Nach 25 Jahren in der Jacke entdeckt: Konfetti von den „wahnsinnigen SBR-Fans“

von Redaktion

Franz Beckenbauer war in den 80er-Jahren öfter bei den Rosenheimer Eishockeyspielern zu Gast – Sein Charisma war der Wahnsinn

Rosenheim/Salzburg – „Er war so unkompliziert und ein so angenehmer Mensch, mit dem man einfach locker plaudern konnte. Franz Beckenbauer sah sich nicht als etwas Besseres, sondern er gab dir das Gefühl, dass ihn interessiert, worüber du mit ihm redest. Er war einfach ein Sympathieträger“. Das sagt Hans Klinger, ehemaliger Abteilungsleiter des TSV 1860 Rosenheim, der öfter mit dem „Kaiser“ zu tun hatte. Am Sonntag ist Beckenbauer im Alter von 78 Jahren verstorben. Er war der beste Fußballer Deutschlands und weltweit auf einer Stufe mit Pelé, Maradona, Messi und Cruyff – nur eben auf einer Position, die es heute nicht mehr gibt. Er war Libero.

Franz Beckenbauer war ein weltoffener Mensch, der nie vergaß, woher er kam. In Bayern, speziell in München und Umgebung, hielt er sich immer gerne auf. Früher als Fußballer, später als Golfer unter anderem in Höslwang. Franz Beckenbauer hatte in den 1960er-, 70er-Jahren seine Verbindungen nach Rosenheim, wo er mit dem FC Bayern mindestens drei Freundschaftsspiele gegen die Sechziger bestritt. Mitte der 80er war er mehrmals im Rosenheimer Eishockey bei Spielen des SBR zu Gast. Das beeindruckte ihn und in seiner lockeren Art sprach er von den „wahnsinnigen Rosenheimer Fans“. Und das meinte er als Lob.

Als Sportredakteur der OVB-Heimatzeitungen durfte Hans-Jürgen Ziegler zweimal persönlich mit Franz Beckenbauer sprechen. Einmal im Rosenheimer Eisstadion nach einem Play-off-Spiel in den 80er-Jahren und einmal im Mai 2012, als im Jahnstadion ein Benefizspiel von prominenten Köchen gegen eine Auswahl von prominenten Sportlern stattfand. Mit dabei unter anderem Boris Becker und Andy Brehme, der Deutschland 1990 zum WM-Titel schoss. Auf der Terrasse der Sechziger-Stadiongaststätte fragte Ziegler den „Kaiser“, ob er sich an die Eishockeyspiele in Rosenheim noch erinnern konnte. „Natürlich“, sagte er und hatte auch noch eine Geschichte parat: „Ich habe erst vor Kurzem eine Lederjacke von damals aus dem Schrank geholt und da waren noch die Taschen voll mit Konfetti von den verrückten Rosenheimer Fans.“ Was sagt uns das? Die Spiele des Sportbund Rosenheim haben bei Kaiser Franz bleibenden Eindruck hinterlassen und er trug seine Lederjacken nicht nur zwei Jahre, sondern eher zwei Jahrzehnte.

Auch andere Rosenheimer schwärmen von Franz Beckenbauer: „Leider durfte ich keine Spiele mit Franz Beckenbauer kommentieren. Als ich beim BR auf Sendung war, hatte er seine Karriere schon beendet. Ich hatte ihn aber mehrfach als Interviewer für den BR und die ARD am Mikrofon und er war immer souverän“, sagt „Heute im Stadion“-Kultreporter Karlheinz Kas. „In Erinnerung geblieben ist mir ein Interview Ende der 1980er-Jahre im Olympiastadion. Der Kaiser – damals Teamchef des DFB – hatte nach einem Bayern-Spiel vier oder fünf Fernsehanstalten bereits bedient und blieb dann bei mir am Hörfunk-Mikro auch noch stehen. Gut fünf Minuten redeten wir neben dem Ehrengastbereich, was Dutzende Fans mitbekommen hatten und auf uns einstürmten. Nach unserem Gespräch schrieb er noch gut zehn Minuten Autogramme. Er kam jedem Wunsch nach. ,Da haben Sie jetzt aber was Schönes angerichtet‘, rief er mir noch nach.“

Bei einigen privaten Veranstaltungen hatte Kas den „Kaiser“ auch am Mikrofon. „Wenn er in den Raum trat, strahlte er eine Aura aus, er hatte ein Charisma, das der Wahnsinn war. Bei keinem anderen Interviewpartner hatte ich je wieder so eine Gabe gespürt. Bewundernswert auch: Er reichte dem Parkplatzwächter ebenso die Hand, wie dem Hausmeister, den Bediensteten oder den geladenen Gästen. Kein anderer Sportler oder Funktionär strahlte diese Souveränität aus“, schwärmt Kas und fahrt fort: Für mich war er zusammen mit Pele und Maradona der weltbeste Spieler. Und dass wir das Sommermärchen 2006 erleben durften – ein Milliarden-Geschäft für Deutschland – ist allein ihm und seinem Engagement zu verdanken. Da soll es am Ende um sechs Millionen gegangen sein – für mich Portokasse. Außerdem ist nie etwas bewiesen worden, alle Verfahren wurden bekanntlich eingestellt.“

OVB-Sportredakteur Thomas Neumeier hatte Beckenbauer am Rande des Biathlon-Weltcups in Ruhpolding getroffen. Den Kaiser hatten auch andere Sportarten interessiert. Und die Menschen. „Er hat mit jedem gesprochen, alle Autogrammwünsche erfüllt und für Fotos bereit gestanden. „Seine Begleiter hatten ihn schon gedrängt, er hatte sich aber durchgesetzt und für jeden Menschen noch ein nettes Wort oder auch einen Flachs übrig. Das war schon außergewöhnlich“, erinnert sich Neumeier.

Das letzte offizielle
Interview

Das letzte offizielle Interview mit Franz Beckenbauer führte der in Rosenheim wohnenden Mario Kottkamp von JAU!Media für die Amazon-Doku „Behind the Legend“. Kottkamp erzählt: „Wir haben im Juni 2021 insgesamt fünf Stunden bei Franz daheim in Salzburg gedreht. Er und seine Frau Heidi waren super Gastgeber. Wir durften alles fragen und haben alles beantwortet bekommen. Franz war lustig wie immer, aufgeräumt, aber schon gezeichnet von seinen diversen Krankheiten. Auf seiner Terrasse hat er Fußball mit seinen beiden Hunden gespielt. Das hat ihn augenscheinlich glücklich gemacht. Aus dem Haus ist er nicht mehr gerne gegangen, hat er mir damals schon gesagt.“ Dort ist er dann am Sonntag im Kreis seiner Familie friedlich eingeschlafen.

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