Paris/Rosenheim – Bei den French Open, einem der vier größten Turniere im Tennis, erzielte der Österreicher Sebastian Ofner den bisher größten Erfolg seiner Karriere. Ofner, der schon jahrelang für den TC 1860 Rosenheim in der ersten Herrenmannschaft aufschlägt und auch für die am 9. Juli mit einem Heimspiel beginnende Bundesliga-Saison wieder im Kader der Sechziger steht, erreichte in Paris das Achtelfinale. Nach überstandener Qualifikation und drei überzeugenden Siegen im Hauptfeld, unter anderem gegen die Nummer 30 der Welt, Sebastian Korda (USA), und den italienischem Starspieler Fabio Fognini, musste er sich erst gegen die aktuelle Nummer fünf der Welt, Stefanos Tsitsipas (Griechenland), geschlagen geben. Was dieser Lauf für ihn bedeutet und auf was sich die Fans in Rosenheim freuen können, hat Ofner im OVB-Interview beantwortet.
Herr Ofner, Glückwunsch zu dem wahnsinnigen Erfolg. Haben Sie es mittlerweile schon verarbeiten können, was da in Paris passiert ist?
Nach einigen Tagen in Ruhe zu Hause habe ich alles schon einigermaßen für mich einordnen können und bin mittlerweile schon wieder im Training für die kommenden Turniere.
Sie haben ja dieses Jahr generell schon eine starke Saison gespielt und unter anderem vier Finals bei Challenger-Turnieren erreicht. Wussten Sie, dass in Paris einiges möglich ist?
Mir war auf jeden Fall klar, dass es deutlich schlimmer hätte sein können. Viele der Qualifikanten wurden gleich gegen die Top-Spieler ausgelost, also hätte auch wie im letzten Jahr ein Zverev auf mich in der ersten Runde warten können. Als ich gesehen hab, dass es Maxime Cressy (ATP Nr. 44) ist, wusste ich, dass ich, wenn ich gut retourniere, meine Chancen haben werde, da er eher ein Hartplatzspieler ist. So bin ich auch ins Match gegangen.
Eine Runde bei einem Grand Slam zu gewinnen war ja schon ein großer Erfolg, wie hat sich Ihr Mindset vor den nächsten Runden entwickelt?
Als ich dann die dritte Runde erreichte, und gesehen habe, dass es gegen Fognini geht, war ich dann schon relativ nervös und angespannt. Er hat vorher immerhin Felix Auger-Aliassime, die Nummer zehn der Welt, in drei Sätzen rausgenommen. Trotzdem bestand eine reelle Chance, dass ich das Achtelfinale bei einem Grand Slam erreichen kann. Wenn man dann ans Achtelfinale denkt, ist die Anspannung schon recht hoch.
Davon haben Sie auf dem Platz wenig gezeigt. Nach knapp vier Stunden konnten Sie den entscheidenden fünften Satz für sich entscheiden.
Nach den ersten paar Spielen ist bei mir die Anspannung eigentlich weg. Es sind immer die ersten paar Spiele, die schwierig sind. Dann habe ich eigentlich bis zum 5:2 im fünften Satz kein einziges Mal mehr an die mögliche nächste Runde gedacht. Erst dann, beim 5:2, ist es das erste Mal eingeschossen, dass es jetzt wirklich passieren kann. Wenn man dann so kurz davor ist, habe ich schon kurz nachgedacht, aber zum Glück dann das 6:4 machen können.
Dann kam das Achtelfinale gegen Stefanos Tsitsipas, Nummer 5 der Welt, auf dem zweitgrößten Court vor lautstarkem Publikum. Wie war das Feeling, in so einem großen Stadion gegen so einen starken Spieler zu spielen?
Das Feeling war super und so oft habe ich die Situation ja noch nicht gehabt. Ich finde auch, dass besonders der erste Satz wirklich gut von mir war und auch relativ eng. Danach habe ich dann aber immer mehr gemerkt, dass es körperlich nicht mehr geht. Gegen andere Spieler hätte ich sicher noch mehr mithalten können, aber gegen einen Top-10-Spieler ist das einfach zu wenig, wenn du schon merkst, dass die Oberschenkel zumachen und man nicht mehr richtig zum Ball steht. Sehr cool war natürlich dann noch, wie die Zuschauer mitgegangen sind und mich als Außenseiter versucht haben im dritten Satz aufzubauen.
Jetzt sind Sie das erste Mal unter den ersten 100 in der Weltrangliste, für viele Tennisspieler ein Meilenstein. Wie lauten die neuen Ziele?
Also jetzt geht es erst einmal relativ normal weiter mit einem Challenger-Turnier in Ilkley auf Rasen und der Qualifikation in Wimbledon danach.
Dann will ich noch ein Challenger in Salzburg spielen, aber da ich relativ wenige Punkte aus dem letzten Jahr zu verteidigen habe und die jetzige Position hoffentlich halten kann, werde ich versuchen, nur noch ATP-Turniere zu spielen, besonders die großen in den USA. Vielleicht reise ich im Anschluss dann noch nach China und spiele dort die Turniere mit, aber das ist noch nicht sicher. Ziel ist auf jeden Fall so viele Matches wie möglich auf ATP-Niveau gegen gute Spieler zu bekommen.
Sie hatten im letzten Jahr und auch davor lange Verletzungspausen. Sind Sie jetzt komplett schmerzfrei und gab es Momente, in denen Sie zweifelten, dieses Level wieder zu erreichen?
Nach der ersten Operation 2021 war es schon schwierig. Da war ich ja sieben Monate raus und als ich dann wieder angefangen habe zu spielen, habe ich eigentlich durchgehend Schmerzen gehabt. Da zweifelt man natürlich und wenn du dann viele Punkte in der Rangliste zu verteidigen hast und Gefahr läufst, weit abzurutschen, wird es immer schwerer, sich wieder hochzuspielen. Dann habe ich Gott sei Dank im dritten Turnier gleich wieder ein Challenger gewonnen und konnte mich immer so um die Nummer 200 halten. Da habe ich mir schon gedacht, wenn ich wirklich schmerzfrei und topfit spielen kann, dann muss da eigentlich schon noch einiges drin sein. Das hat mich dann mental gut durch die zweite OP gebracht. Mittlerweile bin ich komplett schmerzfrei.
In einem Monat spielen Sie ja wieder in der Tennis-Bundesliga für den TC 1860 Rosenheim. Können die Fans dieses Jahr wieder für ein paar Partien mit Ihnen rechnen?
Das auf alle Fälle, wenn es mit den Turnieren reinpasst, spiele ich richtig gerne und ich denke auch in den zwei Monaten wird es sicher ein paar Mal klappen. Durchgehend Turniere kann man auch nicht spielen und in den Trainingswochen ist es immer gut, die Liga-Matches mit einzubauen und es ist auch immer ein Riesenspaß in Rosenheim zu spielen.
Haben Sie sich schon den neuen Kader und die Gegner angeschaut? Was ist möglich in dieser Saison?
Das ist natürlich immer schwer zu sagen, da die Bundesliga in Deutschland richtig stark ist und eigentlich in jedem Team Top-Spieler mitspielen. Nach meiner Einschätzung haben wir mit dem Kader wieder eine super Chance, uns in der Klasse zu halten und dann auch wenn es gut läuft durchaus oben mitspielen zu können.
Sie haben ja bereits mit 16 Jahren die erste Saison in Rosenheim gespielt. Welchen Stellenwert hat die Liga-Saison für Sie und was verbindet Sie mit 1860?
Ich finde den Ligabetrieb einerseits sehr wichtig. Besonders für Spieler, die außerhalb von den Top 100 sind, einfach weil es finanzielle Planbarkeit ermöglicht. Andererseits sind die Wochenenden mit einem Ligaspiel einfach eine super Abwechslung zum Touralltag. Man geht mit einem ganz anderen Feeling in die Partien, weil man weiß, dass man nicht alleine ist und ein Team im Rücken hat. Wenn die Team-Chemie passt, geht man gleich viel freier auf den Platz und kann dann oft richtig gute Matches abliefern ohne die Anspannung von normalen Turnieren.
Bis jetzt hat das in Rosenheim echt immer super gepasst und auch mit den Leuten drumherum, da ist jeder nett und engagiert. Hier fühlt man sich richtig gut und fährt gerne her.