„Ich kann es selbst noch nicht glauben“

von Redaktion

Katharina Bauer blieb cool: Bogenschützin aus Raubling ist Doppel-Europameisterin

Essen – Sie war unbestritten die EM-Königin von Essen: Katharina Bauer aus Raubling hat bei den europäischen Titelkämpfen der Bogenschützen in der Ruhrmetropole groß abgeräumt. Bei den Wettkämpfen an der Zeche „Zollverein“ gewann die 28-Jährige Gold im Einzel mit dem Recurvebogen, Gold im Mixed mit Teampartner Florian Unruh und Bronze mit der deutschen Damen-Mannschaft, der auch Charline Schwarz und Elisa Tartler angehörten.

„Ich kann es selbst noch gar nicht glauben, was alles passiert ist“, sagt die Inntalerin, die einmal mehr vor heimischer Kulisse – nach Bronze bei der Europameisterschaft in München und Team-Gold bei der Weltmeisterschaft in Berlin – für ein riesiges Erfolgserlebnis gesorgt hat. „Ich fühl mich da einfach wohl, es ist vom Essen, von den Temperaturen und den Leuten alles gewohnt“, erzählt Bauer. Und dennoch: Dass am Finaltag vor ausverkauftem Haus geschossen wurde, imponierte ihr mächtig: „Die 1000 Plätze waren bis zum letzten Pfeil voll besetzt.“ Bauer selbst hatte Unterstützung aus der Heimat: „Die Mama, der Opa und mein Heimtrainer Georg Holzner waren dabei. Dazu habe ich unendlich viele Nachrichten gekriegt.“

Die Voraussetzungen hätten für die Schützin der BSG Raubling durchaus besser sein können. „Ich war die ganze Woche krank, habe nach dem Wettkampf immer geschlafen, um dann die letzten Kräfte zu mobilisieren“, erzählt Bauer. Und dennoch: Bereits in der Qualifikation für den Einzelbewerb lieferte sie eine herausragende Leistung ab. 680 Ringe waren nicht nur eine persönliche Bestleistung der 28-Jährigen, sondern auch das zweitbeste Ergebnis, das jemals von einer deutschen Dame mit dem Recurvebogen geschossen wurde. Und auch im Mixed lief es prächtig: „Wir waren in der Qualifikation mit Abstand das beste Team“, freute sich Bauer, „wir waren mega zufrieden“.

Für etwas Frust sorgte dann das verpasste Finale mit der deutschen Mannschaft. Bauer, Schwarz und Tartler mussten sich den Niederlanden relativ deutlich mit 0:6 geschlagen geben. „Wir waren danach schon enttäuscht“, gibt Bauer zu. Die Deutlichkeit war eigentlich nicht zu erklären, denn: „An sich haben wir keine großen Fehler gemacht.“ Aber die Niederländerinnen konnten sich mit einem Finaleinzug für die Olympischen Spiele qualifizieren. „Die waren Feuer und Flamme“, sagt Bauer, die sich am Ende mit ihrem Teamkolleginnen mit Bronze zufriedengeben musste. Gegen Italien gab es da einen 6:2-Erfolg. „Da haben wir echt gut geschossen und es war schön, mit einem Sieg aus dem Wettkampf rauszugehen“.

Ihre großen Momente sollten noch kommen. Zunächst im Mixed mit Florian Unruh, wo man nach Siegen über Georgien, die Ukraine und die Niederlande ins Gold-Finale einzog. Dort musste man sich dem Team aus Großbritannien stellen. Bauer dankte ihrem Partner Unruh, denn: „Der war dort wahnsinnig gut und hat meine kleinen Fehler ausgemerzt.“ Die Inntalerin bekannte, den schwierigen Wind falsch eingeschätzt zu haben. „Ich war froh, dass er so einen rausgehauen und mich mitgezogen hat“, erzählt die 28-Jährige über das 6:2 gegen die Briten.

Die Erfahrung aus dem Mixed-Finale hat Bauer aber dann für die Entscheidung im Einzel geholfen. „Es war schon gut, dass ich in der Arena geschossen hatte. Der Nervositätslevel hat von Match zu Match abgenommen“, erzählt sie. Und mit Fortdauer bewies sie immer mehr Nervenstärke. Nach den beiden Auftaktsiegen ging es im Viertelfinale gegen Olivia Doigi in den fünften Durchgang – wo Bauer mit 28:27 die Oberhand hatte. Und im Halbfinale gegen die Französin Lisa Barbelin war es ähnlich: Den fünften Durchgang gewann die Raublingerin mit 28:25.

Das Einzel-Finale war nur kurz nach dem Mixed-Endspiel angesetzt. „Die Vorfreude war dann größer als die Nervosität“, sagte Bauer. Mit der Spanierin Elia Canales hatte sie allerdings eine hartnäckige Kontrahentin, die dann auch gleich mit 3:1 in Führung lag. „Ich hatte ja doch schon drei Matches“, so Bauer, die immer wieder von Bundestrainer Oliver Haidn daran erinnert wurde, „wie gut ich schießen kann“. Diese Motivation half, denn die Team-Weltmeisterin schlug zurück, glich zum 3:3 aus und ging selbst mit 5:3 in Führung. Ein Unentschieden in der letzten Passe (Durchgang) hätte also gereicht, aber die Spanierin gewann – es ging ins Stechen. „Da habe ich einen richtig guten Pfeil geschossen“, sagt Bauer, der ein „mittelmäßiger Neuner“ gelang. Canales zog ebenfalls mit einer Neun nach – allerdings etwas weiter vom Zentrum entfernt. Am Ende entschieden knappe drei Zentimeter für Bauer, die sich nun Doppel-Europameisterin nennen darf. „Der Einzeltitel ist etwas ganz Besonderes und hat für mich persönlich eine ganz große Bedeutung“, sagt die 28-Jährige.

Ein Freifahrtschein für die Olympischen Spiele ist dieser Erfolg aber noch nicht. Erst nach dem Weltcup in Korea Ende Mai wird die Entscheidung über das deutsche Aufgebot fallen. Drei Tickets sind zu vergeben, vier Bewerberinnen gibt es. „Und wir haben alle das Potenzial, zu gewinnen.“ Erst einmal genießt die Inntalerin das überwältigende Gefühl der Titelkämpfe in Essen. Die EM-Medaillen hat sie aktuell stets in der Handtasche bei sich: „Die will ja jeder sehen.“

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