Bergen – Die 50. Ausgabe des deutschen Berglaufklassikers hätte auch dem 2021 verstorbenen „Vater des Hochfellnberglaufs“, Georg „Bibi“ Anfang, gefallen: Es gab 307 Meldungen, tolle Leistungen der Spitzenathleten und Hobbyläufer, von denen 253 ins Ziel kamen, und zur Feier des Tages strahlte dann auch noch die warme Sonne mit den Zuschauern um die Wette. Die Athleten hatten für das Panorama zunächst keinen Blick. Vielmehr mussten sie nach 8,9 Kilometern und rund 1070 Höhenmetern am steilen Schlussanstieg hinauf zum Hochfellnhaus die letzten Reserven mobilisieren. Der Jubel und der Applaus trugen sie ins Ziel.
Ihre Premierensiege am Hochfelln holten sich die junge Deutsche Julia Ehrle (LG Farbtex Nordschwarzwald) und der Slowene Timotej Becan (Team Slovenia). Exakt 46:03 Minuten nach dem Startschuss an der Talstation der Hochfellnseilbahn erreichte Becan als Erster das Ziel. Die rhythmischen Samba-Reggae-Klänge der Trommlergruppe „Vem Comigo“, die schon unten im Tal bei recht kühlen Temperaturen ordentlich eingeheizt hatte, schienen ihn am Südhang zusätzlich zu beflügeln. 2022 war der 28-jährige großgewachsene Slowene bereits einmal als Zweiter und 2019 als Dritter auf dem Podest gestanden – und nun klappte es endlich mit dem ersehnten Sieg. Er nutzte, wenn man so will, die Gunst der Stunde, denn der starke kanadische Vorjahressieger Remi Leroux hatte krankheitsbedingt abgesagt und die Mitfavoriten Manuel Innerhofer (Sieger von 2022) aus Österreich und Dawit Filimon aus Eritrea waren überraschend nicht erschienen. Nach etwa 15 Minuten Rennzeit habe er das Tempo verschärft und seine ärgsten Konkurrenten erfolgreich abschütteln können, erzählte Becan am Rande der Flower Ceremony. Am Ende kamen ihm die beiden jungen ambitionierten Deutschen David Reichl (xc-run.de/Männer M20/ 46:47 Minuten) und Lukas Tannheimer (Deutscher Skiverband/Männliche Jugend/ 47:05 Minuten) noch am nächsten. „Ich wollte ein, zwei Minuten schneller laufen als im Vorjahr und in die Top Ten kommen, aber dass es gleich so weit nach vorne geht, hätte ich nicht gedacht“, freute sich der 2001 geborene Reichl. Auch das deutsche Biathlon-Talent Tannheimer, dessen Schwester Julia der Damen-Weltcupmannschaft angehört, schien mit seinem dritten Platz mehr als zufrieden zu sein. Die Plätze vier bis sechs gingen bei den Herren an den Italiener Samuel Demetz, den Deutschen Maximilian Zeus und den italienischen Sieger von 2017, Antonio Toninelli. Hinter dem siebtplatzierten Deutschen Dominik Notz platzierte sich dessen Landsmann Florian Schmid (Lauffeuer Chiemgau), der sich mit einer Laufzeit von 48:04 Minuten die Inn-Chiemgau-Wertung sicherte. Bei den Damen gelang dies Karin Hahn (Chiemgau-Endurance). Der Streckenrekord des achtfachen Champions und sechsfachen Weltmeisters Jonathan Wyatt aus Neuseeland – er benötigte 2002 nur 40:34,9 Minuten – war nie in Gefahr. Zum Jubiläum ging der 51-Jährige anders als früher ganz entspannt an den Start und benötigte 57:57 Minuten.
Bei den Damen hatten fast alle Experten mit dem 13. Sieg der „Dauerbrennerin“ Andrea Mayr aus Österreich gerechnet, doch es sollte anders kommen. Nicht die neunfache Weltmeisterin (siebenmal im Berglauf und zweimal im Skibergsteigen) und zweifache Olympia-Teilnehmerin im Marathon stand am Ende ganz oben auf dem Podium, sondern die erst 17-jährige Deutsche Julia Ehrle. Mit einer Siegerzeit von 51:09 Minuten verwies die frischgebackene U20-Berglauf-Europameisterin Mayr (51:23 Minuten) und die Äthiopierin Sintayehu Kibebo (55:26 Minuten) auf die Plätze. Nachdem sie lange Zeit knapp hinter Mayr gelaufen sei, habe sie im abschließenden Steilhang die Führung übernommen und dann noch mal alles gegeben, berichtete Ehrle bei der Flower Ceremony. „Es freut mich riesig, dass ich so eine Topläuferin schlagen konnte.“ Im kommenden Jahr hoffe sie, ihren Titel erfolgreich verteidigen zu können. Dann muss sie sich womöglich nicht nur mit der Rekordsiegerin (zwölf Siege) und Streckenrekordhalterin (47:28 Minuten) Mayr messen, sondern auch mit der deutschen Vorjahressiegerin Nina Engelhard, die heuer verletzt absagen musste. Engelhard gewann 2023 rund zwei Minuten schneller als Ehrle. Wie Mayr verriet, habe sie nach ihrer sehr erfolgreichen Saison 2023 zu Beginn dieses Jahres mit den Folgen einer Herzmuskelentzündung zu kämpfen gehabt und zwei Monate gar nicht trainieren können. An ein Karriereende denkt die bald 45-Jährige aber noch nicht. Die Plätze vier bis sechs belegten in der Damen-Gesamtwertung die Deutschen Juliane Rössler, Sarah Kistner und Laura Hampel. Hinter der Kanadierin Adel Blaise-Sohnius belegte die Siegerin der Inn-Chiemgau-Wertung, Karin Hahn, den achten Platz.
Mehrere ehemalige Sieger hatten sich zum großen Jubiläum eingefunden. Einige von ihnen erzählten beim geselligen Willkommensabend nette Erlebnisse und lustige Anekdoten von damals und schwelgten in Erinnerungen. Zudem wurden viele Bilder aus 50 Jahren Berglaufgeschichte am Hochfelln gezeigt. Die Ergebnisse:
Gesamtwertung, Herren: 1. Timotej Becan (Slowenien) 46:03 Minuten, 2. David Reichl (xc-run.de) 46:47, 3. Lukas Tannheimer (Deutscher Skiverband) 47:05, 4. Samuel Demetz (Italien) 47:08, 5. Maximilian Zeus (LG Telis Finanz Regensburg) 47:10, 6. Antonio Toninelli (Italien) 47:25, 7. Dominik Notz (LAG Stadtwerke Tübingen) 47:34, 8. Florian Schmid (Lauffeuer Chiemgau) 48:04.
Damen: 1. Julia Ehrle (LG Farbtex Nordschwarzwald) 51:09, 2. Andrea Mayr (Österreich) 51:23, 3. Sintayehu Kibebo (Äthiopien) 55:26, 4. Juliane Rössler (TG Viktoria Augsburg) 55:42, 5. Sarah Kistner (Salomon Running Tea) 55:52, 6. Laura Hampel (BLC, Salomon) 56:47, 7. Adel Blaise-Sohnius (LAZ Rhein-Sieg/Kanada) 57:41, 8. Karin Hahn (Chiemgau Endurance) 1:00:41 Stunden.
Inn-Chiemgau-Wertung, Herren: 1. Florian Schmid (Lauffeuer Chiemgau) 48:04 Minuten, 2. Anian Rottmüller (PTSV Rosenheim) 50:40, 3. Marinus Enzinger (Verein Parlante) 51:17, 4. Florian Prambs (TSV Palling/Pöllner Sports) 51:31, 5. Raimund Reindl (SC Bergen) 52:24.
Damen: 1. Karin Hahn (Chiemgau Endurance) 1:00:41 Stunden, 2. Renate Forstner (TSV 1860 Rosenheim) 1:05:46, 3. Tatiana Mitkina (TSV Bergen Trailrunning) 1:06:01, 4. Katharina Pickl (SC Anger) 1:06:39, 5. Laura Stocker (SC Ainring) 1:11:13.