Das Nicht-Spiel der Woche

von Redaktion

Training statt Inn/Salzach-Duell: Spielabsage in der Landesliga erhitzt die Gemüter

Rosenheim – Der Platz war aufgekreidet, die Spieler bereits zum Umziehen in den Kabinen – und auch die ersten Zuschauer hatten schon die Eingangstore passiert. Es war alles gerichtet zum Inn/Salzach-Duell in der Fußball-Landesliga Südost zwischen dem TSV 1860 Rosenheim und dem SB Chiemgau Traunstein. Einer spielte aber nicht mit: der Schiedsrichter. Tobias Küblböck aus Untergriesbach sagte die Partie nach der Platzbesichtigung ab – ein Spielausfall, der für Kopfschütteln sorgte.

„Ich bin um 17.45 Uhr zurück ins Stadion gekommen und habe die Schiedsrichter auf dem Platz gesehen. Da hatte ich erstmals mit ihnen Kontakt“, erzählt 1860-Trainer Wolfgang Schellenberg. Das Schiedsrichter-Gespann hätte da erklärt, dass es sich noch einmal beraten wolle. „Das hat sich dann eine halbe Stunde lang hingezogen“, so Schellenberg weiter. Der Grund für die Beratungen und die Absage: „Der Schiedsrichter hat bestimmte Stellen moniert, die seiner Meinung nach verletzungsgefährdend waren“, so Schellenberg. Für den Referee sei der Platz deshalb nicht bespielbar gewesen.

„Der Rasen war einwandfrei in Ordnung“, stellt Hans Fingernagel, Technischer Koordinator bei den Sechziger-Fußballern heraus. Und auch Rosenheims Trainer erklärte: „Zu 95 Prozent war der Platz einwandfrei bespielbar“. Fingernagel bekennt: „Es sind drei, vier Stellen gewesen, die man beanstanden konnte. Aber das waren auch keine Löcher im Rasen, sondern einfach weichere Stellen.“ Auch OVB-Sportchef Hans-Jürgen Ziegler hatte eine Platzbesichtigung unternommen. Ziegler kennt die Verhältnisse bestens, hat er doch viele Jahre als Aktiver in der dritt- und vierthöchsten Spielklasse bei den Sechzigern verbracht. Sein Urteil: „Deshalb ein Spiel abzusagen ist ein Wahnsinn. Natürlich war der Boden an diesen Stellen weich, aber ansonsten war der Platz in einem Top-Zustand.“

Und so machte sich ob der Entscheidung des Unparteiischen viel Unmut breit: „Dass diese Stellen problematisch sind, steht außer Frage. Aber ich bin der Meinung, dass man spielen kann“, sagt Schellenberg. Für Fingernagel kam die Absage „völlig unverständlich. Die Spieler wollten unbedingt spielen“, erklärte der Rosenheimer Funktionär. 1860-Kapitän Kenan Smajlovic, früher auch für Traunstein aktiv, sei sogar noch beim Schiedsrichter vorstellig geworden und habe dies bekräftigt. „Sehr überraschend“ sei diese Absage gewesen, meinte SBC-Coach Slaven Jokic, „der Platz war an zwei, drei Stellen ein bisschen matschig, sonst aber in Ordnung“. Vor einigen Wochen in Schwaig hätte man unter wesentlich schwierigeren Platzverhältnissen das Punktspiel ausgetragen, merkte Jokic an.

Und auch Traunsteins Pressesprecher Peter Mallmann, der während des ganzen Prozederes auch telefonisch mit Landesliga-Spielleiterin Simone Petzke Kontakt hielt, sagt: „Das ist ein Spiel, dass du klar spielen musst, „ich habe für diese Absage kein Verständnis.“ Mallmann, auch Liga-Sprecher der Vereine in der Landesliga Südost, geht sogar noch weiter: „Wir überlegen, ob wir uns nicht die Reisekosten vom Bayerischen Fußball-Verband erstatten lassen. Das Spiel ist schließlich völlig unsinnig abgesagt worden.“

Zumal Mallmann auch schon in die Zukunft blickt. „So eine Absage bringt doch die Vereine in die Bredouille. Rosenheim hat eine englische Woche mehr, wir dann auch.“ Und ob am 5. November – das ist nun der Nachholtermin, auf den sich beide Vereine geeinigt haben – die Platzverhältnisse besser sind als an diesem durchaus schönen Oktober-Abend, ist mehr als fraglich… Für die Rosenheimer steht übrigens am Dienstagabend das Nachholspiel gegen Unterföhring auf dem Plan – auch das hatte der Schiedsrichter abgesagt. „Damals nachvollziehbar, weil es davor heftig geregnet hatte“, sagt Fingernagel, „diesmal war es aber völlig unvorhergesehen. Wenn du an diesem Abend auf diesem Platz nicht spielst, dann kannst du bayernweit bis April nicht mehr spielen.“ Mallmann sieht die leichtfertige Absage übrigens auch noch in einem anderen Kontext: „Wenn man mal schaut, was für ein Theater gemacht wird, wenn Vereine ein Spiel absagen wollen… Und da geht das dann auf einmal ganz einfach, obwohl beide Mannschaften spielen wollten!“

Die Kugel rollte im „Beck und Frauendienst-Stadion“, das gerne eine andere Premiere erfahren hätte, aber doch noch. Beide Mannschaften hielten auf dem Rasen eine Trainingseinheit ab. „Wir haben den Traunsteinern dann angeboten, dass sie da auch was machen können“, sagt Schellenberg, „das ist Kollegialität und Respekt dem Verein gegenüber. Das gehört sich für mich – egal, wie groß die sportliche Rivalität ist.“ Eines war aber klar, wie Schellenberg erklärte: „Wir haben die angesprochenen Stellen beim Training natürlich ausgelassen.“

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