„Papa, ich habe jetzt ein Bundesliga-Spiel“

von Redaktion

Thomas Dähne bei Holstein Kiel: Sein Kampf um den Posten und gegen die Trauer

Oberaudorf/Kiel – Er hat schon in Österreich, Finnland und Polen erstklassig gespielt – nun bietet sich dem Oberaudorfer Torhüter Thomas Dähne mit 30 Jahren endlich auch die Möglichkeit, im deutschen Oberhaus anzuschreiben. Dähne gehört auch in der neuen Spielzeit zum Kader von Holstein Kiel, dem ersten schleswig-holsteinischen Club in der deutschen Fußball-Eliteklasse.

„Dass wir jetzt gegen den FC Bayern und Dortmund Punktspiele bestreiten, das ist enorm. Wir haben da etwas Einmaliges geschafft“, erklärte Dähne zum Aufstieg der Kieler. Es war ein Erfolg, der dem Mannschaftsgeist zuzuschreiben war. „Jeder hat seinen Teil dazu beigetragen, um den Erfolg zu gewährleisten. Das hat uns ausgezeichnet, da gehören alle in den Topf“, sagt der Torhüter. Man sei immer beharrlich geblieben, sei drangeblieben und habe hart gearbeitet. Deshalb hätte man sich auch gegen die namhafte Konkurrenz wie Hertha BSC, Schalke 04 oder den Hamburger SV durchgesetzt.

Dabei hätten auch die Erfahrungen geholfen, als die Holsteiner vor drei Jahren bis kurz vor Saisonschluss vorne lagen und dann in der Relegation dem 1. FC Köln den Vortritt lassen mussten. „Damals wollten wir rauf und haben dann die Relegation nicht geschafft. Doch man kann die beiden Mannschaften nicht miteinander vergleichen. Wir waren noch vier, fünf Leute, die noch da waren und die gewusst haben, wie das damals war. Diesmal sind wir extrem gut gefahren, dass wir demütig geblieben sind und hart gearbeitet haben“, erklärt Dähne.

Für ihn selbst war die Saison dabei alles andere als gut gelaufen. In den ersten Spielen war der Oberaudorfer noch zwischen den Pfosten gestanden. „Ich war aber selbst nicht zu 100 Prozent zufrieden“, lautete die Selbsteinschätzung. Vor dem Auswärtsspiel auf Schalke wurde er dann rausgenommen. „Für mich war das bitter, ich bin da ein bisschen vor vollendete Tatsachen gestellt worden.“ Weil die Mannschaft mit Timon Weiner im Kasten aber erfolgreich war, fehlten Dähne die Argumente. „Wir sind in der Abwehr gut gestanden“, erkannte der 30-Jährige die Leistung seines jüngeren Kollegen an. Er hat auch das Gespräch mit Trainer Marcel Rapp gesucht. „Ich bin schon einer, der klipp und klar Sachen anspricht“, sagt der 1,93 Meter große Keeper, der seine ersten fußballerischen Schritte beim FV Oberaudorf gemacht hatte. Über den TSV 1860 Rosenheim ging es im Nachwuchs zu Red Bull Salzburg, wo er auch seine ersten Herrenspiele machte – hauptsächlich für den FC Liefering in der zweiten österreichischen Spielklasse, aber auch für Salzburgs „Erste“. Über RB Leipzig, wo er einst mit Joshua Kimmich und Yussuf Poulsen im Zweitliga-Team stand, ging es nach Finnland: Mit HJK Helsinki wurde er Meister und Pokalsieger und spielte auch auf europäischer Bühne. Es folgte die Station bei Polens Erstligist Wisla Plock, ehe der Ruf aus Deutschland folgte. Seit Juli 2020 steht Dähne in Kiel unter Vertrag. Im Frühjahr 2023 wurde der Kontrakt damals während einer Verletzungspause verlängert. „Das war ein großer Vertrauensbeweis seitens des Vereins und hat mich sehr stolz gemacht“, sagt Dähne.

Auch in der abgelaufenen Saison blieb er nicht verletzungsfrei. Statt der Rückeroberung des Stammplatzes galt es erst einmal, wieder vollkommen gesund zu werden. Anfang Oktober 2023 wurde er am Knie operiert. „Das hat sich dann auch länger hingezogen“, berichtet der Torhüter. Sein Vertrag in Kiel läuft bis 2026. Dass er momentan hinter Weiner an zweiter Stelle in der Torwart-Rangliste steht, macht seiner internen Beliebtheit keinen Abbruch. Drei Jahre war er schon Mitglied im Mannschaftsrat, und auch für die anstehende Bundesliga-Premierensaison gehört Dähne dem sechsköpfigen Teamgremium an. „Die Mannschaft weiß, dass sie sich auf mich verlassen kann.“

Und was kann die Mannschaft erreichen? „Unser Ziel ist der Klassenerhalt, alles andere wäre groß übertrieben“, sagt der Keeper. Dass die Holsteiner gleich so durchstarten wie zuletzt Heidenheim, davon will Dähne erst einmal nichts wissen. „Es gibt zwar immer wieder Cinderella-Storys, aber man muss erst einmal bodenständig bleiben.“

In Kiel selbst ist die Fußball-Euphorie groß, auch wenn die Handballer vom THW natürlich weiter eine große Nummer in der Stadt sind. „Das sind zwei Vereine, die sehr gut koexistieren und es tut der Stadt gut, beides zu haben“, findet Dähne. Einer Stadt, in der er sich wohlfühlt. Die aber in Zukunft nicht zur Heimat werden dürfte. „Die Heimat wird immer Salzburg oder Oberaudorf bleiben. Daheim ist, wo die Berge sind“, erklärt Dähne.

Die Berggipfel als Anker. Gerade in den letzten Wochen war das für den früheren Junioren-Nationalspieler wichtig. Da musste er sich nämlich von Papa Horst verabschieden, der unerwartet verstorben ist. Er wird es nicht mehr erleben, dass Thomas in der Bundesliga spielt. „Für ihn hat es immer nur den Verein gegeben, bei dem sein Sohn gespielt hat – und Dortmund“, erzählt Dähne. Der Vater war nämlich Dortmunder, „der BVB ist ihm immer geblieben“. Umso bitterer war es, dass er schon nicht dabei sein konnte, als Thomas Dähne mit Holstein Kiel im DFB-Pokal bei Borussia Dortmund ran durfte. „Das war 2021 während Corona und es waren keine Zuschauer im Stadion erlaubt.“ Das Spiel in Dortmund hat also einen ganz besonderen Charakter für den Torhüter, der im Konkurrenzkampf weiter dranbleiben will. „Der Trainer entscheidet am Ende. Eine Saison ist aber lang und es kann immer was passieren“, sagt Dähne. Er hat es ja selbst erlebt. Und was passiert, wenn er tatsächlich mal dran ist? „Dann werde ich danach in den Himmel schauen und sagen: Papa, ich habe jetzt ein Bundesliga-Spiel!“

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