Auf dem Weg nach Paris

von Redaktion

Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera BB sind für die Olympischen Spiele gesetzt

Balve – Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera BB haben geliefert – wieder einmal. Bei den deutschen Meisterschaften in Balve gewann die Weltranglistenerste mit ihrem Herzenspferd zum dritten Mal beide Titel, den im Grand Prix Special und den in der Kür.

Nach der letzten DM-Prüfung, die dem Ausnahmepaar seine insgesamt siebte DM-Goldmedaille bescherte, lösten sich Anspannung, Freude und Dankbarkeit in einem Schwall von Tränen. „Von meinem Gefühl war es unsere bisher beste Kür, noch besser als in Tokio“, sagte von Bredow-Werndl. Auf der Pressekonferenz wurde bekannt gegeben, dass die Doppel-Olympiasiegerin mit ihrer 17-jährigen Trakehnerstute direkt für die Spiele in Paris qualifiziert sei. Alle anderen deutschen Kaderpaare werden noch einmal beim CHIO Aachen gesichtet.

Auch wenn das Paar aus Aubenhausen als haushoher Favorit ins Sauerland fuhr, ein Selbstläufer ist eine Titelverteidigung nie. So schnell im Springen eine Stange fällt, so leicht kann auch im Viereck ein Missgeschick passieren. Je feiner die Abstimmung, desto diffiziler wird die Hilfengebung. Dann entscheiden Milligramm und Millimeter über das Einverständnis mit dem Pferd – und damit über eine Medaille.

Wie im vergangenen Jahr erwischte das Duo keinen optimalen Meisterschaftsstart. Zwei dicke Fehler im Grand Prix drückten die Note auf ungewohnte 78,640 Prozent. Doch anders als 2023, als Sönke Rothenberger und Fendi die Einlaufprüfung überraschend gewannen, reichte es diesmal zum Sieg vor Frederic Wandres mit Bluetooth OLD (77,380 Prozent) und Ingrid Klimke mit Franziskus FRH (76,840 Prozent).

Von Bredow-Werndl und ihre Queen hatten ihre Top-Form schon drei Wochen zuvor bei der Pferd International in München unter Beweis gestellt. In Balve wollte sie „noch etwas frecher reiten und ein paar Dinge ausprobieren“. Den prüfungsfreien Tag nach dem Grand Prix nutzte die 38-Jährige zur Analyse. Im Grand Prix Special begeisterten die Queen und ihre Reiterin mit einer Vorstellung, die kaum Wünsche offenließ. Auch wenn es noch ein paar kleinere Unebenheiten gab, unterstrichen das Ergebnis von 81,079 Prozent und der Abstand von mehr als 1,5 Prozent auf die nationale Konkurrenz ihr Leistungsniveau. Die Silbermedaille ging an Frederic Wandres, Bronze an Ingrid Klimke.

Am Abschlusstag hatte von Bredow-Werndl für ihre Kür „alles beieinander“, wie sie es nennt. Vom Einreiten bis zum Schlussgruß reihte sich ein Höhepunkt an den nächsten. Das Paar zelebrierte die Königsklasse der Dressur mit so viel Leichtigkeit und Anmut, wie man es nur selten sieht. Selbst in schwieriger Lektionen-Kombination flossen Traversalen, Passagen, Piaffen und Pirouetten wie selbstverständlich ineinander, punktgenau akzentuiert von der Kür-Musik mit Paris-Motiven. Als Lohn gab es Standing Ovation vom Publikum und den souveränen Meisterschaftssieg vor Frederic Wandres mit Duke of Britain FRH und Sönke Rothenberger mit Fendi. Auch bei der Wahl zum „Harmonie und Fairness Preis“ erhielt die alte und neue Titelträgerin die meisten Stimmen.

„Es hat alles so gepasst. Vom ersten Moment an hat sich alles so leicht, so selbstverständlich und so kraftvoll angefühlt. Dalera gibt immer alles und noch mehr. Sie ist ein Fabelwesen“, schwärmte von Bredow-Werndl anschließend. Katrina Wüst, die auch bei den Olympischen Spielen in Tokio am Richtertisch saß, stimmte ihr zu. „So gut habe ich Dalera noch nie gesehen“, sagte die Chefrichterin.

Noch am Vorabend hatte von Bredow-Werndl die Choreografie ihrer Paris-Kür im ersten Teil verändert und dabei wieder auf die Linienführung ihrer La-La-Land-Kür zurückgegriffen. Durchreiten konnte sie die neue Version nicht mehr, nur mehrmals zu Fuß abgehen. Immer wieder an Stellschräubchen zu drehen, um sich noch weiter zu entwickeln und zu verbessern, ist der Dressurreiterin ein großes Anliegen. „Die Konkurrenz und die Richter kann ich nicht beeinflussen, nur mich selbst“, erkannte sie schon zu Beginn ihrer internationalen Karriere.

Der Verzicht auf den Start beim CHIO Aachen, dem „Weltfest des Pferdesports“, ist von Bredow-Werndl nicht ganz leichtgefallen, denn auf die Siegertafel hätte sie sich gerne noch einmal mit TSF Dalera BB eintragen lassen. „Wer weiß, ob und wann mir das noch einmal gelingt“, sinnierte die zweifache Mutter. Sie weiß, dass für ihre Ausnahmestute TSF Dalera BB der Abschied vom Turniersport näherrückt, auch wenn der Zeitpunkt noch nicht feststeht. In Balve beschloss der Dressurausschuss in Absprache mit der Reiterin, dem 17-jährigen Pferd die zweite offizielle Sichtung zu ersparen. „Dalera hat konstante Leistungen auf höchstem Niveau gezeigt. Deshalb haben wir uns entschieden, sie vorzeitig für Paris zur Nominierung vorzuschlagen und ihr für den CHIO Aachen Dispens zu erteilen“, erläuterte Bundestrainerin Monica Theodorescu.

Die vierbeinige Spitzensportlerin bekommt nun eine Regenerationsphase mit Weide, Wellness und Waldausritten, bevor ihre Reiterin sie gezielt auf die Olympischen Spiele vorbereiten wird. „Balve habe ich gebraucht. Jetzt bin ich bereit für Paris“, blickt von Bredow-Werndl nach vorne.

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