Bad Endorf – Justin Volek ist ein sehr talentierter Eishockeyspieler der Augsburg Panther. Der 21-Jährige hat in seiner Karriere bereits 110 DEL-Spiele absolviert (neun Tore, elf Assists) und war letzte Saison Stammspieler bei Augsburg. Volek spielte in verschiedenen U-Nationalmannschaften mit den aktuellen NHL-Spielern Lukas Reichel, JJ Peterka und Tim Stützle zusammen, mit dem Rosenheimer Lukas Reichel sogar in einer Sturmreihe. In der Vorbereitung auf die neue Saison wurde die Karriere des Stürmers vorerst gestoppt. Im ersten Testspiel der Panther verletzte er sich im Spiel gegen Pardubice schwer an der Schulter. Er wurde in Augsburg operiert und verbrachte die letzten vier Wochen bei der Reha in der Gesundheitswelt Chiemgau in Bad Endorf. Unter der Leitung von Dipl.-Sportwissenschaftler Dirk Swiniarek und seinem Team.
Mit Erfolg, denn die prognostizierte Ausfallzeit von sechs Monaten, was einem vorzeitigen Saisonende gleichgekommen wäre, verkürzte sich erheblich. Wann Justin Volek wieder eingesetzt werden kann, warum er nicht in der NHL spielt und wie tief ihn der Tod seines ehemaligen Mitspielers Adam Johnson getroffen hat, erzählte der gebürtige Ravensburger in einem Interview mit der OVB-Sportredaktion.
Justin, die wichtigste Frage, wie geht es Ihnen nach der Reha in Bad Endorf?
Mir geht es super. Wir sind voll im Zeitplan oder besser gesagt weit voraus. Ich kann jetzt schon sehr viel machen. Die Jungs und Mädels hier in Bad Endorf haben einen super Job gemacht. Die haben mich in den letzten vier Wochen extrem weitergebracht.
Ist die Schulter schon wieder voll hergestellt?
Nicht bei 100 Prozent, aber ich würde schon sagen bei 80 Prozent. Auf alle Fälle so, dass ich wieder aufs Eis kann.
Die Prognose war ja düster. Sechs Monate Ausfallzeit stand da im Raum. Wie ist das überhaupt passiert?
Direkt im ersten Vorbereitungsspiel. Im zweiten Drittel, der erste Wechsel. Bully, ich gehe runter und der Schiedsrichter wirft die Scheibe nicht ein. Ich bin einen Schritt zurück und habe kurz lockergelassen. Dann wirft er in dem Moment die Scheibe und der andere Spieler haut voll rein und zieht mir quasi den Arm vor. Ich fliege nach vorne und der stützt sich ab und drückt mir die Schulter raus.
Es war schnell klar, dass das operiert werden muss. Danach die Reha in Bad Endorf. Wie ist die abgelaufen?
Der Tagesablauf war immer ungefähr gleich. Morgens eine Stunde im Wasser für die ganze Beweglichkeit an der Schulter. Danach haben wir mindestens ein bis zwei Stunden an der Schulter trainiert. Am Anfang mehr Mobilisation, mittlerweile viel Kraft. Im Anschluss oder vorher schon zwei Stunden Physio. Eine Stunde klassische Massage und eine Elektro- und Ultraschalltherapie. Und dann haben wir noch mal die Beine trainiert, damit ich da nichts verliere.
Und an den Wochenenden?
Ich war an den Wochenenden zu Hause und ich habe viel gelesen.
Im Nachwuchs haben Sie in Ravensburg und Kaufbeuren gespielt und in den U-Nationalmannschaften. Und da zusammen mit Lukas Reichel, JJ Peterka und Tim Stützle. Sie hatten ähnliche und sogar bessere Statistiken. Die drei spielen in der NHL, warum Sie nicht?
Das frage ich mich manchmal auch. Ich habe bis zur U18-WM mit Lukas Reichel in einer Reihe gespielt. Und dann habe ich mich damals entschieden nach Ravensburg zu wechseln und der Luki nach Berlin. Er hat sich dann in Berlin durchgesetzt und ich mich in Ravensburg eben nicht. Und dann ging es ganz schnell. Die Jungs haben mit 17 in der DEL gespielt und ich in der 2. Liga. Ich hatte damals einen brutal schweren Start und die Jungs haben bei ihren Vereinen eingeschlagen. Da waren die direkt ganz oben und ich habe mich erst zurückkämpfen müssen.
Sie haben mittlerweile in der DEL 110 Spiele absolviert.
Damit und mit meiner Entwicklung bin ich vollkommen zufrieden. Ich bin 21 und habe jetzt fünf Profijahre hinter mir mit 200 Spielen. Das können auch nicht viele mit 21 Jahren vorweisen. Jetzt ist halt das Ziel, ein Top-DEL-Spieler zu werden.
Gibt es eigentlich noch, außer zu Lukas Reichel, Verbindungen zu anderen Rosenheimer Spielern?
Ich spiele mit dem Maxi Renner bei Augsburg in einer Mannschaft. Und ansonsten habe ich sicher mit einigen Ex-Rosenheimern zusammengespielt.
Haben Sie die Entwicklung des Standorts Rosenheim mitgekriegt?
Ja, klar. Wir im Süden verfolgen uns ja alle so ein bisschen. Es ist schon toll, was da in Rosenheim abgeht.
Wenn Sie wieder spielen können, gibt es in der DEL eine Neuerung mit einem traurigen Hintergrund. Ab 1. Januar muss nach dem tragischen Todesfall von Adam Johnson mit Halskrause gespielt werden.
Ich hätte es sehr wahrscheinlich sowieso gemacht. Ich habe die Halskrause auf jeden Fall schon bestellt. Ich finde es absolut richtig. Es ist leider so, wie mit so vielen Sachen, dass immer erst etwas Tragisches passieren muss, damit ein Umdenken stattfindet. Natürlich muss man auch schauen, wie der Unfall passiert ist. Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände. Ich glaube, das passiert nie wieder. Das ist der erste tödliche Unfall, den ich mitbekommen habe. Aber in letzter Zeit ist viel passiert. Zum Beispiel die Geschichte mit Mike Glemser. Das muss schon zum Nachdenken anregen.
Ist die Halskrause ein erster Schritt in die richtige Richtung?
Auf alle Fälle, aber ich finde, das ist noch lange nicht genug. Meiner Meinung nach sollte man auch über ein Vollvisier nachdenken. Und auch vielleicht irgendwas an der Regel verfeinern, gerade was den Kontakt an der Bande angeht. Man sollte das Icing weiter Richtung blaue Linie verlegen. Viele werden jetzt denken, was redet der da. Aber irgendwas müssen sich die Verantwortlichen überlegen. Wenn zwei Spieler im Vollspeed Richtung Bande fahren, kann das gefährlich werden. Das Spiel ist in den letzten Jahren immer schneller geworden.
Sie haben ja mit Adam Johnson ein Jahr in Augsburg zusammen gespielt. Sogar in einer Reihe?
Richtig. Und wir saßen in der Kabine nebeneinander. Wir waren Freunde. Meine Freundin und seine Freundin hatten und haben viel Kontakt. Deswegen habe ich das alles in der letzten Zeit hautnah mitbekommen.
Wie haben Sie das verarbeitet?
Die ersten ein, zwei Tage waren brutal komisch. Ich kann das immer noch nicht so richtig beschreiben. Du fasst es gar nicht. Im Spiel, das du liebst, stirbt ein Kollege, mit dem du lange verbracht hast. Der ist tot, der ist nicht mehr da. Es war eine brutale Leere. Das erste Spiel danach war ganz merkwürdig, eine ganz schlimme Stimmung. Aber jetzt bin ich an einem Punkt, wo ich sage: Kein Mensch kann es ändern. Es ist passiert, es ist tragisch, es ist schlimm, es darf nicht vergessen werden, man muss das aufarbeiten, aber das Leben geht weiter.