Rosenheim – Das Chiemgauer MaxSolar Cycling Team hat das erste Jahr im Rad-Rennbetrieb hinter sich und dabei bereits für die ein oder andere Überraschung gesorgt. Lennart Jasch schaffte den Sprung in den U23-Kader von Red Bull Bora-Hansgrohe und verwirklichte bereits nach dem ersten Jahr die Vision von Teamchef Heinz Kargl, ambitionierte Talente in den Profibereich zu befördern.
Mit einem größtenteils neuen Team wollen die Chiemgauer 2025 in ihre zweite Saison starten. Die OVB-Sportredaktion hat Kargl zusammen mit dem Neuzugang Raphael Kokas und Lauric Schwitzgebel, der in seine zweite Saison geht, zum Interview getroffen.
Herr Schwitzgebel, Sie gehen mit dem Team in ihr zweites Jahr. Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Lauric Schwitzgebel: Ich habe das erste Jahr sehr gut abgeschlossen. Bin da bei den internationalen Rennen auch gut mitgefahren, und jetzt möchte ich nächstes Jahr daran anknüpfen und vielleicht noch ein bisschen weiter vorne landen. Von den Rennen her sind wieder die deutsche U23-Meisterschaft und Eschborn-Frankfurt die großen Ziele in der ersten Saisonhälfte für mich persönlich.
Frankfurt-Eschborn ist ja fast ein Heimspiel für Sie!
Schwitzgebel: Genau, ja. Die Strecken kann ich im Training fahren, und es ist auch wirklich ein geiles Rennen. Richtig viele Zuschauer am Streckenrand mit dem Profi-Rennen noch nebenan. Der Kurs liegt mir und von dem her ist es, würde ich schon sagen, mein Lieblingsrennen.
Jetzt ist erst einmal Winter. Die Saison geht erst später los. Wie sieht die Vorbereitung aus?
Heinz Kargl: Es gibt zum einen die Trainings-Wochenenden, wo wir uns treffen. Zum anderen haben wir auch die Leistungstests, damit wir sehen, mit welchen Werten die Jungs fahren müssen im Training. Der eine oder andere wird zudem entweder mit dem österreichischen oder dem deutschen Nationalteam im Trainingslager sein. Die anderen sind auf privater Basis im Winter mal auf Mallorca. Und dann geht es eigentlich nochmals zu einem Teamtreffen, und Ende Februar ist dann das Trainingslager vom Team am Gardasee geplant.
Apropos Nationalteam: Herr Kokas, Sie sind U23-Europameister auf der Bahn. Wo ist der große Unterschied zum Straßenrennen?
Raphael Kokas: Die Rennen sind deutlich länger, und es geht bergauf. Das ist der größte Unterschied (lacht). Ja, ich glaube, ich kann schon einiges von meiner Bahn-Erfahrung mitnehmen, speziell das Fahren im Feld. Da kann ich sicher dem ein oder anderen noch was lernen, hoffe ich. Aber ja, ich glaube, es lässt sich gut kombinieren. Viele Leute, die auf der Bahn schnell fahren, können auch auf der Straße schnell fahren. Und einfach diese paar taktischen Elemente, die auf der Bahn eben sehr, sehr wichtig sind, kann man gut auf der Straße auch umsetzen.
Wie bereiten Sie sich jetzt im Winter darauf vor?
Kokas: Das Training wird ein bisschen angepasst. Natürlich werden viel mehr Kilometer gesammelt. Einfach, um diese Trainings- beziehungsweise Rennhärte zu bekommen. Dass man einfach über die Distanz kommt. Auf den kurzen Zeiten bin ich schnell. Und das halt auf die Länge umzuwandeln, das wird jetzt meine größte Aufgabe sein im Winter.
Wie lange dauert so eine Umstellung?
Kargl: Er weiß, was da auf ihn zukommt. Und er muss jetzt einfach fleißig im Winter trainieren. Und dann wird er im Frühjahr die Form haben, dass er bei den Rennen bestehen kann. Natürlich nicht beim extremen Bergrennen, das ist auch nicht sein Ziel. Aber er muss in flachem bis welligem Gelände die Tempohärte haben, um Renndistanzen von 160 bis 180 Kilometern gut mitfahren zu können. Und wenn er das kann, dann wird er im Finale vom Team zu 100 Prozent unterstützt.
Es gab viel Veränderung im Kader. Wie planen Sie für die Saison?
Kargl: Im ersten Jahr mussten wir schauen, welche Fahrer wir bekommen, wie werden sich die machen, wie wird das Ganze überhaupt funktionieren. Momentan gibt es ein kleines Teamsterben in Europa. Und es hat sich auch herumgesprochen, welche Arbeit wir gemacht haben. Dadurch hatten wir Bewerbungen von sehr guten Fahrern auf dem Tisch liegen. Das hat uns geholfen den Kader wesentlich zu verstärken. Jetzt haben wir drei Nationalfahrer mit dem Raphael Kokas und den beiden Deutschen Daniel Schrag und Jan Rinkleff. Dazu haben wir andere Fahrer, die auch in der Kategorie wie der Lauric fahren. Dadurch können wir jetzt bei jedem Kontinental-Rennen in Europa mit den Profi-Conti-Teams mithalten. Plus die Jungen, die jetzt aus dem Junioren-Bereich hochkommen. Da haben wir auch ein paar sehr gute Talente geholt.
Wenn so viele gute Fahrer dazukommen, steigt das Teamniveau. Kann man sich da auch steigern?
Schwitzgebel: Ja, auf jeden Fall. Ich sehe das sehr positiv. Es ist natürlich auch immer ein kleiner innerer Konkurrenzkampf, aber wir verstehen uns alle ganz gut und das spornt natürlich auch an. Wenn ich weiß, einer kann im Finale auch mal zulegen, fahre ich natürlich gerne für ihn. Da war es letztes Jahr eher mal so, dass wir, auch wenn wir zu sechst an der Startlinie waren, im Finale nur noch zu zweit, zu dritt waren. Da kannst du einfach nicht mehr so agieren wie andere die aus dem Vollen schöpfen können und dadurch viel offensiver fahren..
Wie sieht der Rennkalender aus und wann geht es los?
Kargl: Ende Februar wollen wir im besten Falle mit dem Italien-Rennen starten. Dann etwa der gleiche Kalender, wie im ersten Jahr, mit den Bundesliga-Rennen, mit den Rundfahrten. Ich denke, dass noch ein, zwei Rundfahrten dazukommen und dann sind wir eigentlich relativ gut aufgestellt.
Schwitzgebel: Ja, vor allem denke ich, wir haben uns auch letztes Jahr ganz gut verkauft. Da hatten wir noch gar nichts vorzuweisen und jetzt haben wir schon ein solides Jahr auf der Habenseite.
Lennart Jasch hat den Sprung in die U23 von Red Bull Bora-Hansgrohe geschafft. Das ist natürlich auch eine Auszeichnung für das Team.
Kargl: Auf jeden Fall. Ich meine, das ist ja unser Ziel, dass wir die Jungs so weit bringen, dass sie in den Profibereich wechseln können. Mit Lennart hat das gleich im ersten Jahr super funktioniert. Wir hatten da schon ein paar Highlights und Lennart hat das natürlich am besten genutzt, kann man sagen.
Wenn so ein Fahrer wie Lennart Jasch zu Red Bull geht, hat man das im Hinterkopf, wenn man sich für das Maxsolar-
Team entscheidet?
Kokas: Ja klar, natürlich liegt es dann auch immer am Fahrer, aber das Team gibt dir die Rennen. Es ermöglicht einem, qualitativ hochwertige Rennen zu fahren und ohne dem kann man sich nicht zeigen. Wenn man kein gutes Team hat, dann ist es einfach ganz schwierig, diesen Sprung zu schaffen.
Fahren Sie im Nationalteam weiter auf der Bahn?
Kokas: Ja, und ich habe vor, meinen Europameisterschafts-Titel wieder zu verteidigen. 2023 und 2024 habe ich gewonnen und im Jahr 2025 werde ich das wieder tun. Das ist ganz klar ein Ziel der Saison, aber ja, sonst eben hauptsächlich Straßenrennen.
Muss man sich irgendwann zwischen Bahn und Straße entscheiden?
Kokas: Ich glaube nicht, dass ich mich da mal so richtig entscheiden muss, ob ich jetzt wirklich fix Bahn oder Straße fahre.
Olympia 2028, auf der Bahn oder auf der Straße?
Kokas: Am besten beides. Geht sogar. Man muss natürlich schauen, wie ich mich auf der Straße entwickle.
Herr Schwitzgebel, sind Sie schon mal Bahn gefahren?
Schwitzgebel: Ich habe einmal auf der Bahn trainiert, aber da habe ich nicht die besten Erinnerungen dran. Und dann habe ich es gelassen.
Ist es schwierig in den Kurven?
Schwitzgebel: Es ist sehr viel Vertrauen zum Reifen und im Endeffekt, wenn du viele Kilometer auf der Bahn sammelst und merkst, dass dieser Reifen und das Holz ganz gut hält, dann kannst du auch Blödheiten machen.
Was ist schwieriger? Eine Kurve bei vollem Tempo auf der Bahn zu fahren oder eine schwierige Abfahrt?
Kokas: Ja, ganz klar die schwierige Abfahrt. Auf der Bahn fährt man nur geradeaus. Du musst nicht lenken. Du machst viel mit Gewichtsverteilung. Von dem her ganz klar eine schwierige Abfahrt auf der Straße.