Pichler unterschreibt in Bulgarien

von Redaktion

Ruhpoldinger Urgestein ist neuer Consulter des Biathlon-Verbandes

Ruhpolding – Von wegen Ruhestand: Im kommenden Jahr wird Wolfgang Pichler 70, aber er hat längst noch nicht fertig. Zu seinen vielen Engagements kommt jetzt ein neues hinzu. Das Ruhpoldinger Urgestein hat einen Zwei-Jahres-Vertrag beim bulgarischen Biathlon-Verband unterschrieben, fungiert dort ab sofort als „Consulter“, eine Art Sportdirektor, denn es handelt sich hierbei um Beratungsdienstleistungen, um die Sportlerinnen und Sportler des Landes näher an die Weltspitze heranzuführen. „Meine Aufgabe ist es, ganz eng mit Cheftrainer Robert Kubicki zusammenzuarbeiten, Trainingspläne zu erstellen und Abläufe und Ergebnisse zu überwachen“, erklärt der Langlauf- und Biathlon-Experte.

Ein erstes Kennenlernen hat bereits stattgefunden. Der bulgarische Kader war für drei Wochen zu Gast in Ruhpolding, wohnte dort in der Pension eines bulgarischen Landsmannes und trainierte täglich in der Chiemgau-Arena. „Da war ich erstmals dabei, Talente sind zweifelsohne da, aber es wird dauern. Bulgarien gehört nicht zu den besten 17 Nationen im Biathlon, es wird eine harte Arbeit“, erklärt Pichler, der einmal erst zu einem Kongress in dem Lande weilte und seine komplette Arbeit von zu Hause aus verrichten kann. „Das war Bedingung, vom PC aus kann ich alles dirigieren und kontrollieren“, ergänzt der Ruhpoldinger, der alle Vertragsmodalitäten mit Borislav Pankov, dem Generalsekretär des Verbandes, ausgehandelt hat.

Für die bulgarischen Biathletinnen und Biathleten geht es jetzt nach Obertilliach in die kleine Gemeinde im Bezirk Lienz in Osttirol, wo in der letzten Saison der IBU-Biathlon-Cup – Wettbewerb eine Stufe unter dem Weltcup – mit zwei Bewerben abgeschlossen wurde. Viele Nationen nutzen das dortige Biathlon-Zentrum zur Vorbereitung, schließlich hat sich der erfolgreichste Biathlet aller Zeiten, Ole Einar Björndalen aus Norwegen, dort niedergelassen und empfiehlt die Trainings- und Wettkampfbedingungen, so dass sich Olympiasieger und Weltmeister die Klinke in die Hand drücken.

Von Titeln sind die Bulgaren noch weit entfernt. „Man darf nicht zu viel erwarten, alles geht langsam, aber der Verband ist sehr engagiert, auch nach der Absage von Ricco Gross als Cheftrainer“, erklärt Pichler, der die jungen Sportler im August wieder in Ruhpolding erwartet. Zustande gekommen ist die Kooperation übrigens über den Internationalen Verband IBU, wo der Ruhpoldinger seit Jahrzehnten integriert ist. Und es traf sich bestens, dass Pichler auch Robert Kubicki bestens kennt, der in Villingen lebt. Wenn die Bulgaren wieder kommen, werden sie auch einen Mannschaftsarzt, einen zweiten Trainer und einen Physiotherapeuten dabei haben. „Der Etat für die Biathlon-Mannschaft ist gesichert“, sagt Pichler.

Wie hoch der Ruhpoldinger in Biathlon-Kreisen angesehen ist, zeigte sich jüngst in Reit im Winkl. Dort hatte sich die Mentoring-Gruppe des Internationalen Verbandes getroffen – es wurden Zertifikate übergeben. Pichler steht hier für die Biathlon-Nationen Estland, Ukraine, Rumänien und Kanada. Mit dabei waren auch Jonne Kähkönen, der Trainer der italienischen Weltklasse-Athletin Lisa Vittozzi, und Siegi Mazet, acht Jahre lang Trainer des französischen Teams und seit 2016 Chef in Norwegen. Mit Martin Fourcade hatte er den einst weltbesten Biathleten unter seinen Fittichen und heute ist es „Überflieger“ Johannes Thingens Bö. Und ausgerechnet der sagte beim Anblick von Wolfgang Pichler: „Jetzt ist der Boss zurück – wir können beginnen!“

Über die Worte habe er sich riesig gefreut. „Da bin ich auch stolz darüber, dass so ein Welttrainer über mich so spricht“, strahlte Pichler, der 45 Jahre lang als Zollbeamter gearbeitet hat und sich als Langlauf- und Biathlon-Trainer in Schweden und Russland nebenher weltweit einen großen Namen gemacht hat. Das Mentoren-Programm bei der IBU sei zwar ausgelaufen, aber die Engagements des Ruhpoldingers sind nach wie vor enorm. So gehört er in Schweden noch einem Mentoring-Pool des Olympischen Komitees an und betreut hier aktuell einen Langläufer, er ist seit dem letzten Jahr Mitglied des Organisations-Komitees beim Weltcup in Ruhpolding und er arbeitet als Schöffe am Amtsgericht Traunstein.

Das Wichtigste ist für ihn aber die tägliche körperliche Fitness mit Radfahren, Rudern und Qigong. An Extremen hat es dem 69-Jährigen noch nie gefehlt. So berichtet er nicht ohne Stolz, dass er kürzlich 13 Stunden am Stück auf dem Rad gesessen sei, die Strecke von Ruhpolding nach Reit im Winkl fünfmal hin- und zurückgefahren sei und etwa 300 Kilometer abgespult habe. Danach meinte Pichler zufrieden: „Sportlich habe ich für mich jetzt alle Ziele erreicht!“

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