„Jetzt musst du auch das Tor machen“

von Redaktion

Vier heimische Fußballer haben es bislang in den deutschen Auswahlkader bei den FußballEuropameisterschaften geschafft, drei sind dort auch zu Einsätzen gekommen. Die OVB-Sportredaktion erzählt deren EM-Geschichte: Tore, Tränen und Triumphe. Teil 2: Lars Bender.

Rosenheim – Es kann nur einen geben – so heißt es im Helden-Epos „Highlander“, das 1986 mit Mel Gibson abgedreht und zum Kino-Kassenschlager wurde. Da kannte man aber die Benders noch nicht, denn Lars und Sven waren damals noch gar nicht geboren. Später lief es bei den Zwillingsbrüdern aus Brannenburg zumeist im Doppelpack – ganz nach dem Motto: „Gemeinsam stark!“. Zunächst im Nachwuchs in Brannenburg, Unterhaching und bei den Münchner Löwen – was darin gipfelte, dass 2008 bei der U19-Europameisterschaft in Tschechien, die für das deutsche Team mit dem Titel endete, gleich zwei „Goldene Spieler“ des Turniers ausgezeichnet wurden. Auch die Profikarriere nahm gemeinsam bei den Löwen Fahrt auf – und sie endete auch in trauter Zweisamkeit bei Bayer 04 Leverkusen. Zwischendrin musste es aber doch nach dem „Highlander-Motto“ gehen: Und zwar bei der Endrunde um die Europameisterschaft 2012.

Die Schaltzentrale im Mittelfeld war nämlich prächtig besetzt. Da waren Bastian Schweinsteiger und der junge Toni Kroos vom FC Bayern, Ilkay Gündogan und Mario Götze vom Double-Sieger Borussia Dortmund, Sami Khedira und Mesut Özil von Real Madrid und der in der Bundesliga herausragende Marco Reus von Borussia Mönchengladbach. Wo gab es da noch Platz? Und vor allem gleich für zwei? Schließlich interpretierten der bei Dortmund engagierte Sven und der bei Leverkusen unter Vertrag stehende Lars die Rolle im Zentrum gleichermaßen konsequent.

Dem Überangebot im Zentrum standen die fehlenden Alternativen auf den defensiven Außenbahnen gegenüber. Philipp Lahm spielte dort zwar seit Jahren in Weltklasse-Form – er konnte aber nicht beide Seiten abdecken. Zumeist war er da noch auf der linken Seite beheimatet, sodass Bundestrainer Joachim Löw um die Besetzung der rechten Position tüftelte – und dafür den vielseitig aufspielenden Lars Bender in seinen Kader aufnahm. Die Kaderpräsentation habe er im Fernsehen verfolgt, erzählte Bender hinterher, und hörte dabei erstmals „von der Idee, dass ich auch rechter Verteidiger spielen kann“.

Allerdings musste der Brannenburger noch abwarten, denn zum Auftakt gegen Portugal verteidigte Jerome Boateng rechts hinten. Lars Bender kam immerhin zu seinem ersten EM-Auftritt: In der Nachspielzeit wurde er für Thomas Müller eingewechselt – blieb dabei aber ohne Ballkontakt. Vor der letzten portugiesischen Ecke rein, ein Sprint nach hinten und den Platz am Pfosten eingenommen – gleich nach dem abgewehrten Ball erfolgte der Schlusspfiff.

Auch das zweite Gruppenspiel gegen die Niederlande verfolgte Lars Bender zunächst von der Bank aus, erneut war Boateng hinten rechts gesetzt. Und auch diesmal durfte der gebürtige Rosenheimer in der Nachspielzeit ran, denn wieder musste eine enge Führung verteidigt werden. Und auch das gelang.

Im dritten Gruppenspiel war es dann so weit: Boateng war gelb-gesperrt, Lars Bender stand in der Anfangsformation – und damit erstmals zwei Spieler aus dem Inntal gemeinsam bei einem EM-Turnier von Beginn an auf dem Rasen, nachdem Bastian Schweinsteiger im Mittelfeld agierte. Deutschland war noch nicht vorzeitig für das Viertelfinale qualifiziert, brauchte also ein gutes Resultat. Das Spiel war aber bis kurz vor Schluss offen. Dann kam aber Bender, der ein Zuspiel von Özil vollendete, „als wäre es die leichteste Übung“, wie Günter Klein im OVB-Bericht anmerkte. Rund 80 Meter war er dafür nach vorne gesprintet. „Jetzt musst du auch das Tor machen“, war sein Gedanke beim Schuss, „denn wenn du dem Torwart den Ball in die Hände schießt, dann musst du die 80 Meter wieder zurücklaufen“. Musste er nicht. Der Brannenburger erzielte zehn Minuten vor Schluss den Siegtreffer – es war das erste Mal, dass die DFB-Elf alle drei EM-Vorrundenspiele gewonnen hatte. „Das ist ein absoluter Freudentag für mich“, meinte Bender nach dem Spiel. „Ich habe mich wohlgefühlt auf der Position und war auch recht locker.“ Vom Bundestrainer gab es großes Lob: „Lars Bender bringt alle Voraussetzungen mit, Außenverteidiger zu spielen. Beide Benders sind Siegertypen“, so der Bundestrainer.

Auf diesen Siegertypen verzichtete er aber im weiteren Turnierverlauf. Dem Sieg im Viertelfinale über Griechenland folgte die Niederlage im Halbfinale gegen Italien. Dort wollte Löw mit dem filigranen Toni Kroos die Kreise von Spielmacher Pirlo einschränken – vielleicht wäre der kompromisslose Bender die bessere Variante gewesen, trotz des Überangebots im Mittelfeldzentrum? „Etwas bitter, dass er nach seinem Matchwinner-Erlebnis keine Minute Einsatzzeit mehr bekam“, befand Reporter Günter Klein im OVB.

Lars Benders EM-Endrundenspiele

Das ist Lars Bender

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