Rosenheim – Eine Pause von zwei Wochen mitten in der Eishockey-Saison ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits kann man als Spieler Verletzungen auskurieren oder auch nur mal „durchschnaufen“ und als Mannschaft taktische Varianten oder Einzelaspekte wie Powerplay oder Ähnliches verfeinern. Andererseits kann man aber auch ein wenig aus dem Rhythmus kommen, besonders wenn die Pause, wie bei den Starbulls Rosenheim wegen der Verlegung des Ravensburg-Spieles, noch zwei Tage länger dauert, als bei den Gegnern. Und steht dazu noch eine längere Auswärtsfahrt wie die nach Bad Nauheim an, ist die Gefahr, an den oft zitierten „Busbeinen“ zu leiden, groß.
Nicht so an diesem Wochenende! Anders als in Crimmitschau, wo die Starbulls schon nach gut elf Minuten mit 0:3 im Rückstand lagen, waren sie in Bad Nauheim vom Anpfiff an hellwach, was sich auch am bisher frühesten Saisontor bewies, als Travis Ewanyk nach 112 Sekunden das erste Powerplay nutzte. Noch kein Starbulls-Spieler hatte in dieser Saison vor der fünften Spielminute getroffen, der schnellste war Lukas Laub im Heimspiel gegen Crimmitschau nach 4:31 Minuten.
Zwar gab es zwischendurch Rückschläge durch zwei Überzahltore des Gegners und ein weiteres bei nummerischem Gleichstand, aber dann bewiesen Fabjon Kuqi und Lukas Laub wieder Biss und egalisierten den Rückstand mit einem Doppelschlag binnen 58 Sekunden, dem zweitschnellsten der laufenden Saison. Dabei blieb es die restlichen 27 Spielminuten, sodass die Bühne bereitet war für die Rosenheimer Penalty-Helden Oskar Autio und C.J. Stretch. Bereits zum dritten Mal vereitelte der finnische Goalie drei gegnerische Penalties, während Stretch seinen vierten von fünf Versuchen in bisher vier Shootouts verwandeln konnte, von denen drei auch den Zusatzpunkt für die Starbulls brachten.
Die Mehrzahl der Treffer fiel diesmal zu statistisch unüblichen Zeiten. Die 33. und die 36. Minute brachte die Nauheimer 3:1-Führung, eine Phase, in der es sonst fast nur Rosenheimer Tore gibt. 7:1 lautete die Starbulls-Bilanz in dieser Vier-Minuten-Spanne. Umgekehrt ließen die Starbulls in der 38. und 39. Minute den erwähnten Doppelschlag zum Ausgleich folgen, obwohl sie in allen Spielen zuvor in den letzten vier Minuten des Mittelabschnitts nur einen einzigen Treffer geschossen, aber deren fünf zugelassen hatten.
Überhaupt gibt es gravierende Unterschiede zwischen den Anfangs- und den anderen beiden Dritteln. Während die Mannschaft von Trainer Jari Pasanen in den letzten fünf Partien kein einziges Anfangsdrittel gewinnen konnten, erwiesen sie sich in den Mittel- und Schlussabschnitten zuletzt fast als unschlagbar. Kein einziges der letzten zwölf Mittel- und zehn Schlussdrittel ging an den Gegner – und die Torbilanz in diesem Zeitraum lautet 25:9 zugunsten Rosenheims!
Erfreulich und für die Nervenstärke bezeichnend ist auch, dass es den Starbulls schon zum zweiten Mal gelang, ein Spiel zu gewinnen, in dem sie zwischendurch mit zwei Treffern hinten gelegen hatten. Wenn die Starbulls nach 40 Minuten führen, gewinnen sie auch das Spiel, das war bisher sechsmal der Fall. Steht es zur zweiten Pause remis, gibt es für Rosenheim keine volle Punktzahl, während Stretch und Co. von vier Spielen, in denen sie vor dem Schlussdrittel zurücklagen, zwei gewannen, nämlich die beiden Heimspiele gegen Weiden und Kassel.
Am Freitag kamen die Starbulls übrigens zu einer ganz besonderen Erfahrung, nämlich ohne selbst zu spielen, einen Platz nach oben zu rücken – zumindest, wenn man die zurzeit ziemlich unbalancierte Tabelle unter dem Gesichtspunkt „Punkte pro Spiel“ betrachtet. Da sich die einen Punkt besser platzierten Kaufbeurer durch ihre Heimniederlage gegen Landshut im Punkteschnitt verschlechterten, war Rosenheim auf einmal Sechster, Kaufbeuren Siebter, auch weil die Verfolger Freiburg und Weißwasser nicht die vollen drei Punkte holten, um an den Starbulls vorbeizuziehen. Nach dem Verlust des einen Punktes in Bad Nauheim rutschten die Starbulls auf den siebten Rang bei den „Punkten pro Spiel“, während sie in der offiziellen „linearen“ Tabelle den sechsten Rang belegen.