„Meine Frau hält mir den Rücken frei“

von Redaktion

Günter Englmeier: Unter der Woche in der Schweiz, am Wochenende für Aibling aktiv

Bad Aibling/Luzern – Was haben ein Fernfahrer und der Bad Aiblinger Tischtennisspieler Günter Englmeier gemeinsam? Beide sind in der Regel die ganze Woche unterwegs und sehen ihre Familie nur kurz am Wochenende.

Der 55-Jährige ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch die sogenannte Wochenendehe funktionieren kann. Von Montag bis zum Freitag lebt Englmeier im schweizerischen Luzern, um dann nur am Wochenende seine Familie in Tattenhausen sehen zu können. Aber auch hier heißt es noch lange nicht, dass er zu Hause ist. Denn während der Saison ist er mit seiner Mannschaft, dem TuS Bad Aibling, die in der neuen Spielzeit in der Verbandsliga spielen muss, unterwegs. Im Gespräch mit der OVB-Sportredaktion gibt er auch zu: „Wenn man nicht so eine Frau hätte, die so viel Verständnis aufbringt, dann ginge das nicht. Sie hält mir immer den Rücken frei.“

Das Leben des Günter Englmeier entspricht nicht unbedingt dem Klischee des Sohnes, der die sportlichen Gene seiner Eltern geerbt hat. Diese arbeiteten nämlich in der Landwirtschaft im Nebenerwerb und konnten für sportliche Aktivitäten nicht die Zeit aufbringen. „Das ist aber schon Sport genug“, so der in Dietfurt im Altmühltal geborene Oberpfälzer. Aber zumindest brachte ihn der Vater immer ins Training, so lange er noch unter 18 war und keinen Führerschein besaß. Als er ins Gymnasium übertrat, hatte ihm seine Oma einen Tischtennisschläger gekauft, den sie in einem Fotogeschäft erstand. Fortan war dies ein fester Bestandteil in seinem Leben. Vor dem Unterricht wurde dann auf Alu-Tischtennisplatten immer wieder ein Rundlauf mit den Klassenkameraden durchgeführt. Und auch zu Hause blieb der Schläger nicht unbenutzt. Da musste schon mal der Küchentisch herhalten, der nahe an der Wand aufgestellt wurde. „Du musstest dann mit Unterschnitt spielen, sodass der Ball von der Wand auch wieder zurücksprang“, erzählte Englmeier.

Auch wenn die Familie heute in Tattenhausen lebt: Mit dem wettkampfmäßigen Tischtennis fing er in seinem Geburtsort Dietfurt an. „Es war in der zehnten Klasse. Die gesamte damalige Jugendmannschaft war hier versammelt. Einer der damaligen Spieler wollte aufhören, da haben sie Ersatz gesucht und haben mich gefragt“, erzählt er. Das erste Punktspiel bestritt Englmeier in der Saison 1982/83 in der damaligen zweiten Bezirksliga Süd gegen den ASV Neumarkt. „Wir haben 3:7 verloren. Das Doppel ging daneben und da ich auf Position vier spielte, hatte ich nur ein Einzel.“

Dass er damals trotzdem schon gut mit dem Schläger umgehen konnte, hatte sich bald herumgesprochen. Dabei gab es nicht einmal einen Trainer. Immerhin konnte er während der Schul-, Wehr- und Studienzeit regelmäßiges Training betreiben.

Nach sieben Jahren TSV Dietfurt wechselte er zum TTC Riedenburg nach Niederbayern und schaffte den Sprung von der dritten Bezirksliga bis in die Landesliga. Dann ging es für ihn berufsbedingt nach Niedersachsen zur TTSG Leinetal, die damals ebenfalls in der Landesliga spielte, und zum TuS Celle. Mit diesem spielte er fast sieben Jahre in der Ober- und Regionalliga, ehe er wieder in den Süden nach Bad Aibling ging. Die Kurstädter spielten damals schon auf sehr hohem Niveau und so war Günter Englmeier ab der Saison 2000/01 für die Ober- und Regionalligamannschaft ein Glücksgriff. „Ich habe – außer der zweiten und vierten Kreisliga – alle Ligen bis hinauf zur Regionalliga gespielt. Die hole ich noch nach, wenn ich in Rente bin!“

Englmeier ist extrem konditionsstark, läuferisch außerordentlich gut und bringt mit seiner Spielweise, die vielleicht nicht immer dem Lehrbuch entsprechen mag, die Gegnerschaft ein ums andere Mal zum Verzweifeln. Seine Erfolge können sich sehen lassen. Dazu zählt er die Spielzeiten in der Regionalliga und dass man „ein paar Mal“ bayerischer sowie einmal süddeutscher Meister bei den Senioren wurde. In diesem Jahr wurde er als Joker für den TSV Schwabmünchen sogar deutscher Meister. Nach den Highlights gefragt, antwortet er: „Die bayerischen und deutschen Meisterschaften der Senioren sind klar die Höhepunkte, besonders wenn man dann noch auf dem Stockerl steht. Ich habe bis jetzt fünfmal die deutsche Meisterschaft gewonnen und etliche Male habe ich es auf das Stockerl geschafft.“

Dabei hat Günter Englmeier auch beruflich schon einiges hinter sich. So war er für einige Jahre im australischen Melbourne und in Singapur tätig. Vor einigen Jahren kam dann ein erneuter beruflicher Wechsel zustande, der ihn in die Schweiz führte. Bei einer Firma in Luzern, die unter anderem für ihren Joghurt bekannt ist, wurde er Leiter für Forschung und Technik. Und so verbringt er die meiste Zeit in der Woche in seinem Zweit-Domizil in der Nähe von Luzern am Vierwaldstättersee.

Wie er auch hier seine Freizeit verbringt, ist nicht schwer zu erraten: natürlich mit Tischtennis. „Ich bin beim TTC Rapid Luzern angemeldet, dessen erste Damen- und Herrenmannschaft in der Nationalliga A spielen. Hier habe sich sogar einen Trainer“, erzählt Engl- meier. Die Spielberechtigung lässt er aber beim TuS Bad Aibling, für den er in den letzten Jahren etwa 250 Spiele bestritten hat. Mit den Kurstädtern hat er nämlich noch viel vor und möchte in der nächsten Saison in der Verbandsliga mit seinem Team vorne mitspielen, idealerweise auch aufsteigen. Er wird dafür wieder viele Kilometer auf der Autobahn verbringen. Und seine Frau wird ihm weiterhin den Rücken freihalten.

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