DEL? „Der Standort hat es drin“

von Redaktion

INTERVIEW Starbulls-Geschäftsführer Christoph Sandner über Eindrücke und Ziele

Rosenheim – Die erste Woche im neuen Job ist für Christoph Sandner vorbei. Der neue Geschäftsführer der Starbulls Rosenheim aus der DEL2 hat sein Büro bezogen, die Mitarbeiter kennengelernt und die ersten Kontakte geknüpft. Und er hat die OVB-Sportredaktion getroffen. Im exklusiven Gespräch erzählt der 53-Jährige über seine ersten Tage, spricht über die Erinnerungen an seine Rosenheimer Eishockey-Zeit vor 30 Jahren und über seine Ziele bei den Starbulls. Der Ex-Profi über:

…seine ersten Eindrücke: „Du fährst rein, du siehst die kleine Kapelle, wenn du von der Autobahn den Irschenberg runterkommst – da hat sich nichts geändert, und denkst dir, das ist eigentlich wie früher, wie vor 30 Jahren, als ich da gespielt habe. Aber dann merkst du spätestens die Veränderung, wenn du in die Arena reingegangen bist. Das ist schon beeindruckend, was da passiert ist. Das war mein erster Eindruck, ein positiver Eindruck.“

…die ersten Tage: „Das ist jetzt kein großer Unterschied, ob ich draußen in der Industrie bin oder im Eishockey. Arbeitsplatz einrichten, Mitarbeiter kennenlernen, die Budgetpläne anschauen, da muss man sich reinlesen als Geschäftsführer. Das ist dann Tagesgeschäft.“

…seine Saison als Spieler in Rosenheim vor 30 Jahren: „Ich bin unter der Saison von Köln gekommen, bin super aufgenommen worden und habe trotzdem, dass es jetzt nur ein Dreivierteljahr war, eine gute Zeit gehabt. Ich wäre auch gerne geblieben damals, aber wir konnten uns nicht einigen. Zufälligerweise habe ich jetzt ein paar Unterlagen gefunden, auch Verträge und Kommunikationsaustausch von damals. Es war eine schöne Zeit, das sind für mich Erinnerungen, die ich gerne mitnehme. Es war alles noch ein bisschen familiärer und da war eine junge Truppe, sehr gute Spieler. Du hattest ein paar Oldtimer wie Rick (Boehm, d. Red.) oder einen Butzi (Reil, d. Red.), die haben dann die Jungs schon geführt.“

…den Standort Rosenheim: „Als ich mich entschieden habe, dass ich nach Rosenheim gehen würde, da vergleichst du Potenziale und Standorte. Wir sind ein Traditionsclub, dreimal deutscher Meister in den 80er-Jahren. Das ist zwar lang her, aber ich glaube, das wissen schon einige hier in der Stadt. Aber gerade die wirtschaftliche Struktur, also die ganze Stadt und das Drumherum, hat auf jeden Fall das große Potenzial, dass wir uns hier noch weiterentwickeln. Wo die Reise dann hingeht, daran muss man Schritt für Schritt, Saison für Saison arbeiten. Wir brauchen uns nicht vor Standorten verstecken, die vielleicht jetzt in der DEL2 sportlich ein bisschen weiter oben sind oder auch mit dem Blick auf DEL-Standorte, die wir alle gut kennen. Wir brauchen aber noch einmal Unterstützung im Bereich Sitzplätze und Hospitality, wo wir die Einnahmen generieren können. Dass man da vom Budget her dann mithalten kann, um die DEL-2-Spitze oder dann auch mal irgendwann die DEL anzuvisieren.“

…das umgebaute Stadion: „Der erste Eindruck ist positiv. Man hat relativ viel mit LED-Bahnen gemacht. Eishockey ist nicht mehr so wie vor 20, 30 Jahren. Du hast einfach mehr Hospitality-Bereiche, du musst dem Fan mehr Komfort von den Kiosken geben und du brauchst da vielleicht ein Stück weit mehr Sitzplätze als früher, wo die Leute es gewohnt waren, dass sie nur in den Stehplatzbereich gehen. Genauso gehört das Drumherum dazu, der Event-Charakter spielt eine große Rolle. Da ist so ein Video-Würfel, den man jetzt installiert hat, toll. Den Komfort kennen Eishockey-Fans oder auch Sportfans aus anderen Arenen. Deswegen muss man da Schritt halten und Jahr für Jahr schauen, wo wir uns weiterentwickeln können.“

…den Zuschauerzuspruch: „Damit habe ich mich natürlich auch beschäftigt. In den letzten Jahren war mein Fokus natürlich mehr auf der DEL als auf der DEL2. Aber das ist dann schon sehr, sehr positiv, wenn man die Zuschauerzahlen sieht. Ich sehe einen Schnitt über 4000 Zuschauer, obwohl man jetzt mehr im Mittelfeld war oder am Ende dann sogar noch ein bisschen weiter unten. Das ist doch super. Da sieht man, was wir für ein Potenzial haben.“

…die DEL2: „Grundsätzlich muss man ja sagen, dass sich das Eishockey – egal, in welcher Liga – entwickelt hat. Das ist in den letzten zehn, 20 Jahren so. Wenn du die Dynamik siehst, die Spieler sind alle besser ausgebildet, die sind fitter, die sind vielleicht ein Stück weit auch professioneller. Es gab schon immer professionelle Spieler, auch vor 30, 40 Jahren. Aber in Summe wissen die genau, auch einer, der vielleicht im vierten Sturm eingeplant ist, wie hart sie arbeiten müssen, dass sie überhaupt spielen können. Deswegen, es ist professioneller, es ist schneller, die Ausrüstung ist besser geworden, leichter geworden und dementsprechend ist das Tempo auch höher geworden. Ein Quervergleich zur DEL ist schwierig für mich, ich muss da sicherlich zehn, 15 Spiele abwarten. In den letzten Jahren habe ich immer wieder mal ein Spiel angeschaut, da hat es auf jeden Fall eine Entwicklung gegeben. Es ist eine tolle Liga.

…den Starbulls-Kader: „Ich habe erst ein Vorbereitungsspiel gesehen, deswegen wäre es jetzt nicht fair, irgendwo eine Bewertung abzugeben. Du musst einfach die Punktspiele sehen. Vorbereitung, das weiß man auch, kann man auch in die Tonne treten, weil jeder Club auf einem anderen Stand ist. Berlin ist mal deutscher Meister geworden und hat davor jedes Vorbereitungsspiel verloren. Aber der Eindruck ist positiv, auch wenn man sich mit den Trainern austauscht. Jeder bestätigt, dass eine super Stimmung in der Mannschaft ist. Das ist schon eine Grundvoraussetzung. Dann sind wir positiv und freuen uns auf eine gute Saison, wo die dann auch immer enden wird.“ …die Nachwuchsarbeit in Rosenheim: „Wenn man in den letzten Jahren irgendwann mal über Rosenheim gesprochen hat, auch mit Kollegen, mit ehemaligen Spielern oder Spielern, die in Rosenheim gespielt haben, dann war das Thema Nachwuchsarbeit eigentlich immer vor der ersten Mannschaft gekommen. Ich habe das schon verfolgt und war beeindruckt. Ich habe halt auch mit einigen, die jetzt hier Nachwuchstrainer sind, noch zusammen gespielt, ob das der Schädler Tom ist, der Rick, der Martin Reichel oder der Bobo Kühnhauser. Den Markus Kempf habe ich noch nicht getroffen, aber der ist auch wieder an Bord. Nachwuchsarbeit spielt eine zentrale Rolle in Rosenheim, wird aber auch dementsprechend gefördert. Es ist ja nicht leicht, dass du gute ehemalige Spieler in die Trainerarbeit mit einbindest. Und Rosenheim leistet sich das auch. Dementsprechend ist das für mich super zum Arbeiten. Ich war in der DEL mit der einzige Geschäftsführer im kaufmännischen Bereich, der einen sportlichen Hintergrund gehabt hat, und deswegen ist das für mich immer wichtig gewesen, dass ich mich dann auch um das Sportliche dementsprechend kümmere – und vor allem der Nachwuchs liegt mir am Herzen.“

…sein Angebot aus Rosenheim im Nachwuchs: „Ich sollte schon mal nach Rosenheim kommen. Als ich 16 oder 17 war, da war das ein Thema. Ich war dann im Stadion gesessen und es gab ein Spiel gegen Köln. Da haben wir geredet und dann sind wir aber so verblieben, dass ich noch in Landsberg zweite Liga spiele.“

… die ersten Aufgaben als neuer Geschäftsführer: „Das Team im Büro ist erst einmal das Wichtigste, weil ich mit denen täglich zusammenarbeite. Da muss ich die ganzen Aufgaben kennenlernen, das ist das Entscheidende. Und dann geht es ja eh los mit der Saison, die Sponsoren sind ein wichtiger Bereich, auch die Weiterentwicklung der Sponsoren. Und auch da muss ich sagen: Wir haben tolles Personal, das ich hier vorfinde, das ist schon auf einer wirklich sehr, sehr guten Basis. Wichtig ist, dass wir breit aufgestellt sind, wir haben eine gute Sponsorenbasis und da freue ich mich auch, den einen oder anderen in den nächsten Tagen, Wochen kennenzulernen und dann mit denen weiterzumachen.“

…seine Ziele: „Ich bin ja auch schon länger jetzt dabei, auch im Bereich der Geschäftsführung und der Entwicklung von Clubs und Vereinen. Wenn du den Job einmal das erste Jahr machst, dann bist du vielleicht noch wesentlich euphorischer. Aber ich bin jetzt da nicht einer, der sagt, wir müssen in die DEL oder wir müssen jetzt um einen Aufstieg springen. Ich glaube wirklich daran, Tag für Tag, Woche für Woche, immer langsam daran zu arbeiten, dass wir uns in allen Bereichen leicht verbessern – und dann wird sich das Ziel irgendwann einstellen. Es wäre schon etwas, wenn man sagt: Okay, wir können das Budget in den nächsten ein, zwei Jahren langsam steigern, wir können ein paar mehr Zuschauer reinbringen und die Infrastruktur rund ums Stadion wird noch ein bisschen besser. Ich glaube, dann haben wir schon viel erreicht und dann bin ich auch zufrieden. Und wenn wir dann irgendwann einmal um einen Aufstieg spielen und vielleicht in der DEL sein können, dann freuen wir uns alle. Der Standort hat es auf jeden Fall drin.“

Artikel 9 von 11