„Man kommt nie ganz weg vom Schach“

von Redaktion

Matthias Blübaum, Dinara und Dennis Wagner gehören zur Schach-Elite Deutschlands und spielen aktuell noch in Westerndorf

Rosenheim – Aktuell sind die besten deutschen Schachspieler in Rosenheim und spielen um den Sieg bei den German Masters. Matthias Blübaum als Favorit der Offenen-Klasse, Dinara Wagner als Favoritin bei den Frauen und ihr Ehemann Dennis Wagner sind beim Turnier in Westerndorf St. Peter dabei. Mit Schach haben sie aus Faszination angefangen, aber mittlerweile verfolgen sie große Ziele.

Der Start gelang Dinara Wagner besser als ihrem Ehemann Dennis Wagner und Matthias Blübaum. Nach sieben Runden verzeichnet die Schachspielerin vier Siege und drei Remis und ist in ihrer Klasse auf dem zweiten Rang. Ihr Mann ist in seiner Klasse ebenfalls auf dem zweiten Rang und das mit drei Siegen und vier Remis. Nur Blübaum ist „bisher nicht wirklich zufrieden. Ich habe zwei Remis gespielt, aber hätte in der zweiten Runde gerne gewonnen“. Mittlerweile verzeichnete Blübaum insgesamt zwei Siege, vier Remis und eine Niederlage. In der Offenen-Klasse belegt er damit den fünften Rang nach der siebten Runde.

Nach solch einer gespielten Runde, geht es ins Hotelzimmer und die Züge werden analysiert. Blübaum hat dafür eine Schach-Engine auf seinem Computer, welche ihm sagt, welche Züge richtig waren und welche eben nicht. Dadurch gibt es nicht so viel zu überdenken und „so ein Remis stört dann nicht lange, eher eine Partie, die man unglücklich verliert. Da ist es manchmal schwierig, sich am nächsten Tag zur nächsten Partie durchzuringen“. Das Ehepaar Wagner geht die Analyse ein bisschen anders an. „Abends analysieren wir unsere Partien zusammen und mit dem Computer. Gerade wenn es um die Eröffnungsvorbereitung geht, tauscht man sich viele Ideen und Tipps miteinander aus.“

Denn jede Partie ist neu und man muss sich wieder darauf vorbereiten und genau das fasziniert Blübaum an Schach: „Es gibt immer wieder neue Sachen zu entdecken. Es ist nicht so, dass man nach einigen Jahren das Gefühl hat, dass die Partien immer monoton und gleich sind. Es passiert immer wieder was Neues, wodurch die Partien spannend werden“. Für das Ehepaar Wagner steht vor allem im Vordergrund, dass beide sehr kompetitiv sind und sie den Wettkampf und das gegeneinander spielen mögen. Außerdem findet Dennis Wagner, dass Schach „einfach sehr ästhetisch ist, wenn man ein gewisses Level erreicht hat und man ständig neue Ideen findet. Denn Schach ist Sport, Wissenschaft und Kunst. Es hat interessante Geometrien und mit seinen taktischen Motiven ist es sehr hübsch, was man dort alles entdecken kann“.

Diese Neugierde und Faszination für Schach wurde bei beiden Wagners schon im Alter von sechs Jahren geweckt. „Mein Opa hat mir die ersten Züge gezeigt und so ist das Interesse bei mir gestiegen“, erinnert sich Dinara Wagner. „Ich habe dann meine Oma gefragt, ob sie mich zum Schachclub bringen kann.“ Bei ihrem Ehemann Dennis Wagner ging es auch schnell in den Schachclub, nachdem seine Eltern ihm die Regeln beigebracht hatten. Von da an war er sofort fasziniert. Blübaum war „als Kind auch schon erfolgreich und von da an habe ich es halt immer so nebenbei gespielt. Ich glaube, man kommt auch nie ganz weg vom Schach.“

Dass der Turnierfavorit nicht vom Schach weggekommen ist, zeigt vor allem, dass er seit einem Jahr hauptberuflich Schach spielt. Nach seinem Master in Mathematik wollte er es ausprobieren. „Es wird schwierig, noch den Sprung zurück zu schaffen, denn Schach spielen macht mir sehr viel Spaß. Aber ich weiß noch nicht hundertprozentig, ob ich es bis zum Ende meines Lebens machen möchte“, gibt Blübaum zu bedenken. Dinara Wagner ist ebenfalls hauptberuflich Schachspielerin, aber studiert noch nebenbei an der Universität Heidelberg VWL im Master. Sie spielt etwas professioneller Schach als ihr Mann, denn dieser arbeitet nebenbei bei SAP. Doch „wenn man die ELO-Zahl nimmt, habe ich objektiv betrachtet eine höhere. Aber relativ betrachtet ist Dinara auf jeden Fall die Erfolgreichere von uns beiden“, merkt Dennis Wagner an.

Zuletzt gelang Dinara Wagner im Mai dieses Jahres beim Grand Prix Nicosia ein großer Sieg und sie zählt ihn als den größten Erfolg ihres Lebens. Bei Ehemann Dennis Wagner war es 2015 in Gibraltar, als er bei einem Weltklasse-Turnier Sechster, vor einigen Top-Spielern war. Bei Blübaum sticht bei seinen Erfolgen der Europameistertitel hervor. Für die Zukunft hat er als Ziel, in der Weltrangliste weiter nach vorne zu kommen.“Ich bin jetzt ungefähr Nummer 70. Da bin ich jetzt schon sehr lange, aber nie wirklich weiter nach vorne gekommen.“ Bei Dennis Wagner steht als Ziel für die nächste Zeit, wieder für die Nationalmannschaft in Frage zu kommen und ELO-Punkte zu sammeln und in Richtung 2650 aufzusteigen. Seine Frau hat sich vorgenommen, Großmeister der Männer zu werden und möchte in Zukunft in der Top Zehn der Welt zu finden sein.

Diese ambitionierten Ziele setzen natürlich voraus, dass Blübaum und das Ehepaar Wagner an vielen Turnieren teilnehmen, um Punkte zu sammeln. Dafür muss man viel unterwegs sein, zumindest in der zweiten Jahreshälfte, da am Schluss vom Jahr viele Turniere anstehen. Deshalb ist Blübaum „halbwegs froh, wenn die German Masters vorbei sind“ und er erstmal seine Ruhe hat. Anders läuft es bei Dinara Wagner: „Für mich geht es direkt weiter. Ich spiele die Schnell- und Blitzschach-Weltmeisterschaft in Samarkand in Usbekistan. Da fliege ich am 24. Dezember direkt hin.“ Während sich Blübaum also auf ruhige Feiertage freuen kann, heißt es im Hause Wagner diesmal getrennte Weihnachten“.

ELO-Wert: Doppelt so viele Punkte für die Weltspitze

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