Kolbermoor – Kolbermoor und Nachwuchsarbeit, das passt schon seit vielen Jahren sehr gut zusammen. Nicht umsonst hatte der Verein im vergangenen Jahr das „Grüne Band“ – eine Initiative der Commerzbank und des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) für vorbildliche Talentförderung – gewonnen. Der Verein darf sich auf das Revers schreiben, schon viele Talente hervorgebracht zu haben. Zu ihnen zählt mittlerweile auch Luis Kraus. Der 15-jährige Realschüler, der in diesem Jahr seinen Abschluss macht, hat die internationale Bühne im Nachwuchsbereich bereits betreten und auch schon in der Weltrangliste weite Sprünge nach oben gemacht.
Als Siebenjähriger machte Kraus in der Grundschule in Kolbermoor ein Schnuppertraining mit. Schon nach der ersten Stunde sahen die damaligen Trainer Nicole und Zsolt Hollo sowie Peter Gardosz das Talent in ihm. Zu diesem Zeitpunkt spielte Kraus allerdings auch noch Basketball, entschied sich dann aber nach einem Jahr für das Spiel mit dem kleinen weißen Ball. Damals ging er noch in eine Ganztagesklasse, hatte aber bereits viermal pro Woche Training und am Wochenende Punktspiele. Die Trainingspläne wurden von den Trainern angepasst und es wurde darauf geachtet, dass die Schule nicht auf der Strecke bleibt. Durch das kontinuierliche Training ist es ihm gelungen, seine Leistung zu steigern. Mit zehn Jahren spielte Kraus bereits im Talentkader des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB). Mittlerweile hat der 15-Jährige schon so viele Medaillen und Pokale gewonnen, dass er nur noch eine kleine Auswahl in seinem Zimmer aufbewahren kann.
Im September ist Kraus nach München in das „Haus der Athleten“ gezogen. Dies wurde notwendig, da er im Leistungszentrum des Bayerischen Tischtennis-Verbandes trainiert. Dabei war das Verlassen des gewohnten Umfeldes und besonders der Schule kurz vor der zehnten Klasse nicht leicht für ihn. Deshalb ist er froh, dass er mit seinen früheren Schulkameraden immer noch Kontakt hat und diese auch Verständnis haben, dass er nicht mehr so oft in Kolbermoor ist. Im „Haus der Athleten“ bewohnt Kraus ein kleines Zimmer. Meistens steht er um sechs Uhr auf, geht danach zur Schule und erledigt die täglichen Hausaufgaben. Während andere Jugendliche dann aber ihrem Freizeitvergnügen nachgehen, heißt es für Kraus: Trainingszeug einpacken und ab in die Turnhalle. Am Abend wird oft noch gelernt, um 22.30 Uhr ist jedoch Zapfenstreich.
Das Training läuft unter anderem in der Turnhalle des TSV Milbertshofen ab. Die Übungseinheiten finden dort im Keller statt, der für Tischtennis-Verhältnisse sogar recht niedrig wirkt. In seiner Trainingsgruppe tummeln sich Akteure wie der mehrfache bayerische Meister Tom Schweiger, der beim FC Bayern München in der 3. Bundesliga spielt. Florian Schreiner, Daniel Rinderer und Petros Sampakidis sind allesamt Bundesligaspieler, Sebastian Hegenberger, der für den TV Hilpoltstein an der Platte steht und gerade den Bundesfreiwilligendienst (BFD) absolviert, ist ebenfalls mit dabei. Alle diese Spieler sind den diversen Landeskadern zugeordnet.
Das Training wird von Honorartrainern – zu ihnen zählen unter anderem der Kolbermoorer Antonio Golemovic sowie Nicole und Zsolt Hollo – und den drei dem Tischtenniszentrum angehörenden verantwortlichen Trainern Dustin Gesinghaus, Felix Malich und Krisztina Toth geleitet. Alles läuft dabei penibel und minutiös genau ab. Die ehemalige ungarische Weltklassespielerin Toth dokumentiert jeden Trainingsablauf genau und gibt den Spielern nach jeder Übung das erforderliche Feedback. Die Trainer aus dem Leistungszentrum erstellen zudem einen wöchentlichen Trainingsplan. Dieser hat eine gute Balance zwischen Einzel- und Gruppentraining. Auch Vereinstrainer Antonio Golemovic achtet akribisch darauf, dass immer ein guter Ausgleich zwischen Training, Spiel und Freizeit vorhanden ist.
Ein großer Teil des Freundeskreises von Luis Kraus besteht aus Tischtennisspielern beziehungsweise -spielerinnen. Dazu gehören auch die Spieler der Kolbermoorer Herrenmannschaft, in der er als Jugendlicher in der Verbandsoberliga spielt und den Aufstieg in die Oberliga anstrebt.
Seine Familie ist eine wichtige Säule für ihn. Seine Eltern unterstützen ihren Sohn auf allen Wegen und versuchen, ihm den Rücken freizuhalten. Sie übernehmen organisatorische Dinge wie zum Beispiel Anmeldungen für Lehrgänge oder Zugtickets. Früher ist sein Vater sogar auf Turniere nachgeflogen. Ziele für seine weitere Laufbahn hat sich der Schüler schon gesetzt: In erster Linie möchte er zunächst einmal seinen Realschulabschluss gut bestehen und später auch im Leistungszentrum wohnen und trainieren. Als Folge dessen hofft er, sich weiter mental und spielerisch verbessern zu können. Dass er mit seinem Weg dann selbst ein Vorbild für mögliche weitere Kolbermoorer Tischtennis-Talente sein kann.