Rosenheim – Der Puck liegt schon wieder im Tor der Starbulls Rosenheim. Carson McMillan hat gerade das 6:0 für die Kassel Huskies erzielt. Das Rofa-Stadion befindet sich in einer Schockstarre. Mit so einem deutlichen Spielverlauf hat wohl kein Starbulls-Fan gerechnet. Für die Fanszene aber kein Grund zur Trauer. „Grün und Weiß ein Leben lang“ hallt es aus der Mangfallkurve. Die Fans stehen weiter hinter ihrem Team.
3940 Zuschauer haben gegen Kassel den Weg ins Rosenheimer Eisstadion gefunden. Im Schnitt kommen in dieser Saison 3765 Fans zu den Heimspielen der Starbulls. Damit belegen die Rosenheimer ligaintern den zweiten Platz. Nur die Heimspiele der Krefeld Pinguine sind mit 4384 Zuschauern im Schnitt besser besucht. Mit den Grizzlys Wolfsburg hat sogar ein DEL-Verein im Schnitt weniger Publikum – 2992 – als der Aufsteiger aus Oberbayern.
Damit sind die Fans auch auf Rekordkurs: Noch nie in der mehr als 20-jährigen Vereinsgeschichte hatten die Starbulls im Schnitt mehr Zuschauer als in der bisherigen Saison. Der aktuelle Rekord stammt aus der Saison 2011/12. Damals lockten Norm Maracle, Micky Rohner, Cory Quirk & Co. im Schnitt 3115 Zuschauer ins Rosenheimer Eisstadion. Seitdem ist einiges passiert: Der Abstieg in die Oberliga 2018, sechs Jahre DEL2-Abstinenz und dann der erneute Aufstieg in die zweithöchste Spielklasse in der vergangenen Spielzeit.
Die Play-offs der Aufstiegssaison waren es auch, die rund um das Rosenheimer Eishockey einen neuen
Hype entwickelt haben. „Es entstand eine Dynamik, alle haben zusammengehalten“, erinnert sich Pan Weißenbach, Fanbeauftragter der Starbulls, und fügt an: „Die Euphorie wurde nach dem Aufstieg noch mehr. Das ist fast magisch – wie eine alte Kindergartenliebe, die man Jahre später wieder trifft und alles kommt wieder hoch.“ Ein besonderer Moment sei für ihn das zweite Finalspiel in Weiden gewesen. „Die aktive Fanszene und die zivilen Fans in Trikots standen miteinander im Block und haben gemeinsam die Mannschaft angefeuert. Es war schön, da dabei zu sein“, erklärt der Fanbeauftragte, der bei den meisten Heim- und Auswärtsspielen live im Stadion ist.
Ab dem Halbfinale gegen die Hannover Scorpions waren alle Heimspiele ausverkauft. Teilweise hätten die Rosenheimer drei Stadien füllen können. „Leute, die während der ganzen Saison im Stadion waren, standen plötzlich davor, weil sie keine Dauerkarte hatten“, weiß Pan Weißenbach noch.
Dieser Zuspruch hielt dann auch in der Sommerpause weiter an. Über 1900 Dauerkarten verkaufte der Aufsteiger – Vereinsrekord! „Wir haben schon vermutet, dass die Leute das Interesse mit in die zweite Liga nehmen“, verrät Christian Hötzendorfer, Dritter Vorstand der Starbulls. Auch nach der Hälfte der Saison ist das noch so. Das Besondere dabei ist die Zusammensetzung der Fanszene. „Dieser Zuschauerzuspruch kommt nicht aus einer Ecke, sondern ist tatsächlich über die breite Masse da. Alle Hautfarben, Fans, Sponsoren, Jugendliche, Familien, Senioren, egal wer“, erklärt Hötzendorfer im Gespräch mit der OVB-Sportredaktion.
Auch Pan Weißenbach ist die Diversität in der Fanszene aufgefallen. Einen typischen Starbulls-Fan kann er deshalb nicht beschreiben: „Das ist eine breite Masse, vom Firmenchef bis zum Straßenkehrer.“ Eine Gemeinsamkeit haben alle Starbulls-Fans laut Weißenbach aber schon: „Es sind
alle eishockeyverrückt!“
Dass das Stadionerlebnis für jeden Besucher etwas bietet, dafür hat der Verein in den letzten Jahren alle Hebel umgelegt. Große Veränderungen wie die LED-Bande, aber auch kleine Änderungen wie die Auswahl an den Essensständen veränderten das Stadionerlebnis positiv: „Wir wollen, dass der Verein wie ein Uhrwerk funktioniert, wo wirklich jedes noch so kleine Zahnrädchen entscheidend ist. Und das ist genau, warum dieser Zuschauerzuspruch so breit aufgestellt ist: Weil wir immer versucht haben, jede einzelne Interessengruppe so gut es geht mitzunehmen.“ Die Vorstände haben auch deutliche Kritik für einige Entscheidungen einstecken müssen. Deshalb „freuen wir uns, dass dieses Produkt, das wir alle gemeinsam aufgebaut haben, so angenommen wird“, sagt Christian Hötzendorfer.
Auch die Starbulls-Spieler sind vom Zuschauer-Boom in Rosenheim fasziniert. Aufstiegsheld Lukas Laub wird es deshalb immer eine Erinnerung bleiben, dabei gewesen zu sein und „wieder so einen Hype im Rosenheimer-Eishockey mit entfachen zu können“. Für Stürmer Stefan Reiter sei die Stimmung in Rosenheim in der Liga sogar fast einmalig. „Selbst, als wir eine Zeit lang nicht gut gespielt und Punkte hergeschenkt haben, waren die Fans immer da“, erklärte er im OVB-Starbulls-Podcast „Hart gecheckt“ und fügte an: „Hut ab und vielen Dank für diese Unterstützung. Das beflügelt extrem.“
Es scheint nicht so, als würde der Hype in Rosenheim ein schnelles Ende finden. Das Derby gegen den EV Landshut am Freitag, 22. Dezember, ist bereits einen Monat vor dem Spieltag ausverkauft gewesen. Dann wollen wieder knapp 5000 Starbulls-Fans ihre Farben zum Sieg brüllen. Kapitän Dominik Daxlberger verspricht deshalb: „Wir wollen das Derby auch für die Fans gewinnen und dann schöne Weihnachten haben. Dafür werden wir alles tun.“