„Natürlich wollen wir Derbys gewinnen“

von Redaktion

INTERVIEW Die Starbulls-Führung über die Liga, Einbürgerungen und Nachwuchsarbeit

Rosenheim – Vor dem Saisonstart in der zweiten Deutschen Eishockey-Liga (DEL2) hat die OVB-Sportredaktion die Vorstände Marcus Thaller und Christian Hötzendorfer sowie Darwin Kuhn, Leiter Sponsoring, von den Starbulls Rosenheim getroffen. Im ersten Teil des exklusiven Gesprächs ging es um den Stadionumbau, die Aufstockung und die GmbH-Ausgliederung. Im zweiten Teil stehen der sportliche Ausblick und die Nachwuchsarbeit im Vordergrund.

Wie lautet das Saisonziel?

Hötzendorfer: Das Saisonziel ist Play-offs.

75 Punkte plus x?

Hötzendorfer: Ja, würde ich so sagen. Vor der Saison kann man natürlich nur über das berühmte Papier reden, aber ich denke, wir haben uns vom Papier her positiv verändern können. Wir haben ja einige neue Spieler und einen größeren Umbruch bewältigt. Mit einigen Spielern waren wir schon sehr früh in Kontakt und haben im Dezember die ersten angesprochen. Ich möchte auch noch anfügen: Wenn ich mir das Papier der anderen Clubs so anschaue, dann gibt es einige, die überraschend stark aufgestellt sind. Und dann gibt es ja grundsätzlich die ein oder andere Überraschung, bei der ich mir denke: Das wird spannend.

Sie sprechen vom Auftaktgegner Dresden und seiner gelungenen Einbürgerungswelle!

Hötzendorfer: Ja. Wobei da alles innerhalb des Regelwerks passiert. Und dann ist das Problem nicht irgendein Club, sondern das Regelwerk.

Was kann man ändern?

Kuhn: Ich habe da mal eine Idee gehört, die ich gar nicht so schlecht fand. Es kriegen alle diejenigen einen deutschen Pass, die technisch gesehen dann auch für die Nationalmannschaft spielberechtigt wären.

Hötzendorfer: All zu viele Möglichkeiten hat man nicht. Man darf nämlich eines nicht vergessen: Die Liga muss schon attraktiv bleiben. Du darfst nämlich kein zu großes Gefälle zur ersten Liga haben, die sich international schon einen Namen gemacht hat.

Ist diese Einbürgerungswelle Gift fürs deutsche Eishockey?

Thaller: Man muss jetzt mal schauen, welche Spieler da eingebürgert werden. Das sind ja zumeist Spieler über 25 Jahren. Die beschneiden zunächst einmal keine Kontingente von deutschen Nachwuchsspielern. Aufs gesamtdeutsche Eishockey wird es auf Nationalmannschaftsebene aktuell keine großen Konsequenzen geben. Aber es fehlt halt Identifikation nach unten. Du brauchst für die Nachwuchsspieler Identifikationsfiguren, zu denen sie aufschauen können. Das ist bei uns einer wie Maxi Vollmayer, und das geht wohl komplett verloren.

Hötzendorfer: Man muss es ja anders sehen: Warum kommen die Leute zu uns? Weil da auf unserem Aufstellungszettel fünf Eigengewächse stehen, dazu ein Maxi Vollmayer oder ein Dominik Kolb, die einfach hier zu uns passen. Das spüren die Leute. Dass wir Spieler haben, mit denen sich die Menschen identifizieren können. Dass wir auch authentisch vermitteln: Unser Nachwuchs ist unverhandelbar. Und wenn ich mir anschaue, dass bei uns so junge Burschen wie ein Sebastian Zwickl, ein Kilian Kühnhauser oder ein Patrik Mühlberger drin sind, dann ist für mich die Diskussion auch beendet. Dann brauche ich auch gar nicht nach Dresden schauen, weil mir das dann völlig wurscht ist. Die halten sich ans Regelwerk, das passt – und wir gehen unseren Weg.

Tut es dann nicht weh, wenn aus dem Nachwuchs Spieler weggehen?

Thaller: Nein. Wenn es Spieler in die DEL2 oder gar in die DEL schaffen, sogar in die Oberliga, wo die Qualität immer mehr steigt, dann haben wir unseren Auftrag als Verein ganz klar erfüllt. Egal, ob er es bei uns schafft oder nicht. Aber wir haben ihm das Rüstzeug an die Hand gegeben.

Provokativ gefragt: Beim Meister Regensburg spielen fast so viele Akteure aus dem Rosenheimer Nachwuchs wie bei den Starbulls. Läuft da nicht etwas verkehrt?

Hötzendorfer: Nein, ganz im Gegenteil. Die Gründe junger Spieler, von einem Verein wegzugehen, sind sehr mannigfaltig. Das ist so individuell. Da hat einer ein Berufsthema, ein Ausbildungsthema, das Thema Studium, ein Familienproblem. Da gibt es welche, die kann man einfach nicht halten. Und man darf sich da kein echtes Urteil erlauben, wenn man die Hintergründe nicht kennt.

Thaller: Im Nachwuchs gehören wir zu den Top-Acht oder Top-Zehn in ganz Deutschland. Aber: Wir müssen uns auch ehrlich eingestehen, dass die sportliche Perspektive bei uns zwei, drei Jahre mit dem Ziel des Aufstiegs nur bedingt vorhanden war. Es gibt aber auch andere Beispiele: Mit Tobi Beck haben wir den Weg vor drei Jahren besprochen und der ist jetzt genau so aufgegangen.

Hötzendorfer: Kilian Kühnhauser ist ein sensationelles Beispiel für Jugendentwicklung. Jari Pasanen vergleicht das immer mit einer Ketchupflasche, die man umdreht und draufdrückt – und es kommt nix. Und irgendwann drückst du drauf und es spritzt die halbe Flasche auf einmal. Beim Kilian war es so, dass der in den sechs, sieben Spielen vor Saisonende so richtig da war. Die athletischen Anforderungen an einen modernen Eishockeyspieler sind heutzutage unfassbar. Ein jeder aus unserer Kabine könnte vom athletischen Standpunkt aus dem Stand raus einen Ironman-Triathlon bestreiten. Und eines muss ich noch loswerden!

Bitteschön!

Hötzendorfer: Ich habe jetzt die Kader der anderen DEL2-Clubs nicht darauf durchgeschaut, aber wie viele U21-Spieler sind denn wirklich eingesetzt? Da behaupte ich, dass wir mit unseren drei (Kilian Kühnhauser, Sebastian Zwickl und Patrik Mühlberger, d. Red.) richtig weit vorne sind. Wer hat denn das in der DEL2?

Die DEL2 wird von Jahr zu Jahr stärker und Rosenheim hat die Ambitionen, irgendwann nach oben zu schauen. Rentiert sich da noch Nachwuchsarbeit?

Hötzendorfer: Unter monetären Gesichtspunkten sicher nicht.

Thaller: Auf den ersten Blick nicht, andererseits bist du da wieder beim wichtigen Punkt Identifikation – für die Zuschauer, für die Sponsoren. Das ist der Kreislauf, den man finanziell nicht messen kann. Aber er ist Teil der Geschichte.

Hötzendorfer: Wenn man einen Vollmayer, Laub oder Kühnhauser beim Bäcker trifft, dann ist das ein Thema. Unsere Jungs sind da halt geerdet.

Wenn man sich mal das Training bei den Jüngsten anschaut: Da stehen ein Ex-Nationalspieler Rick Boehm, ein ehemaliger Bundestrainer Tom Schädler und ein Ruhmeshallenspieler Martin Reichel auf dem Eis. Das ist beeindruckend!

Hötzendorfer: Dem ist nichts hinzuzufügen.

Thaller: Und wir haben bei den Junioren einen österreichischen Rekordnationalspieler und mit Bobo Kühnhauser einen ehemaligen Nationalspieler.

Hötzendorfer: Das ist es ja, was Rosenheim ausmacht. Wir sind da auch so eine Wagenburg.

Kuhn: Wir können uns ja auch nur selbst helfen. Wir haben eine wahnsinnige Expertise mit vielen ehemaligen Spielern, die uns da unter die Arme greifen. Der Standort hat ja wieder einen sehr guten Namen und da kann sich viel entwickeln.

Hötzendorfer: Wir versuchen da auch viele Dinge, wollen auch den Eiskunstlauf bei uns im Nachwuchs integrieren. Wenn wir die Eiszeiten hätten, dann wäre da einmal pro Woche verpflichtend Eiskunstlauftraining für die jungen Eishockeyspieler.

Der ältere Nachwuchs war wieder in Skandinavien. Was nimmt man da mit?

Kuhn: Ich finde es genial, wenn man als Mannschaft mal rauskommt und gemeinsam so eine Reise unternimmt. Ich war letztes Jahr in Finnland dabei und habe mannigfaltige Dinge mitgenommen. Dort ist Eishockey Volkssport, die leben das. Die haben im Großraum Helsinki 230000 Kinder im Eissport, das ist unfassbar. Und dann kommt noch dazu, sich sportlich zu messen. Da wirst du dann auch ganz schön eingenordet. Das ist auch super für die Entwicklung.

Hötzendorfer: 99 Prozent der Kinder, die auf diesem Auslandstrip sind, werden kein Profi-Eishockeyspieler. Das heißt: Diese Reise ist nicht nur dafür da, um sportlich weiterzukommen. Diese Reise bildet dich auch für dein Leben. Da gibt es während der Tage auch viele Team-Challenges. Auf solchen Reisen nimmt man für die Entwicklung ganz viel mit.

Was ist das Ziel für die DNL-Mannschaft?

Hötzendorfer: Die Zielsetzung ist mitspielen. Wir wollen uns mit den vorderen acht Teams messen und die Abstiegsrunde vermeiden. Gerhard Unterluggauer hat heuer eine echte Herausforderung, eine dünne Truppe und einen jungen Kader. Ich muss aber noch einmal sagen: Was unter der Leitung vom Gerhard mit Rene Wild, Rick Boehm und Martin Reichel in den letzten Jahren auf die Füße gestellt worden ist, das ist komplett sensationell.

Zurück zur DEL2: Die Liga hat noch einmal zugelegt!

Hötzendorfer: Das ist so. Ich erwarte mir eine ganz starke erste Gruppe. Und es wird wieder eine knüppelharte Angelegenheit im Kampf um die wenigen Playoff-Plätze.

Zusammengefasst: Die Starbulls-Mannschaft ist auf dem Papier stärker, die Liga allerdings auch!

Hötzendorfer: Es gilt jetzt herauszufinden, ob wir in Relation stärker geworden sind, als die Liga stärker geworden ist.

Was wird entscheiden?

Hötzendorfer: Wir spielen einen Tick offensiver als letztes Jahr. Entscheidend wird, wie stringent die Jungs das umsetzen, was die Trainer mit ihnen spielen wollen. Konditionell und athletisch sind unsere Jungs gut. Ein ganz großes Ausrufezeichen ist beim Torhüter: Ich glaube, wir haben da mit Oskar Autio einen, der zu den Top-Vier in der Liga gehören kann. Er ist für viele Spiele gebucht und muss zeigen, dass er dieses Pensum auch bewältigen kann. Ich habe da aber keine Zweifel. Wir haben mit Mika Tarvainen einen der besten Torwarttrainer der Welt verpflichten können und sind auch hier bestens aufgestellt, weil Luca Endres die jungen Torhüter besser macht.

Was muss passieren, damit die Saison gut gelaufen ist?

Hötzendorfer: Die Saison ist dann gut gelaufen, wenn wir Play-offs spielen. Das erste Ziel sind die Play-offs, das zweite die jungen Burschen zu integrieren. Und damit meine ich, dass sie wirklich mitspielen.

Und dann gibt es da noch eine Sache: die Derbys gegen Landshut!

Hötzendorfer: Ich habe mir fast schon gedacht, dass da noch etwas kommt! Ich bin wahnsinnig stolz auf unsere Truppe, wenn diese die Derbys gegen Landshut gewinnt, weil Landshut heuer echt eine Herausforderung für die Liga ist. Die sind eine echte Marke! Aber wir wollen natürlich Derbys gewinnen, vor allem die vor heimischer Kulisse.

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