Wasserburg – Der Wasserburger Jakob Schnaitter (26) feierte am vergangenen Sonntag den größten Erfolg in seiner bisherigen Tenniskarriere. In Biberach wurde er überraschend deutscher Meister. Für die Nummer 47 der deutschen Rangliste ist der Titel im Herreneinzel der bisher größte Erfolg seiner Einzelkarriere (wir berichteten). Ein Erfolg, der ihn selbst auch überrascht hat, wie Jakob Schnaitter im Interview mit der OVB-Sportredaktion erklärt.
Herr Schnaitter, konnten Sie Ihren Erfolg ein bisschen feiern?
Gefeiert habe ich eigentlich nicht wirklich. Ich bin noch mit meinen Eltern und Freunden nach dem Finale zum Essen und dann später zu Hause einfach nur noch ins Bett. Die Turnierwoche war dann doch ziemlich anstrengend.
Mit welchen Erwartungen sind Sie nach Biberach gefahren?
Nachdem ich nach der Auslosung gesehen habe, dass das Feld in diesem Jahr nicht ganz so stark besetzt ist, habe ich meinem Trainer Marc Meigel geschrieben, dass da schon was gehen könnte. Aber dass ich gewinne, habe ich wirklich nicht gedacht.
Sie sind im Sommer 2022 aus den USA zurückgekehrt. Wie lange waren Sie dort?
Insgesamt war ich fünf Jahre in den USA, zuerst vier Jahre in Kalifornien und habe da College Tennis und meinen Bachelor in Wirtschaft gemacht. Dann war ich noch ein Jahr in North Carolina auf der Wake Forest University und habe dort neben College Tennis meinen Master in Kommunikationswissenschaften geschafft.
Wie sieht Ihr Fazit aus in Sachen College Tennis und Studium in den USA? Würden Sie diesen Schritt noch einmal machen?
Auf jeden Fall ja. Ich habe es geliebt! Die ganze Teamatmosphäre und wie man Studium und Leistungssport dort perfekt miteinander verbinden kann, das hat einfach mega viel Spaß gemacht. Das war eine geile Zeit!
Auf was hätten Sie verzichten können dort?
Gute Frage, da muss ich echt überlegen. Manchmal waren vielleicht die Trainingseinheiten etwas eintönig. Jetzt fällt mir doch was ein: Die erste Uni, auf der ich war, war eine sehr christliche. Wir hatten da immer spezielle Bibelklassen. Die habe ich halt abgesessen, aber auf die hätte ich gerne verzichtet.
Wie war das Niveau der Unis, die haben ja nicht den besten Ruf?
Es stimmt schon, dass das Niveau wesentlich niedriger ist als bei uns in Deutschland. Man hat aber trotzdem viel zu tun. Wenn man aber seine Sachen macht, kann eigentlich nicht viel schiefgehen.
Sie sind in einer sport- und tennisbegeisterten Familie in Wasserburg aufgewachsen und waren schon in sehr jungen Jahren ein großes Talent. Sie haben zweimal beim Jüngstenturnier in Detmold, das als inoffizielle deutsche Meisterschaft im Kinderbereich gilt, gewonnen und wollten schon immer Tennisprofi werden. Haben Sie jemals Druck verspürt?
Ja klar, voll. Den mache ich mir nach wie vor auch selbst. Es geht ja von so vielen Seiten, vor allem von der Familie, eine Menge Aufwand in meine Karriere. Da will man sich schon durch Leistung rechtfertigen, dass man diesen Weg geht.
Nach Ihrer Schulzeit in Wasserburg waren Sie als zweiter Jahrgang im Tennisinternat in der Tennisbase in Oberhaching und haben dort Abitur gemacht. Warum dann der Schritt in die USA?
Ich war damals vom Tennislevel weit weg, das professionell zu machen und ich habe von so vielen Leuten Positives über die Tennis-College-Zeit in den USA gehört. Dann habe ich es halt gemacht.
Was machen Sie jetzt? Nur noch Tennis?
Schnaitter: Genau. Seit ich mit dem Master fertig bin, spiele ich nur noch Tennis und will schauen, wie weit ich es noch schaffe. Ich trainiere zweimal am Tag plus Fitnesstraining und bin viel auf Turnieren unterwegs. Ich will in naher Zukunft bei den Future-Turnieren immer direkt den Sprung ins Hauptfeld schaffen und meine Weltranglistenplatzierung (derzeit ATP 1098) sukzessive verbessern, so in die 700er-Region. Im Dezember spiele ich jetzt nur noch ein Preisgeldturnier, ab Januar werde ich dann in Spanien zwei wichtige Turniere spielen.
Sie spielen und trainieren beim TC Ismaning. Ihre Mannschaft ist in der letzten Saison als einzige hochklassige Mannschaft mit nur deutschen Spielern in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Als deutscher Meister bekommen Sie jetzt sicher Angebote von Vereinen der 1. Bundesliga. Wäre Rosenheim eine Option für Sie? Sie haben ja früher auch schon mal dort gespielt.
Ich bleibe 2023 in Ismaning, das steht schon fest. Wir haben da eine sehr coole junge Truppe und uns den Aufstieg hart erarbeitet. Wir bleiben so zusammen.
Wo sehen Sie derzeit Ihre Stärken und Schwächen auf dem Platz?
Meine Stärken sind das Spiel nach vorne und am Netz, auch Serve and Volley. Mein Aufschlag muss aber noch besser werden und oft spiele ich noch zu passiv.
Welche sportlichen Ziele oder auch Träume haben Sie?
Ich träume natürlich davon, mal bei einem Grand-Slam-Turnier dabei zu sein. Im Einzel ist es verdammt schwer, den Sprung zu den Grand Slams zu schaffen. Ich sehe meine Stärken auch eher im Doppel, vielleicht ist es da realistischer.
Sportliche Vorbilder?
Der Australier Lleyton Hewitt früher und natürlich Roger Federer.
Plan B, falls die Profikarriere nicht klappt?
Dann würde mich der Sportmedien-Bereich sehr interessieren oder eventuell auch die Arbeit als Tennistrainer im leistungssportlichen Bereich.