Tattenhausen/Ostermünchen – Wenn am Donnerstag um 17 Uhr der Startschuss zur neuen Saison in der Fußball-Kreisliga 1 fällt, dann geschieht etwas, das es seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr gegeben hat: Die ersten Mannschaften vom SV Tattenhausen und SV Ostermünchen duellieren sich um Punkte!
Zuletzt war das in der Saison 1998/99 der Fall, als beide Mannschaften in der Kreisklasse gegeneinander antraten. Auch zwei Jahre später spielten beide noch in der Kreisklasse, damals aber in unterschiedlichen Gruppen. Nach 2001 trennten sich die Wege: Ostermünchen schaffte bis 2006 den Sprung bis in die Bezirksliga, Tattenhausen spielte wieder in der A-Klasse – zeitweise gegen Ostermünchen II – und stieg 2013 sogar in die B-Klasse ab. Dort wäre es beinahe sogar zum Aufeinandertreffen mit Ostermünchens „Dritter“ gekommen, doch wieder waren beide in unterschiedlichen Gruppen. Und nun hat der erstmalige Aufstieg des SV Tattenhausen in die höchste Spielklasse des Fußballkreises Inn/Salzach dafür gesorgt, dass es das Nachbarschaftsduell auf Augenhöhe gibt.
Aber was heißt denn Augenhöhe? „Ostermünchen hat viel zu verlieren, der Druck liegt auf deren Seite“, sagt Tattenhausens Trainer Christian Hofmann. „Jeder erwartet uns als Favoriten und Sieger“, bestätigt Bernd Schiedermeier, Spieler und Co-Trainer in Ostermünchen. Jedoch: „Wir haben viele Abgänge und müssen deshalb einen Umbruch meistern.“
Hofmann und Schiedermeier sind Urgesteine in ihren Vereinen, ein Derby der beiden ersten Mannschaften um Punkte haben sie aber noch nie gespielt. Aus Erzählungen und Kindheitserlebnissen von früher wissen sie aber, welche Brisanz dieser Lokalkampf hat. „Das waren früher ganz krasse Duelle“, sagt Schiedermeier. Und Hofmann hat selbst noch gesehen, „dass es da richtig rund gegangen ist. Das vergisst man nicht.“ Bernd Schiedermeier kennt auch noch die Geschichte, dass sich die SVO-Spieler einst vor der Auswärtspartie in Tattenhausen auf dem eigenen Sportgelände umgezogen und warmgemacht haben, ehe man dann zum Anpfiff beim Rivalen vorgefahren war. „Im Vor-Handy-Zeitalter haben alle auf die gegnerische Mannschaft gewartet. Das war ein großer Aufreger.“
Mittlerweile hat sich das aber etwas gelegt. Zu groß waren zwischenzeitlich die Unterschiede zwischen Ostermünchen und Tattenhausen, zu viele Spielklassen lagen dazwischen. „Wir kennen uns ja auch alle ganz gut“, sagt Schiedermeier, der mit den Spielern aus Tattenhausen gemeinsam in einem Tennisteam steht. „Vor wenigen Tagen haben wir erst die Saisonabschlussfeier mit unserer Mannschaft gehabt.“
Bei Schiedermeier selbst liegt noch eine ganz besondere Familiengeschichte im Derby. Er spielt nämlich mit seinem Sohn Luca Baumann beim SVO. Der ist zugleich der Stiefsohn von Florian Hofmann, dem Cousin des SVT-Coaches und der große Führungsspieler beim Aufsteiger in Tattenhausen. Baumann war verletzt, meldete sich aber rechtzeitig fürs Nachbarschaftsduell – und für das Gastspiel beim Stiefvater – wieder fit. Florian Hofmann ist zugleich Schiedermeiers Trauzeuge. Eine Wette haben die beiden Routiniers aber nicht laufen. Der Ostermünchner bringt aber die Gewohnheiten seines Gegenübers schon mal durcheinander. „Der Flo hat seine festen Abläufe am Spieltag. Einer davon ist, dass wir immer gemeinsam essen gehen. Das ist natürlich gestrichen“, lacht Schiedermeier – und fügt an: „Wir kämpfen mit allen Mitteln.“
Christian Hofmann wird auch im Vorfeld keine Wette initiieren. „Ich bin da erst einmal kleinlaut. Wir spielen das erste Mal in der Kreisliga und müssen da demütig sein.“ Bernd Schiedermeier weiß, dass der SVT-Coach richtig heiß auf das Derby ist. „Der ,Tschisn‘ ist da auch noch einer vom alten Schlag. Danach werden wir schon ein Bierchen trinken, davor ist jetzt aber Sendepause.“ Dass auch er einen Hitzegrad wie Frittenfett aufweist, will der Ostermünchner nicht verhehlen: „Ich will da nicht als Verlierer vom Platz gehen.“
Trotz der zurückgewonnenen Derby-Rivalität: Dass die Partie in dieser Konstellation zusammengekommen ist, war ein Gemeinschaftswerk beider Vereine. „Wir haben uns beide für dieses Spiel beworben und dann darauf geeinigt, dass Tattenhausen als Aufsteiger dieses Spiel bekommen soll“, erklärt Schiedermeier, der auf 750 Zuschauer hofft. Für die ist ein tolles Rahmenprogramm auf die Beine gestellt worden: Im Vorfeld gibt es 100 Liter Freibier, bei einer Tombola können attraktive Preise gewonnen werden, die Vereine der Liga werden vorgestellt und es gibt Einlaufkinder. „Wir hatten am Wochenende noch einen großen Arbeitseinsatz, da haben alle Spieler zusammengeholfen“, erklärt Hofmann. Es ist angerichtet.