„Jeder Stillstand wäre ein Rückschritt“

von Redaktion

INTERVIEW Die Starbulls-Führung über Stadion, Aufstockung und GmbH-Ausgliederung

Rosenheim – Gut gelaunt und voller Tatendrang haben sich die beiden Vorstände Marcus Thaller und Christian Hötzendorfer sowie Darwin Kuhn, Leiter Sponsoring, von den Starbulls Rosenheim den Fragen der OVB-Sportredaktion gestellt. Vor dem Auftakt in die neue Saison der zweiten Deutschen Eishockeyliga (DEL2) sprechen sie über den Stadionumbau, über Logen, die dringend benötigte zweite Eisfläche und die sportliche Situation. Im ersten Teil des Gesprächs geht es hauptsächlich um das Stadion.

Der Start in die Saison steht bevor. Wie sind die Starbulls gerüstet?

Thaller: Wir haben uns ja wieder breiter aufgestellt. Daniel Bucheli hatte uns ja vor rund einem Jahr verlassen und wir haben uns dann auf die Suche begeben. Wir haben uns bewusst Zeit gelassen und haben nun mit Christoph Sandner einen neuen Geschäftsführer. Der kann sich jetzt in Ruhe einfinden, weil die Saison ja geplant ist. Beim Sponsoring haben wir eine Steigerung erreicht.

Kuhn: Neue Produkte wie der Videowürfel bringen neue Aufgaben mit sich. Und deshalb ist das Wachsen in der Organisation elementar wichtig. Umso mehr interessante Sachen du im Stadion bietest, umso mehr Leute brauchst du auch, die das bedienen, bewerben und die Leute dafür begeistern.

Hötzendorfer: Wir glauben, aktuell gut aufgestellt zu sein. Wir haben eine tolle Sponsorenlandschaft und mit dem Stadion das absolut erfolgreichste Integrationsprojekt der Region. Hier kommen alle zusammen und haben miteinander eine gute Zeit – und das jede Woche! Wenn so viele Menschen so viel Zuspruch bringen, dann hast du immer eine gute Basis, von der du wegarbeiten kannst. In diesem Sinne sind wir genial gerüstet. Die Frage, die ich mir stelle, ist aber: Was passiert in den nächsten Jahren? Wir haben enormen Investitionsbedarf, denn die echten großen Themen kommen erst noch.

Thaller: Zum Thema „gerüstet sein“: Wir sind gerüstet, weil wir uns mit dem Status quo nie zufriedengeben. Die Dynamik in diesem Sport sieht man an der allgemeinen Umsatzentwicklung, die in den letzten Jahren unglaublich gestiegen ist. Und da wäre jeder Stillstand umgehend Rückschritt.

Wäre es dann nicht besser gewesen, gleich ein neues Eisstadion zu bauen?

Thaller: Man muss schon mal fragen, welche Zahlen da herumkursieren? Es wird immer verglichen mit der Arena in Bietigheim, die Anfang der 2000er für, ich glaube, 28 Millionen erbaut wurde. Wenn du jetzt bei uns ein neues Stadion baust mit zweiter Eisfläche plus der notwendigen Infrastruktur mit Parkhaus, Zufahrt, dann bist du mindestens bei 60 Millionen.

Hötzendorfer: Ich sage eher 80 Millionen – und die werden wahrscheinlich nicht reichen.

Thaller: Wir haben jetzt ein geiles Eisstadion. Klar gibt es Ecken, die uns nach wie vor stören und die wir nie gelöst bekommen. Aber wir suchen dann nach alternativen Lösungen.

Hötzendorfer: Das jetzige Umbauprojekt ist noch nicht ganz abgeschlossen, es gibt noch ein paar gebäudetechnische Themen, zum Beispiel wird im nächsten Sommer die Fassade neu gemacht.

Es ist also noch nicht ganz vorbei mit den Bauarbeiten. Wie lautet das Zwischenfazit?

Hötzendorfer: Wir haben 2016 angefangen. Wenn ich das heute sehe, dann hätte ich das 2016 einfach nur doppelt unterschrieben.

Thaller: Die Zusammenarbeit und Kommunikation mit der Stadt war bei uns wirklich top. Daniel Bucheli hatte da auch viel gemacht. Man hat wirklich gemeinsam geschaut, was nötig und was nicht nötig ist. Da haben wir auch mal Dinge weggelassen, die wir einfach nicht brauchen. Und nur deshalb ist es möglich, dass das eines der wenigen Infrastrukturprojekte ist, das im finanziellen Rahmen bleibt.

Hötzendorfer: Im Zeitrahmen und im finanziellen Rahmen – und noch dazu als Sanierungsprojekt. Da hat man eigentlich immer dreimal so viele Probleme als bei einem Neubau.

Kuhn: Ich war ja in vielen Stadien mit einer ähnlichen Kapazität, aber das ist alles nicht so episch wie hier. Wenn die Tribüne voll ist und das Licht ausgeht, diese ganzen neuen Annehmlichkeiten, die eigentlich nur Multifunktionsarenen bieten. Ich glaube, wir könnten uns kein besseres altes, neues Stadion wünschen, was die ganze Historie und Tradition in sich vereint, aber trotzdem dieses Epische und diese Aufenthaltsqualität mit der Lage in der Stadt verbindet. Wenn man da reingeht und auf die grüne Wand schaut, dann kriege ich Gänsehaut. Wir können froh sein über so ein Stadion mit so einer Architektur, das ist einmalig.

Wie schaut es denn mit der geplanten Aufstockung für Logen aus?

Thaller: Dafür liegt die Baugenehmigung vor, wir dürften also jederzeit loslegen. Allerdings gibt es rechtlich noch einige Themen zu klären. Da sind wir dran. Mit dem Blick in die Zukunft wäre das ein enorm wichtiges Projekt mit immenser Bedeutung für uns. Ein Vergleich: Wäre Augsburg abgestiegen, dann hätten wir einen Mitbewerber, der 20 Logen und einen VIP-Raum für 700 Personen hat. Das sind Einnahmen, die wir uns nicht einfach mal aus den Ärmeln schütteln können. In Zukunft werden wir durch den Auf- und Abstieg noch mehr Gegner haben, die finanziell ganz anders ausgestattet sind.

Hötzendorfer: Es geht da aber nicht nur um die Logen, die sind 40 Prozent vom Gesamtbauwerk. Das für die Eissport-Entwicklung wichtigere Deck ist das oben drüber mit Platz für die „Starbulls Academy“. Das sind Flächen für Schulungen, Fitness, Athletik, Neuroathletik. Dazu sorgen wir für mehr Barrierefreiheit im Stadion. Da kommt ein Aufzug hin, wo man mit dem Rollstuhl auf alle Ebenen des Stadions gelangt. Es wird mehr Plätze für Rollstuhlfahrer geben. Wir sind stolz, dass wir möglicherweise solche Umbauten für die Stadt machen dürfen.

Und wann gibt es die zweite Eisfläche?

Thaller: Wir sind da immer im Austausch und werden auch nicht locker lassen. Es ist ein immens wichtiges Thema. Man muss ja nur schauen, wie groß die Nachfrage nach Eiszeit in Rosenheim ist. Das ist der Wahnsinn. Wir hätten mit einer zweiten Eisfläche sicherlich doppelt so viele Kinder im Nachwuchs, könnten eine Damenmannschaft machen, Eislaufkurse anbieten.

Hötzendorfer: Natürlich könnten wir als Starbulls mehr Eiszeit für unseren Nachwuchs brauchen. Aber: Auf welchem Rücken wird denn die fehlende zweite Eisfläche ausgetragen? Nicht auf dem der Starbulls. Wenn ich die vielen Hobbymannschaften anschaue. Ich spiele ja auch in einer, wir fahren zum Training nach Inzell, Miesbach, Kufstein oder Ebbs. Die Eiskunstläufer bräuchten nicht nur doppelt, sondern viermal so viel Eiszeit. Wenn wir vom Verein die Möglichkeit hätten, dann würde es bei uns eine Mädchen- und eine Frauenmannschaft geben. Wir haben auch Anfragen für eine Behindertenmannschaft, die wir sehr gerne gründen würden. Über Therapie-Eis, wo es in den USA tolle Ansätze gibt, haben wir noch gar nicht gesprochen. Es gibt die Eisstockschützen, den Schulsport, den öffentlichen Lauf, der immer sehr gut genutzt wird. Die eigentlichen Leidtragenden der fehlenden zweiten Eisfläche sind nicht die Starbulls!

Kuhn: Es geht um die Menschen, die dieses Stadion außerhalb unserer Spieltage besuchen, die hier faktisch ihr Zuhause, aber viel zu wenig Zeiten auf dem Eis haben. Und es geht um andere Gruppen, die nicht das Sprachrohr haben, wie wir es haben. Und da ist es unsere Aufgabe, dass wir das auch mal ansprechen, um für diese Gruppen auch Lösungen zu finden.

Eher als die zweite Eisfläche gibt es wohl eine Starbulls GmbH, oder?

Thaller: Ja, in welcher Form auch immer. Wir hatten das ja schon bei der letzten Mitgliederversammlung angekündigt und da auch freizeichnen lassen, dass wir diese Ausgliederung prüfen sollen. Das haben wir gemacht, von der Ausarbeitung her sind wir da in den letzten Zügen. Auch deshalb haben wir noch keinen Termin für die Mitgliederversammlung, die definitiv noch in diesem Jahr stattfinden wird. Da werden wir dann auch alles präsentieren und entsprechend darüber abstimmen lassen. Das wird für die Zukunft notwendig sein.

Hötzendorfer: Drei Dinge sind immer miteinander verbunden, wenn du so ein Projekt machst: Infrastruktur, Betriebswirtschaft und das Herz. Und das Herz hat immer der Verein! Dieses grün-weiße Blut liegt immer im e.V.. Dieses Herz muss man aber immer beschützen gegen diese ganzen Einflüsse platter Infrastruktur-Entwicklung und die betriebswirtschaftliche allgemeine Komponente. Um das zu bewahren, ist einfach eine andere Struktur notwendig.

Thaller: Unser Ziel wird bei der künftigen Struktur schon so sein, dass der Verein letztlich den Hut aufhaben soll. Aus dem Fußball kennt man das als „50 plus eins“-Regelung. In welcher Form das bei uns kommt, wird noch ausgearbeitet.

Inwieweit ist da der neue Geschäftsführer Christoph Sandner schon mit eingebunden?

Hötzendorfer: Er ist da schon mit involviert. Er bringt ja Erfahrungen aus Schwenningen und Nürnberg mit, die er da einbringen soll.

Gibt es denn schon einen Zeitrahmen dafür?

Hötzendorfer: Wir werden das auf der Mitgliederversammlung vorstellen, und wenn es dort genehmigt wird, dann geht das zur Umsetzung. Sinn macht ein entsprechend angepasstes Wirtschaftsjahr. Im Eishockey läuft das ja saisongleich vom 1. Mai bis zum 30. April. Wir haben das bei uns ja vor einigen Jahren umgestellt. Der 1. Mai nächsten Jahres wäre ein vernünftiges Datum.

Die personelle Erweiterung in der Organisation hat auch einen neuen Gastro-Leiter gebracht!

Kuhn: Die Position war ja durch die Übernahme der Gastro im Stadion entstanden. Es ist von Vorstandsseite immer gewünscht, dass jemand ins Team passt, aber auch die nötige Expertise mitbringt – und das ist uns mit Lukas Graf gelungen. Er nimmt sich den wichtigen Themen an, wie die Verbesserung der Abläufe, der Auseinandersetzung mit Produktpaletten und den Ausbau der Event-Angebote in der Lounge oder im Fan-Treff. Er ist ein Rosenheimer und wird das für den Fan merklich anpacken.

Stichwort Fan: Wie ist der Dauerkartenverkauf gelaufen?

Thaller: Wir sind damit sehr zufrieden und mit über 1850 ein gutes Stück über der letztjährigen Zahl. Ich gehe fest von einem neuen Vereinsrekord aus und schiele definitiv auf die 2000er-Marke.

Artikel 4 von 11