Rosenheim – „Es ist wie in jeder Sportart: Das zweite Jahr wird schwieriger.“ Das sagt Wolf-Dieter Dörfler, Vorstand des TC 1860 Rosenheim, vor dem Saisonstart der Tennis-Bundesliga, bei dem die Rosenheimer gleich am Sonntag das Oberbayern-Derby beim großen Favoriten TC Großhesselohe bestreiten. Dörfler liefert zugleich auch die Begründung hinterher: „Uns wird keiner mehr unterschätzen.“ Für die Sechziger ist es das zweite Jahr und zu gut waren die Eindrücke, die der Rosenheimer Aufsteiger bei der Premierensaison hinterlassen hat.
Hinzu kommt, dass die deutsche Bundesliga ihrem Ruf als „stärkste Liga der Welt“ mehr als gerecht wird. „Es hat sich erstaunlich was getan“, sagt Bernhard Gleissner, Teammanager und Spielerscout in Rosenheim. Allerdings auch bei den Sechzigern: Gleich 13 Spieler im Aufgebot stehen bis Rang 350 in der ATP-Weltrangliste. „Wir haben schon aus der letzten Saison gelernt“, sagt Gleissner, „zuviel nach vorne mörteln ist einfach ein Risiko“. Das heißt: Die Breite ist entscheidend, weil die Top-Spieler aufgrund von Turnierverpflichtungen auch oft fehlen. „Die Mitte ab den Plätzen 100 bis 250 hat uns schon gut getan“, weiß Gleissner, „und da haben wir uns verstärkt“.
Allerdings weist das Aufgebot auch einige Top-Spieler auf: Aljaz Bedene, die Nummer eins der vergangenen Saison, ist wieder mit an Bord. Er war allerdings verletzt und ist in der Weltrangliste auf Rang 200 abgerutscht. Auch Publikumsliebling Damir Dzumhur schwingt weiter den Schläger für die Sechziger. „Der ist eine Hauptattraktion fürs Publikum“, sagt Thomas Detterbeck, Vorstand Bundesliga an der Pürstlingstraße. Und er denkt zurück: „Was wir mit dem in der vergangenen Saison gelacht und geschwitzt haben…“ Neu hinzugekommen sind mit Hugo Grenier, Manuel Guinard und Alexandre Muller drei französische Akteure, mit Felipe Meligeni ein Brasilianer und mit dem Argentinier Juan Manuel Cerundolo und dem Tschechen Jonas Forejtek zwei große Talente. „Die Franzosen waren in der Rangliste noch nicht so weit oben gestanden, als wir sie verpflichtet haben – da haben wir ein gutes Händchen gehabt“, verrät Gleissner, der Cerundolo und Forejtek als „Zukunftsspieler“ bezeichnet. Und Meligeni ist für den Spielerscout der Rosenheimer „eine Waffe. Der ist gut im Einzel und im Doppel.“
Sie alle werden aber von Nikoloz Basilashvili überstrahlt. Der Georgier ist die neue Nummer eins in Rosenheim und steht in der Weltrangliste auf Platz 26. „Er spielt volle Pulle“, weiß Gleissner, der den Top-Spieler noch aus früheren Zeiten kennt, als er für Bruckmühl-Feldkirchen aufgeschlagen hatte. „Für ihn haben wir den Zaun verstärkt“, sagt Dörfler angesichts der Wucht in den Schlägen des Georgiers. Die Hoffnung besteht, dass der 30-Jährige in mehreren Spielen für Rosenheim antritt. „Wenn es ihm ausgeht, dann würde er gerne mehr Spiele bestreiten“, meint Gleissner.
Basilashvili zeigt aber auch die Crux, in der die Tennis-Bundesliga und damit auch die Rosenheimer stecken. Zum Auftakt in Großhesselohe am Sonntag ab 11 Uhr wird die neue Nummer eins der Sechziger fehlen, weil er zuletzt noch in Wimbledon im Einzel und Doppel beschäftigt war. Auch Aljaz Bedene war noch in der Doppel-Konkurrenz im Rennen. Zudem gibt es noch einige Fragezeichen hinter Spielern, die in der jüngsten Vergangenheit verletzt waren und noch in der Aufbauphase sind. Der Auftakt wird also eine harte Nuss, zumal Großhesselohe möglicherweise mit einigen frühzeitig ausgeschiedenen Wimbledon-Heimkehrern wie Arthur Rinderknech, Jiri Lehecka, Federico Coria, Jan-Lennard Struff, Philipp Kohlschreiber oder Peter Gojowczyk planen kann. Vielleicht kommt das Derby für die Sechziger zu früh!
Das erste Heimspiel bestreiten die Rosenheimer am Sonntag, 10. Juli, gegen TK Kurhaus Aachen. „Spätestens dann wollen wir unser bestes Aufgebot an den Start bringen“, sagt Dörfler. Immerhin gilt es, erneut so eine Stimmung wie in der vergangenen Saison zu entfachen. „Vom Budget her sind wir vielleicht im unteren Drittel, von der Stimmung aber sind wir deutscher Meister“, stellte Detterbeck erfreut fest – auf der Ligen-Tagung gab es sogar von der Konkurrenz großes Lob für die Atmosphäre im Rosenheimer Kessel.
Die Verantwortlichen haben nicht nur die Mannschaft verstärkt, sondern auch im Rundherum einiges getan, um die Heimspiele noch attraktiver zu gestalten. „Es gibt eine neue Sound-Anlage, die neuen Schiedsrichter-Stühle werden mit Mikros ausgestattet“, erzählt Detterbeck, der ein etwas größeres Budget als im Vorjahr verwalten kann. „Wir haben zwar Sponsoren verloren, haben aber auch größere hinzubekommen. Und einige haben noch dazu etwas für die Jugendarbeit draufgelegt“, sagt der Vorstand Bundesliga bei den Rosenheimern. Und dann klingt er zufrieden und zuversichtlich, wenn er feststellt: „Für uns als kleiner Verein sind wir nicht so schlecht unterwegs.“