„Er war der große Star, war es aber nicht“

von Redaktion

Der frühere Rosenheimer Torwart Hugo Robl erinnert sich an drei Spielzeiten mit Franz Beckenbauer

Rosenheim – „Es ist ein herrlicher Tag, die Sonne scheint schon richtig“, verkündete Hugo Robl um kurz nach 8 Uhr am Morgen. Der frühere Profi-Torwart des FC Bayern München ist am Sudelfeld auf der Waller-Alm, wo er seinem Sohn und der Schwiegertochter beim Betrieb hilft. Der schöne Tag ist aber dann doch betrübt, denn die OVB-Sportredaktion fragt Robl nach dem verstorbenen Franz Beckenbauer. Der langjährige Keeper des TSV 1860 Rosenheim und spätere Trainer hatte mit dem Kaiser von 1973 bis 1976 beim FC Bayern gespielt. „Ewig schad drum“, sinniert Robl.

Der 69-Jährige erzählt vom Kennenlernen. „Wir haben im Vorfeld des Qualifikationsspiels zwischen Deutschland und Österreich in Nürnberg mit einer Stadtauswahl gespielt und waren dann auch beim Bankett eingeladen. Ich habe dort als Stürmer gespielt und dann einen Riesenkrampf im Oberschenkel bekommen. Und dann bin ich an den Tisch gekommen und habe den ganzen Tisch abgeräumt. Kurz danach bin ich zum FC Bayern und beim ersten Training spricht er mich an: ,Ah, di kenn i doch.‘“

Robl schwärmt, dass der Weltstar Beckenbauer keine Sonderrechte einforderte. „Der hatte in der Kabine den gleichen kleinen Sitzplatz wie wir. Und er war zu allen gleich. Er war der große Star, war es aber nicht.“ Was Robl imponierte: „Er war immer mit einem lachenden Gesicht im Training. Selbst als wir an einem Faschingsdienstag in der Sportschule Grünwald unter Dettmar Cramer Steigerungsläufe machen mussten. Er ist da mit einem Lachen mitgelaufen, ohne dass er was gespürt hätte – ich habe mich da schon gefragt, wie er das macht.“

Robl und Beckenbauer hatten ein gutes Auskommen, „schließlich waren wir beide Münchner“. Der Torhüter durfte dann sogar bei den großen Stars im A-Kreis mitspielen. „Ich konnte schon gut Fußball spielen, aber das war eine große Anerkennung.“

Natürlich ging es nicht nur mit einem Lächeln, Beckenbauer hat mit seinem großen Ehrgeiz auch angetrieben. In den drei Jahren mit Hugo Robl im Team gewann der FC Bayern dreimal den Europapokal der Landesmeister (heutige Champions League), wurde einmal Deutscher Meister, holte sich einmal den Weltpokal. Und zwischendurch waren Beckenbauer, Sepp Maier, Paul Breitner, Uli Hoeneß, „Katsche“ Schwarzenbeck und Gerd Müller als Weltmeister zurückgekehrt.

„Er hat sich schon auch mal aufregen können. Einmal haderte er in Frankfurt mit dem Schiedsrichter wegen eines Elfmeters und hat in der Kabine kräftig rumgepulvert. Manager Robert Schwan musste ihn dann erst wieder besänftigen, was schwer genug war.“ Diese Momente waren aber nur selten, vielmehr beeindruckte Beckenbauer durch seine Leichtigkeit auf und neben dem Platz. Robl durfte zwar in keinem Bundesliga-Spiel ran, hatte aber einige Highlight-Spiele mit dem Kaiser als Libero – so zum Beispiel im Maracana-Stadion in Brasilien oder in Tokio. Dort spielte der FC Bayern zweimal gegen die Nationalmannschaft Japans und Robl hielt bei den beiden 1:0-Siegen den Kasten jeweils sauber. Und das, obwohl er sich nicht an die Anweisungen des Kapitäns gehalten hatte. „Vorher hatte der Franz zu mir gesagt: ,Bleib‘ auf der Linie, die Kopfbälle tu ich weg.‘“ Robl aber hatte seinen eigenen Plan, ging auf jede Flanke raus und erwischte auch jedes Mal den Ball. „Beim Rausgehen sagte der Franz dann zu mir: ,Überschätz‘ dich fei ned, die sind alle so klein.‘“

Zwischendurch war Beckenbauer auch für einige Eigentore des FC Bayern zuständig – alle gegen Sepp Maier. „Gegen mich hat er keins gemacht, aber einmal den Ball an die eigene Latte abgewehrt. Als dann alles vorbei war, habe ich ihn angeschaut und er meinte bloß: ,Was hast denn? I wollt bloß a Ecke vermeiden.‘“

Nach seiner aktiven Karriere hatte Robl weiter mit dem FC Bayern tun, als Nachwuchsleiter von 1860 Rosenheim betreute er die Kooperation im Jugendbereich. „Da hatte ich mehr mit dem Kalle (Karl-Heinz Rummenigge, d. Red.) oder dem Gerd (Gerd Müller, d. Red.). Aber beim letzten Spiel im Olympiastadion waren wir eingeladen und ich habe ihn nach fast 25 Jahren wieder gesprochen. Er war sofort daran interessiert, was ich mache und wie es mir geht. Ein überragender Mensch.“

Die Sonne von der Waller-Alm hatte sich nicht gegen die Wolken durchgesetzt und so war es in Rosenheim gestern eher diesig. Die Lichtgestalt ist von der Erde verschwunden, über den Wolken strahlte sie aber schon wieder.

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