Rosenheim – Es war nicht ganz falsch, von einer „Woche der Wahrheit“ zu sprechen, hätte man doch in drei Spielen gegen unmittelbare Tabellennachbarn, zwei davon zu Hause, einen großen Schritt weg von den Playdown-Rängen machen können. Doch leider landeten nur vier von neun möglichen Punkten auf der Habenseite, und speziell das 2:5 gegen Dresden tat weh, wobei es letztlich unerheblich war, dass ausgerechnet Neuzugang Travis Turnbull, den auch die Starbulls hätten an Land ziehen können, mit einem Hattrick zum Matchwinner wurde.
Die Dresdener sind auch der erste Klub, gegen den die Starbulls ihr Punktrunden-Programm voll absolviert haben, und die Bilanz ist vernichtend. Vier Niederlagen, nur ein einziger Punkt aus vier Spielen und nicht weniger als sieben Powerplaytore in knapp zwanzig Minuten Unterzahl kassiert – nur gut, dass der direkte Vergleich als Tie-Breaker Nummer eins nicht mehr zählt!
Aber auch so stottert der grün-weiße Motor derzeit gewaltig. Nur ein einziger Drei-Punkte-Sieg in den letzten 14 Spielen, da ist es direkt ein Wunder, dass immer noch zwei Teams hinter den Starbulls liegen! Denn drei der fünf Konkurrenten um die restlichen zwei Pre-Playoff-Plätze haben in den letzten fünf Begegnungen mehr Punkte gemacht als die Starbulls: Dresden, Freiburg und vor allem Selb, die Wölfe zwischendurch mit drei Siegen am Stück. Da war es nur gut, dass die Starbulls am Freitag Schützenhilfe von Regensburg und Krefeld erhielten, die Freiburg und Bietigheim ihre sicher geglaubten Siege in den letzten beiden Minuten noch entrissen.
Es ist schon auffällig, dass die Starbulls in den letzten Wochen nach 60 Minuten meist nicht genug haben. Fünfmal, mehr als jedes zweite Mal, gab es „Überstunden“ in den letzten neun Spielen; in den 31 Matches davor gab es nur acht Verlängerungen, also im Schnitt nur rund halb so oft. Gegen Crimmitschau wurde dabei der Zusatzpunkt gesichert, in Freiburg nicht. Die Starbulls und die Schwarzwälder haben mit sieben Siegen und fünf Niederlagen übrigens exakt die gleiche Overtime-Bilanz wie die Starbulls. Öfter als diese beiden Teams musste nur Crimmitschau in die Verlängerung, allerdings mit einer negativen Bilanz von 5:8.
Stichwort Crimmitschau: Wenden wir uns doch noch mal dem Prunkstück der Starbulls-Woche zu, dem grandiosen Comeback nach 0:4-Rückstand gegen Crimmitschau, als durchaus eine weitere deutliche Schlappe wie gegen Dresden in der Luft lag. Obwohl nur zwei Tage zuvor der EV Landshut sogar beim Tabellenführer in Kassel ab der 35. Spielminute ein 0:4 aufholen konnte und im Penalty-Schießen den Zusatzpunkt holte, musste der Statistiker sich schon sehr weit in seine Archive versenken, um Gleiches mit Rosenheimer Beteiligung zu finden. Doch vergebens: Noch nie hatten die Starbulls zuvor einen Vier-Tore-Rückstand in einen Sieg verwandeln können!
Allerdings förderte die Suche einige Spiele mit siegreichem Comeback nach Drei-Tore-Rückständen zu Tage. Am frischesten in der Erinnerung ist sicher noch der spektakuläre 8:5-Halbfinal-Sieg gegen die Hannover Scorpions letzte Saison, bei dem die Starbulls mit 0:3, 1:4 und 2:5 hinten lagen, ehe sie den ehemaligen Angstgegner förmlich überrollten. Am 29. November 2015 lagen sie in Frankfurt bereits in der 22. Minute 0:3 zurück, ehe der Doppeltorschütze Christian Neuert (jetzt Miesbach) die Aufholjagd startete und C.J. Stretch nach 5:5 in regulärer Spielzeit schließlich im Penalty-Shootout den Sieg festmachte.
Weit zurück liegt ein anderes „Wunder von Rosenheim“. Am 29. September 1995 besiegten die Starbulls (fünf Jahre vor der Gründung der jetzigen Starbulls) den Punktrundenmeister Köln 6:5 in Overtime, obwohl die Haie bereits nach 17 Minuten 3:0 führten. Angetrieben vom dreifachen Torschützen Scott Beattie und unter Mitwirkung von „Mr. Eishockey“ Mondi Hilger fiel in der 62. Minute das 6:5 für Rosenheim, womit Beattie seinen Hattrick komplett machte. Im Rosenheimer Tor stand damals der spätere Aufstiegsheld aus der Oberliga, Claus Dalpiaz.
Beim dritten Event in dieser Reihe, das auch in anderer Hinsicht bemerkenswert war, hieß der Verlierer wie am Dienstag Crimmitschau. Es war das dritte Playdown-Endspiel am 4. Januar 2017. Die Serie stand nach Siegen 1:1, und die Eispiraten führten zur ersten Pause in Rosenheim 4:1. Der klare Vorsprung hielt bis zur 45. Minute, als wiederum Christian Neuert seinen Kameraden neue Hoffnung gab. Und auf das 4:4 nach 60 Minuten folgte die längste Overtime der Rosenheimer Geschichte, die in der 107. Minute (nach fast 47 Minuten Verlängerung) durch Tyler Scofield ein Happy End brachte. Ein Happy End allerdings nur für dieses Spiel, denn bekanntlich stiegen die Starbulls dann nach drei Niederlagen in Folge in die Oberliga ab. Nachahmung ausdrücklich nicht empfohlen!