„Es gibt keinen Top-Favoriten“

von Redaktion

Heimische Fußball-Experten verraten nach der Vorrunde ihre Tipps für den EM-Sieger

Rosenheim – 36 Spiele sind bei der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland bereits absolviert, die Gruppenphase ist damit beendet. Neben vielen Ergebnissen, mit denen zu rechnen war, hat es auch schon einige Überraschungen gegeben. Einen klaren Titel-Favoriten kann man vor der K.o.-Phase kaum ausmachen. Während manche Turnierfavoriten bereits überzeugende Leistungen gebracht haben, suchen andere Nationen noch nach ihrer Form.

Die OVB-Sportredaktion hat vor dem Achtelfinale in der heimischen Fußball-Szene nachgefragt:

Wie ist die Vorrunde von Deutschland zu bewerten?

Wolfgang Schellenberg, Trainer TSV 1860 Rosenheim: Deutschland hat sich positiv verkauft. Sie sind souverän weitergekommen und haben eine Euphorie entfacht.

Maximilian Höhensteiger, Kapitän TSV Wasserburg: Die Gruppenphase war solide, aber nicht komplett überzeugend. Für das Achtelfinale muss sich Deutschland noch einmal steigern, da geht es dann um alles oder nichts.

Thomas Deißenböck, Trainer SV Aschau/Inn: Die Vorrunde war souverän. Deutschland hat die ersten zwei Spiele souverän gewonnen. Gegen die Schweiz war der Ausgleich glücklich, über das ganze Spiel gesehen aber auch verdient.

Bernd Schiedermeier, Verteidiger SV Östermünchen: Gegen tiefstehende Gegner wie Schottland und Ungarn haben wir uns leichter getan, als gegen die Schweiz. Ich habe gehofft, dass Deutschland Gruppensieger wird und das haben wir ja auch geschafft. Die schwierigen Spiele kommen aber noch.

Nenad Grizelj, Trainer TSV Bad Endorf: Die Vorrunde war überzeugend. Die Mannschaft wurde von den Emotionen getragen. Das 5:2 gegen Schottland war ein perfekter Start. Gegen Ungarn war es dann schon am Limit, die Qualität hat aber noch gereicht.

Welches Land ist
bisher die größte Überraschung?

Schellenberg: Eine große Überraschung gab es noch nicht. Es ist alles so eingetroffen, wie gedacht. Auch Österreich hat mich nicht überrascht. Sie haben schon in den letzten Monaten guten Fußball gespielt.

Höhensteiger: Negativ absolut England. Ich hätte nicht gedacht, dass sie so schlecht spielen. Rumänien hat echt gut gespielt, das war für mich auch überraschend. Und natürlich Österreich. Ich habe sie gut eingeschätzt, aber mit dem Gruppensieg hat wohl niemand gerechnet.

Deißenböck: Georgien hat mich überrascht, für sie war das Weiterkommen eine coole Sache. Auch Spanien hat mich überzeugt, das hätte ich so nicht gedacht.

Schiedermeier: Für mich ist Österreich eine Überraschung, obwohl ich sie bei einem Tippspiel sogar bis ins Halbfinale getippt habe. Sie haben eine sehr gute Mannschaft, bei der jeder für den anderen kämpft. Und das, obwohl mit David Alaba und Xaver Schlager zwei wichtige Spieler fehlen.

Grizelj: Positiv gesehen Georgien. Es war schön, zu sehen, wie sie im letzten Spiel gegen Portugal mit Herzblut und Leidenschaft gekämpft haben. Negativ gesehen England. Sie spielen sehr uninspiriert, als wäre die Handbremse angezogen und sie würden das Gaspedal nicht finden.

Muss Deutschland
etwas verändern?

Schellenberg: In der Defensive müssen sie ja sowieso etwas verändern. Punktuelle Veränderungen hängen von Tagesform und Fitness ab, das ist aus der Entfernung schwer zu beurteilen. Ich sage 2:1 für Deutschland.

Höhensteiger: Meiner Meinung nach muss Füllkrug spielen. Er ist gut für Flanken. Das ist der Plan C, den Ball auf ihn vorne rein zu spielen. Seine Präsenz hat zuletzt gefehlt. Ich habe 2:0 für Deutschland getippt.

Deißenböck: Vielleicht kann man Füllkrug gegen Havertz tauschen. Sonst sehe ich keinen Grund, etwas zu ändern. Ich tippe 2:0 für Deutschland.

Schiedermeier: Ändern müssen sie ja sowieso etwas, weil Jonathan Tah fehlen wird. Wir haben innerhalb der Mannschaft schon darüber diskutiert: Die Mehrheit würde Füllkrug aufstellen, ich selbst würde aber nichts ändern. Ich tippe auf ein 2:1 für Deutschland.

Grizelj: Ich würde Niklas Füllkrug von Anfang an spielen lassen. Mit ihm im Sturm könnte man mehr Flanken aus dem Halbfeld schlagen. Auch Jamal Musiala und Florian Wirtz würden von ihm als Wandspieler profitieren. Ich tippe auf ein 3:1 für Deutschland.

Wer ist der
Titel-Favorit?

Schellenberg: Ich sehe vier bis fünf Teams vorne, Spanien und Deutschland gehören dazu. Es gibt keinen Top-Favoriten.

Höhensteiger: Ich sage Spanien. In der aktuellen Form und mit der Weise, wie sie spielen, sind sie gut im Rennen. Sonst ist aber alles offen.

Deißenböck: Spanien und Deutschland. Wer dieses Spiel im Viertelfinale gewinnt, hat gute Chancen auf den Titel.

Schiedermeier: Deutschland. Einfach, weil alle zusammenhalten und sich die Mannschaft von den Emotionen tragen lassen kann. Wenn man Europameister werden will, muss man jeden Gegner schlagen – das haben wir auch drauf.

Gizelj: Ich denke Spanien. Deutschland und Frankreich, wenn sie das Gaspedal finden, gehören aber auch in diesen Topf.