen Wochen und zuvor mit den Liga-Pokal-Spielen, aber wir haben durch die Pokal-Spiele nach der langen Corona-Pause wieder einigermaßen die Abläufe bekommen. Das war insofern doppelt wichtig, weil es ja in der Phase auch noch viel Fluktuation im Kader gegeben hat. Natürlich wären wir gerne in den DFB-Pokal gekommen, das muss ja in diesem Wettbewerb immer das Ziel sein, aber das ist halt auch richtig schwierig.“

die positiven Aspekte: „Absolut positiv war für uns als Mannschaft, dass wir ganz lange Zeit kaum Verletzte hatten, das ist erst in den letzten vier Wochen vor der Winterpause problematisch geworden. Sehr zufrieden war ich mit dem Offensivfußball, den wir gezeigt haben. Nicht in allen Spielen, aber in den meisten. Wir haben viele Tore gemacht, haben uns sehr viel Chancen erarbeitet. Das Umschaltspiel war echt gut, unsere Tore waren gut herausgespielt und keine Zufallstreffer. Und wir haben viele sehr schöne Tore erzielt, darum sind wir auch mit vier Treffern von Andi Scheidl, Christoph Maier, Robin Ungerath und Denis Ade unter den Top Ten der schönsten Regionalliga-Tore. Positiv war auch, dass wir einige Serien hatten, in denen wir ungeschlagen geblieben sind und für mich ist auch wichtig, dass wir in den Spielen, die wir verloren haben, nicht chancenlos waren, so wie gegen Unterhaching oder Bayreuth.“

die Dinge, die verbessert werden müssen: „Natürlich hatten wir auch zwei oder drei Spiele dabei, die richtig schlecht waren. Woran wir arbeiten müssen, und das ist echt negativ ins Gewicht gefallen, dass wir es dem Gegner erlaubt haben, mit relativ einfachen Mitteln Tore gegen uns zu erzielen. Da waren wir oft mit zehn Mann hinter dem Ball und trotzdem haben wir Gegentore kassiert, die uns auch einige Punkte gekostet haben. Individuelle Fehler waren da auch dabei, das ist nie ganz zu verhindern, was aber schwer zu akzeptieren ist, wenn man in Überzahl Tore schluckt. Das hat dann ja keine taktischen Gründe, wir haben da als Mannschaft, gepaart mit einfachen Fehlern, im letzten Drittel einfach nicht konsequent verteidigt. Bayreuth und Buchbach sind Mannschaften, die uns vormachen, wie man relativ konsequent Tore verhindert. Grundsätzlich machen wir es ja von der Strategie nicht schlecht, aber egal, welche Attribute man verändert, insgesamt brauchen wir mehr Klarheit in der Verteidigung.“

Verstärkungen oder Abgänge im Winter: „Wir schauen immer, ob es Jungs gibt, die zu uns passen, die uns verstärken. Da muss man abwarten, ob das bei dem einen oder anderen klappt. Umgekehrt haben wir auch Spieler, die sich in den Fokus gespielt haben und jetzt bei anderen Vereinen auf dem Zettel stehen, das ist ja völlig okay und macht uns ja auch stolz. Auf der anderen Seite gibt es auch die Spieler, die sich verändern wollen, weil sie mit ihren Einsatzzeiten nicht so zufrieden waren. Wie bei den meisten Vereinen in der Regionalliga sind auch unsere Spieler keine Vollprofis, Fußball ist nicht ihr Hauptberuf, da kann sich auch mal im Job oder im Privaten etwas neu entwickeln. Insofern muss man immer damit rechnen, dass sich der Kader etwas verändern kann.“

André Leipold und Robin Ungerath, die mit ihren Toren Begehrlichkeiten geweckt haben: „Es ist ja gang und gäbe, dass Zweit- und Drittligisten Spieler aus der Regionalliga beobachten, da sind wir nicht der einzige Verein, von dem Spieler auf dem Zettel stehen. Robin ist ein gutes Beispiel, er hat relativ viele Tore in kurzer Zeit gemacht. Natürlich will ich ihn weiter bei uns haben. André hat am Anfang noch nicht so viel gespielt, hat sich dann aber schnell weiterentwickelt und seine Tore gemacht. Er ist jung, hat die Geschwindigkeit und den Abschluss, das macht ihn für höherklassige Vereine interessant. Das Ganze ist ja immer eine Wette auf die Zukunft, man kann nie sagen, ob sich ein Spieler ein oder zwei Klassen höher auch behaupten kann und wie er sich in einem anderen Umfeld zurechtfindet. Es ist völlig legitim, dass die Jungs nach oben wollen. Fast jeder kleine Junge träumt davon, Profi zu werden. Als Trainer würde ich es schlimm finden, wenn die Jungs keine Ziele hätten, davon lebt doch der Sport, ich kann die Jungs absolut verstehen. Wenn es Angebote gibt, muss man sich halt zusammensetzen und eine Lösung finden, das ist dann eine Sache zwischen den Vereinen.“

den neu gewonnenen Stellenwert: „Burghausen bietet allein dank der Infrastruktur für junge Spieler tolle Möglichkeiten, die auch in der Regionalliga nicht selbstverständlich sind. Wenn Berater jungen Spielern eine Perspektive bei einem Verein wie Wacker Burghausen aufzeigen, um sich zu entwickeln, muss man einfach stolz sein. Aber da hat natürlich jeder Verein eine eigene Strategie, um sich für Talente interessant zu machen.“

die Weiterentwicklung von Talenten: „Fußball ist unglaublich progressiv, da kann sich in kurzer Zeit ganz viel verändern. Als Mannschaft hat man immer gewisse Ziele, aber natürlich hat auch jeder Spieler seine eigenen Themen. Grundsätzlich geht es im Sport darum, die Leistungen immer wieder zu bestätigen und sich möglichst zu verbessern. Aber es gibt auch die Phasen, in denen man den Jungs mal sagen muss: cool down, krieg den Kopf wieder frei! Auf diese Situationen muss man junge Spieler vorbereiten. Absolut wichtig ist auch, dass man sich als Person weiterentwickelt und sein Mindset kontrolliert. Dazu gehören die Fragen, muss ich in diesem Bereich noch mehr tun, muss ich bei einem anderen Thema noch arbeiten? Aber wer wirklich mehr machen will, macht es auch.“

den bis Juni datierten Vertrag als Cheftrainer: „Ich fühle mich in Burghausen sehr wohl, die Zusammenarbeit mit meinen Trainerkollegen Ronald Schmidt, Harry Mayer und Welder de Souza Lima macht richtig Bock. Auch die aktuelle Mannschaft und das Umfeld machen echt Spaß. Die Entscheidung nach Burghausen zu gehen, habe ich zu keiner Sekunde bereut. Anfang Januar werde ich mich mit Karl-Heinz Fenk (Anm. d. Red: Sportlicher Leiter) und Andi Huber (Anm. d. Red: Geschäftsführer Wacker Burghausen Fußball GmbH) erneut zusammensetzen und dann werden wir in Ruhe alles noch mal analysieren und besprechen.

die Zukunft im Trainergeschäft: „Als Trainer tue ich mich aber grundsätzlich schwer, die nächsten zweieinhalb Jahre voraus zu planen. Dazu ist das Geschäft zu schnelllebig. Aber es ist kein Geheimnis, dass ich mal im Profibereich arbeiten möchte. Als Trainer will ich mich ständig weiterentwickeln, im Profibereich braucht man aber ganz viele Attribute, die einen auszeichnen. Das ist schon noch mal eine Stufe höher, da ist alles noch komplexer, das sind sehr viele Bausteine, die man verstehen muss. Dieses Ziel habe ich schon vor Augen, aber ich habe mir keinen Zeitplan gesetzt, wann ich genau wo stehen möchte. Ich werde im Januar 40 Jahre alt, gehöre also nicht mehr zu den ganz Jungen, aber ich bin ja erst seit fünf, sechs Jahren Trainer, das ist ein ständiges Dazulernen, da ist jeder Schritt wichtig, man muss sich ein gewisses Standing auch erst erarbeiten. Die Fußball-Lehrer-Lizenz ist erst mal die Voraussetzung, um überhaupt im Profibereich arbeiten zu können. Das möchte ich schon in den nächsten zwei oder drei Jahren in Angriff nehmen. Das Leben besteht aus Veränderung, sonst wird es langweilig. Und wenn man als Trainer aufhört, sich verbessern zu wollen, ist es schon lange vorbei.“

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