Vom Maskottchen zum Funktionär

von Redaktion

Helmuth Wegscheider leitet Ruhpoldinger Stützpunkt: Augenmerk auf die Schanzen

Ruhpolding – In seinem neuen Büro in der Chiemgau-Arena hängen drei Bilder, die von seinen Anfängen beim Deutschen Skiverband (DSV) zeugen. Darauf zu sehen ist Skitty, ein weißer Tiger, der als Maskottchen des DSV viele Jahre lang in Erscheinung getreten ist. Einmal beim Skispringen bei der Skiflug-WM in Oberstdorf, zweimal beim Skifahren. Im Tiger-Kostüm steckte dabei jeweils Helmuth Wegscheider, der sich als Student mit seinen Auftritten als Skitty etwas dazuverdiente. „1997 ist das losgegangen“, erinnert er sich.

Dazwischen ist viel passiert. Seit ein paar Wochen ist Wegscheider jetzt neuer Stützpunktleiter in Ruhpolding. Der 58-Jährige löste Mark Hoffmann ab, der im DSV das Amt des Nachwuchskoordinators übernommen hat. Für ihn sei das neue Amt letztlich ein Glücksfall gewesen, betont Wegscheider, der mit seiner Frau Anita und den Zwillingen in Inzell wohnt.

Waghalsige Sprünge
im Tiger-Kostüm

Er erinnert sich gerne an seine Auftritte im Skitty-Kostüm zurück – und die waren durchaus auch waghalsig. „Bei den ersten Skisprüngen mit dem Kostüm etwa habe ich nicht wirklich etwas gesehen und musste das erst testen“, lacht der Funktionär, dem der Spitzname Skitty bis heute geblieben ist. Er machte dennoch eine glänzende Figur bei seinen zahlreichen Auftritten als Tiger und begeisterte die Zuschauer bei allen Weltcup-Veranstaltungen in Deutschland.

Wegscheider profitierte von seiner Erfahrung. Er war als Jugendlicher im BSV-Kader der Skispringer dabei. Nach ganz oben schaffte er es letztlich aber nicht. „Ich war einfach zu wenig konsequent“, sagt er, „denn ich wollte alles machen: Schuhplatteln, Sport treiben und bei der Feuerwehr war ich auch“. Dennoch hatte Wegscheider durchaus Talent und so rief ihn, als ein Maskottchen gesucht wurde, der damalige Generalsekretär des DSV, Helmut Weinbuch, an. Wegscheider sagte spontan zu, sein Weg beim DSV war damit vorprogrammiert.

Ein Jahr später hatte Wegscheider, der zuvor acht Jahre lang bei der Bundeswehr im Dienst gestanden hatte und immer noch Wehrübungen als Oberstleutnant beim Gebirgsjäger Bataillon 232 in der Strub ableistete, sein Umwelttechnik-Studium abgeschlossen. Er konnte beim Verband im Umweltbeirat anfangen und organisierte dort zunächst die sogenannten Umweltcamps.

Im Jahr 2000 klopfte Weinbuch wieder bei ihm an: Die Stelle des Stützpunktleiters am Götschen war frei. Wegscheider musste nicht lange überlegen: Er nahm das Amt an – und schrieb die vergangenen 23 Jahre dort an der Erfolgsgeschichte maßgeblich mit. Die Alpinen und die Snowboarder sind dort beheimatet. Ab 2013 kam zum Stützpunkt auch noch ein zweites Skigebiet zur Betreuung dazu – und zwar der Krautkaserhang am Jenner. Für Wegscheider bedeutete das natürlich mehr Arbeit, aber die erledigte er gerne. Schließlich kam von den Sportlern und Trainern auch immer viel Anerkennung zurück. „Ich bin dankbar für die vielen netten Kontakte in den letzten Jahrzehnten und es sind echte Freundschaften daraus geworden.“

Perfekte Bedingungen
am Götschen

An die vergangene Weltcup-Saison denkt er ebenfalls mit Freude zurück – vor allem an das spannende Finale der Snowboarder am Götschen. „Da ging es für Ramona Hofmeister ja noch um die große Kristallkugel“, betont er. „Da fiebert man schon sehr mit. Schade, dass es für Ramona am Ende nicht ganz gereicht hat.“

Unter dem Strich blickt er sehr gerne auf seine Zeit im Berchtesgadener Land zurück. „Die Mannschaften sind immer sehr gerne zu uns gekommen – und das waren nicht nur die Deutschen“, betont er. „Die guten Pisten haben das ausgemacht“, lacht er. „Und wenn man für die guten Bedingungen vor Ort trotz schwierigen Außenbedingungen dann ein Lob von den Teams bekommt, dann freut einen das schon sehr.“ Denn hinter einer perfekten Piste stecken viele Minuten und Stunden harter Arbeit – vor allem der richtige Einsatz von Brezensalz ist eine Wissenschaft für sich. „Man muss da schon genau sein und die perfekte Mischung finden“, weiß Wegscheider aus seiner jahrzehntelangen Erfahrung.

Neue Aufgabe
in Ruhpolding

Der Abschied vom Götschen sei ihm nach all den Jahren auch schwergefallen. „Ich habe meine Arbeit dort sehr gern gemacht“, betont Wegscheider. „Aber wenn es zwischenmenschlich nicht mehr passt, dann trennen sich die Wege.“ Nun sei es eben Zeit für etwas Neues gewesen – und als sich die Tür in Ruhpolding aufgemacht hatte, musste er nicht lange überlegen.

Für ihn ändern sich jetzt vor allem die Sportarten. Ab sofort hat er jetzt mit Biathleten, Skispringern und Langläufern zu tun – wie am Götschen alles Spitzensportler oder junge Nachwuchskräfte, die auf den Weg nach oben sind. Für Wegscheider ist das also nichts Neues. „Wichtig ist, dass man ein Gefühl für die Sportler bekommt. Man muss wissen, wie sie ticken“, sagt er. Denn die Athleten brauchen „eine Wohlfühloase“, um Top-Leistungen abrufen zu können. Das soll freilich auch in der Chiemgau-Arena so sein. „Wir wollen den Sportlern hier die besten Trainingsbedingungen bieten. Sie sollen nicht nur gut sein, wir wollen ja besser als die anderen Nationen sein“, sagt er. Nach wenigen Wochen in seinem neuen Amt weiß Wegscheider aber schon, was seine größte Baustelle in der Chiemgau-Arena sein wird. „Die Schanzen“, sagt er. „Sie waren früher mal ein Aushängeschild und jetzt verfallen sie regelrecht.“ Was ihn allerdings freut, ist die Tatsache, dass mit der neuen Acht-Meter-Schanze auch neue Möglichkeiten geschaffen wurden. „Das ist ganz wichtig gewesen, damit erleichtern wir den Nachwuchsspringern den Einstieg enorm.“ Dass der Bedarf da ist, zeigen allein die erfolgreichen Sichtungsspringen der Schulen.

Wegscheider hofft, dass auch mal wieder auf der 100-Meter-Schanze gesprungen werden kann. Aus gutem Grund: Als die Schanze einst gebaut wurde, sprang Wegscheider sie zusammen mit Matthias Mehringer ein, es waren ganz besondere Momente für ihn. „Es ist eine richtig gute Schanze“, betont er. Und so sollen auch mal wieder die heimischen Skispringer in den Genuss kommen.

Artikel 1 von 11