Rosenheim – Trainer ist man eigentlich immer, ohne feste Altersgrenze. Daher hat diese Meldung vor Kurzem überrascht: Der in Rosenheim lebende Ernst Höfner, 66, einer der großen Namen im deutschen Eishockey, trat offiziell in die Rente ein.
Ein Gespräch über eine vielfältige Karriere mit einem historischen Höhepunkt und über Höfners stille Beteiligung am großen Aufschwung.
Herr Höfner, erst mal Glückwunsch zum Eintritt ins Rentenalter.
Aber ich arbeite noch freitags und montags je vier Stunden als Sportlehrer an der Realschule Brannenburg. Das habe ich jetzt als Quereinsteiger angefangen. Ich hatte zu Beginn meiner Karriere als Eishockeyspieler vier Jahre Sport studiert. Schule, das kann ich sagen, ist besser als ihr Ruf. Und weil eine meiner Töchter in Brannenburg unterrichtet, bin ich da nun auch.
Gehen wir mal durch Ihre Karriere. Sie waren sozusagen die Eishockeyversion des Straßenfußballers.
Ja, ich habe noch auf dem Weiher angefangen, in Stadtbergen bei Augsburg, der fror nach Weihnachten immer zu. Da habe ich mit meinem Vater gespielt, meinem älteren Bruder Paul, mit Sepp Klaus, der später Nationalspieler wurde, mit Erwachsenen. Da musste ich mich durchsetzen.
Sie spielten in Ihrer Heimatstadt Augsburg, für Riessersee und Rosenheim. Eigentlich war es zu dieser Zeit üblich, dass die Stars aus Bayern – von Erich Kühnhackl über Gerd Truntschka und Didi Hegen – zu den Großstadtclubs im Westen wechselten. Sie nicht. Warum?
Ich hatte eine starke Verwurzelung in Augsburg, meine Mutter hat Sanitätsdienst im Eisstadion geleistet, bei Spielen der ersten Mannschaft und dem Nachwuchs. Ein Wechsel kam erst dadurch zustande, dass der Club 1979 in Konkurs ging. Ich wurde verkauft, konnte mir aber aussuchen, wohin. Beim SC Riessersee kannte ich Franz Reindl und Ignaz Berndaner von der Nationalmannschaft, auch Torwart Vladimir Dzurilla war in Augsburg, und der Trainer ging auch zum SCR. Nach drei Jahren kam das Angebot aus Rosenheim, das war dank der Familie März der aufstrebende Verein. Ich bin einmal mit Riessersee und zweimal mit dem Sportbund Rosenheim deutscher Meister geworden. Das waren Highlights.
Vermutlich neben der Tatsache, dass Sie bis heute der einzige deutsche Spieler sind, der Torschützenkönig bei einer Weltmeisterschaft wurde.
1981 in Schweden.
Auch dank der Gnade, dass es zweimal gegen die Niederlande ging. Diese Spiele endeten 9:2 und 12:6.
Man muss die Tore trotzdem schießen. Die russische Mannschaft war die absolute Auswahl mit absoluter Vorbereitung, auch an den Tschechoslowaken führte normal kein Weg vorbei. Diese Nationen gewannen normal auch die individuellen Wertungen. Aber es gibt Turniere, in denen man einen Lauf hat und gar nicht weiß, wie der Puck reingeht.
Direkt nach der Spielerkarriere wurden Sie Trainer.
Ich hatte als Spieler in Rosenheim schon alle Trainerscheine gemacht, Rosenheim wollte etwas über den Nachwuchs aufbauen, das hat mich angezogen. Ich hätte aber nicht aufgehört mit dem spielen, wenn ich nichts gehabt hätte. 1988 Splitterbruch im Knöchel, zwar gut operiert, aber bei jedem Starten habe ich es gespürt. Ich kam nicht mehr auf 100 Prozent. Dann die Nacken- und Rückenschmerzen von den vielen Checks und Schubsern.
1992 war dann Schluss. Rosenheim sollte sich nach dem Ausstieg des Sponsors in der 2. Liga regenerieren, Sie führten eine blutjunge Mannschaft sofort zurück in die Bundesliga. Ein guter Einstieg – dennoch wurde aus Ihnen kein klassischer Vereinstrainer.
Im vierten Jahr in Rosenheim wurde ich entlassen, ich war dann noch bei Riessersee und Tölz, aber habe gemerkt: Als Trainer musst du dich auf ein Nomadenleben einlassen, dafür war ich zu sehr Familienmensch. Deswegen war der Verband für mich eine gute Lösung.
Sie waren beim Deutschen Eishockey-Bund so gut wie alles.
Assistent von Hans Zach, Uwe Krupp und Greg Poss bei der Nationalmannschaft, als U20-Trainer war ich bei 15 Weltmeisterschaften.
Sie waren auch Sportdirektor und wurden schließlich zum Nachwuchsförderer.
2014 wurde Franz Reindl DEB-Präsident und legte das Programm Powerplay26 auf. Wir wollten das deutsche Eishockey international voranbringen, dafür haben wir Strukturen aufgebaut. Uli Liebsch leitete das Fünfsterneprogramm bei den 14 DEL-Clubs, ich ging zu den Vereinen in der DEL2 und den Oberligen und habe ihnen Nachwuchsarbeit nahegelegt. Jahrelang hatte es nur Streit gegeben zwischen DEL und DEB, wir haben gezeigt, was man mit Zusammenarbeit erreichen kann. Bei 28 Proficlubs plus den Oberligisten ist der Bedarf an Spielern groß. Daher müssen wir ausbilden.
Welche Rolle spielen die beiden großen Zentren Jungadler Mannheim und Red-Bull-Akademie in Salzburg?
Sie sind Vorzeigeprojekte. Aber genauso wichtig ist ein Club wie der EC Peiting. Will man als Land in die Weltspitze, beginnt das bei der Rekrutierung. Den Spieler, den wir nicht finden, werden wir später nicht aufs Eis bringen. Und Basisausbildung ist unverzichtbar, damit Spieler in Mannheim oder bei Red Bull nicht von vorne anfangen müssen. Früher gingen deutsche Spieler, wenn sie die NHL als Ziel hatten, schon als Junioren nach Nordamerika, heute ist es – siehe Tim Stützle oder Lukas Reichel – auch möglich, sich für die NHL zu empfehlen, wenn man in der DEL für Furore sorgt. Und wenn es zur WM geht, wissen wir: Die Mannschaft ist absolut top. Es lacht keiner mehr, wenn man sagt, wir wollen um die Medaillen spielen. Es besteht jetzt ein ganz anderes Vertrauen in die Spieler.
Nicht so angenehmes Thema: Eishockey erlebte in England einen Todesfall und in Deutschland einige schwere Verletzungen.
Wenn im Eishockey was passiert, ist es immer spektakulär. Es kann aber jede Sportart treffen.
Kommt es auf den Schutz an? In der DEL wird der Hals- und Nackenschutz zum 1. Januar 2024 verpflichtend. Richtig?
Man hing an Gewohnheiten. Früher gab es Spieler, die nicht mal einen Helm tragen wollten. Und bevor das Halbvisier eingeführt wurde, hörte man Beschwerden, dass man damit schlechter sehe, weil es anlaufe. Als es verpflichtend war, hat sich keiner mehr beschwert, es funktionierte. Im Nachwuchs ist der Halsschutz Pflicht; für die Spieler, die hochkommen, wird es keine Umstellung sein. Und die anderen werden sich daran gewöhnen.