Rosenheim – Traumtore und Torwartpatzer, Dominanz und Durcheinander, Senkrechtstarter und Stauverursacher – der 3:1-Heimsieg des TSV 1860 Rosenheim über Aufsteiger FC Schwabing in der Fußball-Landesliga Südost hatte einiges zu bieten. Durch den verdienten Erfolg sind die Sechziger auch nach dem vierten Spieltag ungeschlagen und können mit riesiger Vorfreude ins Heim-Derby am kommenden Freitag gegen den ebenfalls noch unbesiegten TSV Wasserburg gehen.
Es war ein bislang eher unscheinbarer Akteur, der bei den Rosenheimern auf sich aufmerksam gemacht hatte: Steven Khong-In. Der 20-jährige Offensivspieler war im Sommer 2023 zu den Sechzigern gekommen, blieb in der vergangenen Saison aber stets unentdeckt. 15 Einsätze, davon 14 Einwechslungen, die Spielzeit dabei meistens nur kurz. Doch der Münchner, der im Nachwuchs für Forstenried, Neuried und die SpVgg Landshut spielte, blieb dran. „Allmählich kriegt er das Verständnis rein, was Laufwege und Körperlichkeit betrifft – und da belohnt er sich gerade“, freut sich Trainer Wolfgang Schellenberg über die Entwicklung. Immerhin war Khong-In der Schütze des 1:0 und maßgeblich am 3:1 beteiligt. Beim ersten Treffer hatte er den richtigen Laufweg, als Maximilian Mayerl von links nach innen spielte. „Ich hatte gesehen, dass sich alle auf den Rückraum konzentriert haben und der Ball kam halt vorne rein. Ich habe einfach den Laufweg in die Mitte gemacht und stand alleine vor dem Tor“, erklärte der 20-Jährige sein bislang zweites Punktspieltor für die Sechziger.
Zum dritten Treffer war er als vorletzter Passgeber mitbeteiligt. Der Spielfluss davor, die One-Touch-Kombination am gegnerischen Sechzehner und der punktgenaue Abschluss von Matteo van de Wiel ins lange Eck ließen das 3:1 knapp 30 Sekunden nach Wiederanpfiff zum Traumtor geraten. „Wie wir es rausgespielt haben, war es mit Abstand das bislang beste Tor in dieser Saison“, fand auch Khong-In, der mit seinem Zuspiel Kenan Smajlovic in Szene gesetzt hatte.
Für den jungen Offensivspieler gilt es, nun dranzubleiben. „Es fehlt noch die Spielpraxis aufgrund einiger Rückschläge“, erklärt er. Und auch Schellenberg sagt: „Er bringt von der Veranlagung sehr viel mit, hat ein unwahrscheinliches Tempo, das nur schwer zu verteidigen ist. Er hat jetzt das zweite Mal von Beginn an gespielt, ist damit aber noch lange kein Stammspieler. Er weiß, dass er sich seinen Platz jede Woche erarbeiten muss.“ Khong-In, der oft mit dem Zug von München nach Rosenheim pendelt und dann zu Fuß vom Bahnhof zum Jahnstadion marschiert, hat das verinnerlicht: „Wenn sich die Saison so weiterentwickelt, dann hat sich das gelohnt.“
Eine Entwicklung, die man beim Rosenheimer Team auf jeden Fall sieht: Der Erfolg über den bis dato noch ungeschlagenen Aufsteiger war mehr als verdient, auch wenn Schwabing nach einer Standardsituation per Kopfball zum Ausgleich kam. Aber die weiteren 1860-Treffer fielen zum richtigen Zeitpunkt: Das 2:1 fünf Minuten vor der Halbzeitpause durch einen Distanzschuss von Michael Summerer, bei dem Schwabings Keeper nicht gerade die beste Figur machte, das 3:1 dann gleich nach Wiederanpfiff. „Der Sieg war verdient, bis zur 65. Minute war es eine sehr gute Leistung und man hat gesehen, was man als Team leisten kann“, stellte Schellenberg fest. Wer zwischen den Zeilen lesen kann, der weiß nun aber auch: Die letzten 25 Minuten haben dem Fußballlehrer überhaupt nicht gefallen.
„Wir können froh sein, keine zwei, drei Gegentore bekommen zu haben“, grantelte der Rosenheimer Coach. Was er nicht sagte: Es war die Zeit, als er seine nominellen Top-Angreifer Laurin Demolli und Julian Höllen ins Spiel brachte. Demolli fehlt es noch deutlich an Spielpraxis, Höllen, an den ersten beiden Spieltagen jeweils für den Rosenheimer Siegtreffer verantwortlich, war auf dem Weg zum Spiel im Stau gestanden – und hatte scheinbar den Tempo-Stillstand von der Straße mit auf den Rasen gebracht. Vielleicht waren es 25 Minuten als Warnschuss zur rechten Zeit.