In Ising daheim, in der Welt zu Hause

von Redaktion

Gebürtiger Priener Pferdewirt David Will ist für Saudi-Arabien bei den Asian Games

Ising – David Will hat mit dem erst neunjährigen Zinedream zum Abschluss des Chiemsee-Pferdefestivals mit dem Großen Preis gleichzeitig auch einen Heimsieg gefeiert. „Ich komme immer gerne hierher, wenn es passt“, sagte der gebürtige Priener, der auf Gut Ising aufwuchs. Seine Eltern Sonja und Martin Will leiteten bis 2018 die dortige Reitschule. „Ich saß im Sattel, bevor ich laufen konnte“, erinnert sich der 35-Jährige.

Als er mit 13 Jahren sein erstes S-Springen ritt, war die Berufswahl Pferdewirt klar. Nach der Schule lernte er zwei Jahre bei Uwe Schwanz, einem der profiliertesten bayerischen Grand-Prix-Ausbilder. Das letzte Lehrjahr absolvierte er bei Dietmar Gugler, dem damaligen Bundesjugendtrainer. „Das ist eine Riesenchance für mich“, erkannte er und zog ins südhessische Pfungstadt.

Die Verbindung zum Ehepaar Gugler besteht schon lange, denn Sylvia Gugler ist die Tochter von Konstantin Magalow, Hausherr auf Gut Ising. 2018 übernahm die gelernte Pferdewirtschaftsmeisterin die Leitung des Hotels, ihr Mann führt seitdem das Reitsportzentrum. David Will war nach seiner Prüfung als Bereiter in Pfungstadt geblieben. Dietmar Gugler und das Gestüt Prinzenberg, ein internationaler Ausbildungs-, Turnier- und Handelsstall, boten ihm alle Möglichkeiten, sich reiterlich weiterzuentwickeln, weltweit berufliche Kontakte zu knüpfen und seinen Weg in den internationalen Spitzensport zu finden. 2019, nach zehn Jahren in Pfungstadt, wagte er auf dem Hofgut Dagobertshausen bei Marburg den Schritt in die Selbstständigkeit.

2020 konnte Will seinen Kollegen Richard Vogel überzeugen, mit einzusteigen. „Richi hat immer die Ferien in Pfungstadt verbracht. Wir kennen uns, seit er zwölf ist“, erzählt Will. Vogel, Jahrgang 1997, war Schüler von Ludger Beerbaum und gewann gerade erst mit dem deutschen Team das Nationenpreis-Finale in Barcelona. Seit 2021 bereichert seine gleichaltrige Lebensgefährtin Sophie Hinners das Team. Die 26-Jährige, lange stationiert im Stall der Familie Hendrix in den Niederlanden, ist international bis zum Vier-Sterne-S-Niveau erfolgreich und gilt als exzellente Ausbilderin junger Pferde. „Es war schon lange mein Wunsch, im Team zu arbeiten. Mit Richard und Sophie funktioniert es sehr gut und macht richtig Spaß. Je stärker wir gemeinsam sind, desto stärker sind wir einzeln“, ist Will überzeugt. Alle drei liebten Pferde und seien ehrgeizig. Mit ihren Erfolgen spornten sie sich gegenseitig an, berichtet Will.

Eine klassische Aufgabenteilung hat das Trio nicht. „Wir helfen uns im Training gegenseitig und sprechen die Betriebsorganisation, das Stall- und Pferdemanagement miteinander ab“, berichtet Will. Die Vogel & Will Equestrian GmbH ist seit ihrer Gründung ordentlich gewachsen. Am Standort in Dagobertshausen trainieren die beiden mittlerweile 22 Pferde. Zum Teil sind es eigene, zum Teil Kunden- beziehungsweise Verkaufspferde. 35 Pferde stehen auf Gestüt Prinzenberg in Pfungstadt, wo Sophie Hinners die Verantwortliche ist. Einige andere Rösser sind auf verschiedene Reiter verteilt. Will und Vogel pendeln zwischen Pfungstadt und Marburg. „Man fährt eine Stunde mit dem Auto. Das geht ganz gut“, findet Will. Um den Pferdenachwuchs kümmern sich Wills Eltern, die am Chiemsee einen kleinen Aufzuchtstall betreiben.

2021 wurde das bisher erfolgreichste Jahr des Berufsreiters. Mit seinem damaligen Top-Pferd C-Vier gewann er unter anderem den Großen Preis von Rom, eines der prestigeträchtigsten Springen der Welt. Dem springgewaltigen Holsteiner, den er 2020 übernahm, verdankte er einen gewaltigen Karriereschub. Gemeinsam siegte das Duo in Nationenpreisen und gewann Mannschaftssilber bei der Europameisterschaft 2021 in Riesenbeck. Auf der Weltrangliste behauptete sich Will zwei Monate lang auf dem 16. Platz. Im Weltcupfinale 2022 in Leipzig platzierte er sich mit C-Vier als bestes deutsches Paar auf dem sechsten Platz, doch mit dem Sieg im Weltcup-Abschlussspringen endete der gemeinsame Weg.

Will wusste von Anfang an, dass sein vierbeiniger Partner verkauft werden sollte. Trotzdem fiel ihm der Abschied sehr schwer. „Die Pferde wachsen einem ans Herz. Meine langjährige Pflegerin Kelsey Jandura hat um ein Haar gekündigt, als C-Vier ging. Ich bin dankbar für die Zeit, die ich mit ihm hatte“, sagt Will. Trennungen gehören zu seinem Beruf, denn vom Preisgeld allein lässt sich kein Ausbildungs- und Turnierstall finanzieren. Der Verkauf ist ein wichtiges Standbein. Umso wichtiger ist es, dass sich Will gut auf neue Pferde einstellen und eine Verbindung zu ihnen aufbauen kann. Der Erfolg ist hart erarbeitet. Seit 2010 sind in der Datenbank des Weltreiterverbands 3936 internationale Starts für Will registriert – mit 197 Pferden.

Den elfjährigen My Prins van Dorperheide reitet Will seit einem guten Jahr. Zum zweiwöchigen Chiemsee-Pferdefestival hatte er den Schimmel mitgenommen, um sich auf die vorletzte Global-Champions-Tour-Etappe in Rom vorzubereiten. Die GCT, eine Turnierserie auf Fünf-Sterne-Niveau, ist hoch dotiert und exklusiv. Von Ising fuhr der Pferde-Lkw in die Ewige Stadt. Im geschichtsträchtigen Circus Maximus wäre es Will fast gelungen, erneut den Großen Preis von Rom zu gewinnen. Mit nur zwei Zehntelsekunden Abstand auf den Weltranglistenersten Henrik von Eckermann und sein Championatspferd King Edward wurden Will und sein „Prinz“ Zweite.

Die Freude war natürlich riesig, aber mit einem Wermutstropfen vermischt, denn solche Erfolge wecken Begehrlichkeiten. Gerade im vorolympischen Jahr schnellen die Preise für Fünf-Sterne-Spitzenpferde in astronomische Höhen. Viele Reiter und Reiterinnen wollen in Paris optimal beritten sein. Je höher das Kaufangebot ist, desto schwieriger wird es, ein Pferd zu halten. Wer seinen vierbeinigen Partner behalten will, braucht sportbegeisterte Menschen beziehungsweise Sponsoren, die als Mitbesitzer einsteigen. Will und seine Partner könnten Geld gut gebrauchen. „Wir haben einiges vor und wollen eine eigene Anlage kaufen“, sagt Will. Die Rückkehr in die alte Heimat ist allerdings unwahrscheinlich. „Für uns hat sich das Rhein-Main-Gebiet bewährt“, erklärt der Vielflieger.

Die Wintermonate verbringt Will meistens auf der Arabischen Halbinsel. Seit 2022 trainieren zwei junge saudische Reiter fest bei ihm. Derzeit ist er als Equipechef im chinesischen Hangzhou, um das saudische Team bei den Asian Games zu unterstützen. „Wir hoffen auf Teamgold und eine Einzelmedaille“, sagt er. Und wenn es nicht klappt? „Fehler sind nur ein Anreiz, es beim nächsten Mal besser zu machen.“ Im kommenden Jahr steht Paris auf seiner Agenda. Saudi-Arabiens Olympiaqualifikation sicherten seine Reiter schon im Februar mit einem Sieg im Nationenpreis von Doha (Katar).

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