„Ich liebe den Wettkampf“

von Redaktion

Interview Ravens-Safety Gürntke verbringt die ELF-Offseason in der Fußball-Kreisliga

Rosenheim – Der zweimalige Superbowl-Sieger Deion Sanders bezeichnete Baseball einst als seine „gute Freundin“, den Football aber als seine „wahre Liebe“. Auch der Rosenheimer American-Football-Spieler Jonas Gürntke kann es einfach nicht bei einer Ballsportart belassen. Kaum ist die Saison in der European League of Football (ELF) vorbei, steht der Defensive Back der Munich Ravens schon wieder auf dem Platz. Doch es geht nicht um ein braunes Ei, sondern um Deutschlands Volkssport Nummer eins.

Bei seinem Heimatverein, dem SV Tattenhausen, gab Gürntke jüngst sein Debüt in der Fußball-Kreisliga und verzeichnete bisher zwei Tore in sechs Spielen. Die OVB-Sportredaktion hat mit dem 24-Jährigen über seine zweite Saison in Europas bester Football-Liga und seinen Ausflug in den Amateurfußball der Region gesprochen.

Jetzt haben Sie Ihre zweite Saison in der ELF hinter sich. War es eine Steigerung zur ersten?

Das ist schwierig zu sagen. Wir haben jetzt unsere Evaluationsgespräche mit den ganzen Coaches und unserem Sportdirektor hinter uns. Am Anfang der Saison war ich ja verletzt. Erst habe ich mir im linken Oberschenkel einen Muskelfaserriss geholt und dann im rechten. Wenn man den Großteil der Vorbereitung verpasst, dann muss man sich erst mal hinten anstellen. Deshalb habe ich am Anfang viel Special Teams gespielt und war nur Backup.

Im Nürnberger Max-Morlock-Stadion haben Sie dann gegen Stuttgart Surge Ihre Chance bekommen.

Im Nürnberg-Spiel wurde ich Mitte der ersten Hälfte eingewechselt und habe kurz vor der Halbzeit noch eine Interception gefangen (Anm. d. Red. ein abgefangener Ball). Dann haben die Trainer auch gemerkt: Hey, den müssen wir spielen lassen. Ab da ging es eigentlich immer weiter bergauf, ich habe mich gut entwickelt und habe gemerkt, dass ich jetzt langsam dahin komme, wo ich hin will. In den letzten zwei, drei Spielen, war ich dann wieder in der Startaufstellung und auch im Play-off-Spiel in der Startaufstellung. Also, es war dann am Schluss echt eine krasse Steigerung für mich persönlich, aber auch fürs Team.

Bleiben wir gleich beim Nürnberg-Spiel. Das war das Spiel mit den meisten Zuschauern.

Am Ende waren es, glaube ich, 10000 oder 11000. Für mich war es sowieso ein geiles Spiel, weil ich da meine Chance nutzen konnte. Und da vor so vielen Leuten so eine Aktion zu haben, ist natürlich geil.

Am Ende haben es die Ravens in die Play-offs geschafft. Im letzten Hauptrundenspiel gegen die Innsbruck Raiders war aber noch mal Nervenkitzel angesagt, oder?

Genau, eigentlich war es wie ein Play-off-Spiel: Wenn Innsbruck gewinnt, ist Innsbruck weiter, wenn sie verlieren, sind sie raus. Und wir waren eigentlich schon drin, nur bei uns war es halt: Gewinnen wir, sind wir auf dem fünften Platz und spielen gegen Paris, verlieren wir, sind wir auf dem achten Platz und spielen gegen Rhein Fire (Anm. d. Red. amtierender ELF-Champion aus Düsseldorf). Das Heimspiel gegen Innsbruck war das beste, das wir bis jetzt hatten. Die hatten ja keine Chance gegen uns. Es hat stark geregnet und es war total matschig. Und da haben halt viele Innsbrucker den Rasen als Ausrede hergenommen, aber im Endeffekt spielst du auf dem gleichen Platz. Deswegen können sie sich so viel rausreden, wie sie wollen.

Dann ging es nach Paris. Das war auch ein verrücktes Spiel oder?

Paris war eigentlich genauso knapp. Ich glaube, es gab insgesamt zehn Führungswechsel in diesem Spiel. Man muss denen auch Respekt zollen, sie haben es am Ende einfach stark gemacht. Es waren noch fünf oder sechs Minuten auf der Uhr und Paris hat die Zeit in einem Drive (Anm. d. Red, eine Serie von Offensiv-Spielzügen) herunterlaufen lassen und am Ende gegen uns gescored. Schade war es halt, weil ich glaube, dass Paris da sein Spiel der Saison gemacht hat. Die Woche drauf haben sie gegen Wien auf die Fresse bekommen. Wir hätten uns da schon besser verkauft, aber so ist es halt. In den Play-offs muss jedes Spiel das beste sein.

Wie groß war die Enttäuschung nach dem Ausscheiden?

Ich habe schon ein paar Tage gebraucht, um das Ganze zu verarbeiten, auch dass die Saison jetzt vorbei ist. Das ist schon eine enorme Umstellung. Von sechs Tagen die Woche Football mit einem Schlag auf null. Aber ja, die Enttäuschung war auf jeden Fall riesig, weil wir das Gefühl hatten, dass wir zum Ende der Saison dahin gekommen sind, wo wir hin wollten, also den Football gespielt haben, den wir spielen wollten. Und wenn es dann auf einmal vorbei ist, denkst du: Eigentlich waren wir noch nicht am Ende. Ich sehe es aber als Motivation. Für mich ist es Motivation genug, dass wir sagen: Hey, wir wollen noch mal dahin, wo wir waren, wir wollen daran anknüpfen.

Jetzt ist erst mal Winterpause, aber Sie stehen trotzdem auf dem Platz.

Ja, ich weiß auch nicht, irgendwie komme ich nicht weg vom Fußball. Ich wurde gefragt, weil Not am Mann war, ob ich nicht bei der ersten Mannschaft aushelfen kann, die jetzt in der Kreisliga spielt. Ja, warum nicht, gell? Ich hab Bock, zurzeit ist kein Football und jetzt spiele ich in der Kreisliga. Für mich ist es tatsächlich mehr Ausdauertraining. Beim Football dauert ein Spielzug im Durchschnitt sechs Sekunden, dann hast du wieder zehn bis 15 Sekunden Pause, dann sitzt du mal wieder drei, vier Minuten auf der Bank. Beim Fußball ist man 90 Minuten am Laufen. Da musst du dich erst mal dran gewöhnen. Es macht einfach Spaß, mit den Freunden in der Kreisliga zu spielen. Und ich liebe den Wettkampf. Das macht einfach mehr Spaß, als alleine auf dem Sportplatz Laufübungen zu machen.

Im ersten Spiel haben Sie sich gleich eine Zeitstrafe eingehandelt. Haben Sie sich in der Sportart vertan?

Das war gegen Reichertsheim. Ich glaube, da habe ich ein bisschen gescherzt und gesagt, das war mein Football-Reflex. Es war ein bisschen zu hart, weil ich noch nicht gewusst habe, welchen Sport ich da spiele. Da musste ich mich noch ein bisschen finden, aber ich glaube, jetzt bin ich schon ein bisschen in diesem Fußballer-Ding drin, dass man sich fallen lässt und nicht zu hart in den Mann reingeht. Es war ein ungestümes Foul. Ich denke, eine Gelbe Karte hätte auch gereicht. Es macht auf jeden Fall Spaß. Jetzt habe ich auch mein erstes Tor gemacht, also es bockt schon.

Auf welcher Position spielen Sie?

Stürmer. Ich werde ziemlich oft wegen meiner Schnelligkeit einfach nur lang geschickt und versuche dann, alle Bälle irgendwie abzulaufen. Manchmal funktioniert es, manchmal nicht so gut. In Amerika ist es ja normal, da gibt es häufiger Football-Spieler, die noch eine andere Sportart machen. Basketball, Baseball oder so. Während der Football-Saison würde ich auch nicht nebenher Fußball spielen, aber solange ich in der Offseason (Anm. d. Red., spielfreie Zeit zwischen den Saisons) bin, finde ich das eigentlich ganz normal. Football steht für mich aber immer noch an erster Stelle.

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