von Redaktion

Kolbermoors Bundesliga-Tischtennis-Damen seit zehn Jahren in der 1. Bundesliga

Kolbermoor – Es kommt in der Tischtennisszene nicht allzu oft vor, dass ein Verein über eine Vielzahl von Jahren ununterbrochen in der 1. Bundesliga vertreten ist. Bei den Damen beispielsweise ist es der DSC Kaiserberg, der 18 Jahre von 1975 bis 1993 ununterbrochen in Deutschlands Eliteliga zugange war. Der TTC Berlin eastside hat ab 1998 Erstligaluft geschnuppert und kommt ebenfalls auf 18 Jahre, wechselte aber mehrmals seinen Namen. Der SV Böblingen kann ebenfalls schon auf eine lange Verweildauer von 17 Jahren zurückblicken. Bis es so weit ist, haben Kolbermoors Damen noch einiges vor sich. Nun aber sind sie in den „Zehner-Club“ aufgestiegen, also in diejenige Kategorie, die eine Mannschaft zehn Jahre in der 1. Bundesliga vorweisen kann.

Der Aufstieg in die deutsche Eliteliga verlief für Kolbermoors Damen insgesamt recht rasant. So erreichte man in der Saison 2010/11 in der Regionalliga Rang zwei – punktgleich mit dem Meister SpVgg Wolframs-Eschenbach. Das Quartett aus dem mittelfränkischen Landkreis Ansbach verzichtete jedoch auf den Aufstieg in die damalige 2. Bundesliga und machte dadurch den Weg für Kolbermoor frei. Trainer damals war Zsolt Hollo, der sich als wahrer Glücksfall für den Verein herausstellen sollte. Der ehemalige ungarische Nationalspieler bildete im Jugendbereich junge Nachwuchstalente aus und sorgte bereits zu diesem Zeitpunkt dafür, dass der SV-DJK Kolbermoor auch in diesem Bereich bald eine Marke in Deutschland wurde. Sowohl mit den Buben wie auch mit den Mädchen schaffte er den Aufstieg in die höchsten Jugendspielklassen und 2013 gelang es ihm auch, mit den Schülerinnen deutscher Mannschaftsmeister sowie den Mädchen deutscher Meister zu werden. Zu diesen zählte auch Chantal Mantz, die zu einem Aushängeschild werden sollte. Mit ihr gelang dann auch ein sensationeller Durchmarsch durch die 2. Bundesliga und ab der Saison 2012/13 war man plötzlich Erstligist. Günther Lodes, zu diesem Zeitpunkt Spartenleiter der Tischtennis-Abteilung, sagte damals: „Eigentlich haben wir gehofft, in der zweiten Liga den Klassenerhalt zu schaffen. Mit diesem Erfolg haben wir nicht gerechnet.“

Obwohl es eine sportliche und organisatorische Herausforderung war, ging man das Abenteuer ein. Dafür sprach auf der einen Seite, dass man mit Zsolt Hollo einen erfahrenen Trainer hatte und auf der anderen Seite auf eine Mannschaft baute, der man einiges zutrauen konnte. Neben Chantal Mantz stand auch deren Schwester Sarah sowie die beiden Neuzugänge Wenling-Tan Monfardini und die deutsche Vizemeisterin Sabine Winter im Aufgebot. Die ersten Erfahrungen in der 1. Bundesliga verliefen eher ernüchternd, wurden doch die ersten beiden Begegnungen gegen den TTV Saarlouis-Fraulautern mit 0:6 und auch gegen die TTG Bingen-Münster/Sarmsheim mit 4:6 verloren. Erfolgreich dagegen verlief die erste Auswärtsbegegnung beim NSC Watzenborn-Steinberg mit einem 6:0. Auf den ersten Heimsieg musste man bis zum 3. Februar 2013 warten, als man die Leutzscher Füchse mit 6:1 nach Hause schickte. Obwohl die Saison noch durchwachsen verlief, erreichte man das gesteckte Ziel mit dem siebten Platz.

Aber schon die nächste Spielzeit 2013/14 verlief wesentlich erfolgreicher und man wurde Vierter. Dank eines überragenden ersten Paarkreuzes mit Sabine Winter und Wenling Tan-Monfardini pirschte man sich in der Saison 2014/15, in der man übrigens das 50-jährige Jubiläum der Abteilung feierte, immer näher an die Spitze der 1. Bundesliga heran. Und der Höhenflug sollte sich in der Saison 2015/16 fortsetzen: Mit der damals noch unter ihrem Mädchennamen spielenden Kristin Silbereisen konnte man einen weiteren spektakulären Neuzugang vermelden, der voll einschlug. Weil Wenling Tan-Monfardini auf Nummer drei zu finden war, hatte man auf allen Positionen Akteurinnen, die sich eine hoch positive Bilanz erspielten. Das Duo Winter/Silbereisen avancierte zum besten Doppel der Liga.

In der Saison 2016/17 trotzte man dem Liga-Krösus aus Berlin beim 5:5-Unentschieden erstmals einen Punkt ab und wurde Vizemeister. Aus Sicht der Liga war die Saison 2017/18 eher als Tiefpunkt zu bezeichnen: Nur sieben Mannschaften nahmen am Spielbetrieb teil, was dazu führte, dass eine Play-off-Runde gespielt werden musste. Und genau diese gebotene Chance nutzten Kolbermoors Damen. Nach der Meisterschaftsrunde lagen die Mangfallstädterinnen nur auf dem dritten Platz und verloren das Viertelfinale mit 4:6 bei der TTK Anröchte. Die nächsten beiden Begegnungen wurden dann aber gewonnen. Im Halbfinale wartete einmal mehr Berlin. Zweimal ging man als 6:3-Sieger hervor und stand plötzlich in den Endspielen gegen die TTG Bingen/Münster-Sarmsheim. Im ersten Aufeinandertreffen vor fremdem Publikum trennte man sich 5:5, dieses Ergebnis gab es auch im Heimspiel. Im Entscheidungsspiel in Rheinland-Pfalz servierte man Bingen vor heimischer Kulisse aber mit 6:1 weg und durfte erstmals den Pokal als deutscher Mannschaftsmeister in den Händen halten. Michael Fuchs, inzwischen Abteilungsleiter, schwärmte von der Leistung des Teams: „Der SV-DJK Kolbermoor hat sich mit dem deutschen Meistertitel nun endgültig im deutschen Tischtennis-Spitzensport einen Namen gemacht.“

Der Erfolg beflügelte das Kolbermoorer Quartett in der Spielzeit 2018/19. Im Play-off-Halbfinale traf man auf den TuS Bad Driburg, den man zweimal mit hohen Niederlagen nach Hause schickte. Im Endspiel kreuzte man wieder einmal die Schläger mit dem Dauerkonkurrenten Berlin. Nach einem Unentschieden daheim musste man sich im Rückspiel in der Bundeshauptstadt mit 3:6 geschlagen geben. „Für uns ist das Erreichen des Play-off-Finales trotzdem ein großer Erfolg“, so Fuchs. Nur wenige Wochen vorher konnten seine Damen einen klaren 3:0-Endspielsieg im Pokal feiern. Der Finalgegner war einmal mehr der TTC Berlin eastside.

Welchen Platz hätten Kolbermoors Damen wohl in der Saison 2019/20 erreicht? Diese Frage blieb unbeantwortet, denn in dieser Spielzeit gab Corona den Ton an. Die Saison wurde abgebrochen, Kolbermoor lag zu diesem Zeitpunkt auf dem dritten Rang. Im Pokal verlor man das Finale gegen Berlin eastside mit 0:3. „Wir werden erneut mit einem sehr breiten Kader an den Start gehen, um unseren Anforderungen und den hohen Belastungen der Spielerinnen gerecht zu werden“, erklärte Michael Fuchs vor der Saison 2020/21. Jia Liu hatte sich wieder ihrem Heimatverein Froschberg Linz angeschlossen und Yaping Ding ihre Karriere beendet. In der Play-off-Runde setzte man sich zunächst in zwei Spielen gegenüber dem TSV Langstadt durch und stand einmal mehr Berlin gegenüber. Während man vor eigenem Publikum mit 3:5 verlor, schlug man den hohen Favoriten in dessen Wohnzimmer mit dem gleichen Ergebnis. Im entscheidenden dritten Play-off-Finale hieß es wieder 5:3, aber erneut für den TTC Berlin. Und auch im Pokalfinale wollte es für Kolbermoors Damen nicht klappen. Im Endspiel konnte man zwar die Dauerrivalen aus Berlin ärgern, musste sich letztendlich mit 2:3 geschlagen geben.

Zu Beginn der Saison 2021/22 hoffte man, eine schlagkräftige Mannschaft aus jungen und alten Spielerinnen antreten lassen zu können. Aber Verletzungen, Erkrankungen und Corona machten vieles zunichte. Einmal konnte man aus Personalmangel sogar nicht antreten, was eine 0:6-Niederlage zur Folge hatte. In der Schlussphase der abgelaufenen Saison gelangte man sogar in eine Situation, die man bislang nicht kannte. Gerade so erreichte man die Play-off-Runde. Die Halbfinalspiele gegen den TSV Langstadt wurden zu einem Höhepunkt. Letztlich fehlte ein Sieg, um die Endspiele zu erreichen. Als Trost holte man sich zum zweiten Mal den Pokalsieg. Der Gegner hieß TSV Langstadt und wurde mit 3:0 bezwungen.

Ein Jahrzehnt Tischtennis in der 1. Bundesliga haben Kolbermoors Damen jetzt hinter sich. Die Weichen für die kommenden Jahre sind aber schon gestellt.

Die Höhepunkte überwogen

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