Traunstein – „Mehr Spannung geht nicht“, schüttelte ein Zuschauer in der Turnhalle am AKG in Traunstein den Kopf. Verloren die Traunsteiner Ringer doch ihren Heimkampf gegen den extrem stark aufgestellten SC 04 Nürnberg, der als Meister der Landesliga Nord dem TVT als Süd-Meister alles abverlangte. Ja, mehr noch: Am Ende entführten die Franken mit 15:13 den Sieg mit zwei Punkten Abstand – also genau der Differenz, die der TVT beim 18:16-Erfolg im Hinkampf vorlegte. Punktegleichstand. Wer steigt in die Bayernliga auf? Es dauerte fast eine knappe halbe Stunde mit detailliertem Nachrechnen der Einzelergebnisse, bis der gewohnt sicher leitende Kampfrichter-Referent des Bayerischen Ringer-Verbandes, Robert Reitmeir (Aichach), Ligenreferent Jens Heinz und Verbands-Vizepräsident Reinhard Hogger den bereits jubelnden Nürnbergern und den geknickt wirkenden Traunsteinern das Ergebnis der Beratung und Nachrechnung überbrachten: Der TVT hatte bei den Punktsiegen den entscheidenden Erfolg zu verbuchen.
Die Turnhalle glich noch während der Erklärung einem Tollhaus: War doch ein Großteil der rund 300 Zuschauer bis zuletzt geblieben, als noch lange an der Frage gerechnet wurde, wer letztendlich Aufsteiger in die Bayernliga ist. Das amtliche Ergebnis drehte die Stimmung in Sekundenschnelle: Traunsteiner Fans feierten ihre künftigen Bayernliga-Ringer und freuten sich über den Erfolg und den Aufstieg in die dritthöchste bayerische Klasse, in der der TVT zuletzt 2017 mitmischte. Bei den Franken hingegen erstarrte Gesichter, die aber nach dem ersten Schock einer sportlichen Fairness wichen.
57 kg (Griechisch-römisch): David Dik tat sich schwer gegen Ahad Karimzadah und lief einem Rückstand hinterher. Mit zunehmendem Kampf kaufte er seinem Kontrahenten die Schneid ab und siegte mit einem hohen 22:6 mit technischer Überlegenheit.
130 kg (Freistil): Laszlo Egervari bekam mit Artur Sarkisjan einen erfolgreichen Teilnehmer der U20- Weltmeisterschaft vorgesetzt. Egervari brachte den Tschechen gleich zu Beginn an den Rand einer Schulterniederlage. Dann jedoch musste er dem hohen Tempo des Gästeringers Tribut zollen und verlor mit 4:9 Punkten.
61 kg (F): Eine lösbare Aufgabe bekam Manuel Kuliev mit Mark Kling vorgesetzt. Dennoch kam der Trostberger nie richtig in den Kampf und musste beim 2:8 einkalkulierte zwei Punkte abgeben.
98 kg (G): Serafym Hrymaliuk stellte sich im Stand geschickt dem Nürnberger Artur Shogenov entgegen und verteidigte seinen 3:2-Punktsieg bis zum Schluss geschickt.
66 kg (G): Die Devise für Justin Flemmer im Mattenduell gegen Nürnbergs Erfolgsringer Andre Bordihn war klar: Nur keine maximale Wertung abgeben. Der Nürnberger machte mit seiner ganzen Erfahrung ordentlich Druck und Punkte, ließ aber konditionell nach. Flemmer hingegen konnte den Druck hochhalten, das 1:11 war eher ein Punktgewinn für den TVT als ein Erfolg für Nürnberg.
86 kg (F): Luca Zeiser machte Dampf gegen den deutlich schwereren Hamed Letaief, verletzte sich aber bereits nach der ersten Aktion an der Schulter. Routiniert mit dosiertem Vorwärtsgang, beherrschte er seinen Kontrahenten und holte beim 12:8 mit Take-Downs und Beinschreiben zwei wichtige Punkte.
71 kg (F): Ilja Vorobev ging wieder klar favorisiert gegen Khasan Kerimow zu Werke. Dieser stellte sich nach seiner hohen Vorrundenniederlage besser auf den Traunsteiner ein, konnte ihm aber beim 10:2 nicht wirklich gefährlich werden.
80 kg (G): Der Vorwärtsdrang von Andreas Dik war von Michael Welz nicht zu stoppen. Am Ende standen ein sicheres 14:0 und drei Wertungspunkte angeschrieben. Der letzte Punkt, der dem TVT vorzeitig den Gesamtsieg gesichert hätte, blieb den Traunsteinern verwehrt.
75 kg (G): Georg Rasumny ging mit verletzungsbedingtem Trainingsrückstand gegen den technisch versierten George Udesiani auf die Matte und sah sich schnell mehreren gefährlichen Situationen ausgesetzt. Rasumny kam dann besser in den Kampf, musste beim 7:22 aber vier Wertungspunkte abgeben.
75 kg (F): Jetzt lag es an Andreas Rasumny, der gegen den deutlich schwereren Masih Akbari auf die Matte musste. Der Nürnberger nutzte seine Vorteile und schulterte den Traunsteiner zum Entsetzen der Traunsteiner Fans.
Der Gleichstand in der Gesamtaddition der beiden Aufstiegskämpfe ließ die Nürnberger kurz jubeln, ehe die detaillierte Nachrechnung die Traunsteiner Ringerherzen höherschlagen ließ: Das erklärte Saisonziel – der Aufstieg in die Bayernliga – ist perfekt!
Stimmen zum Kampf
Christian Pribil (Betreuer TV Traunstein): „Ich wusste, dass es ganz eng werden würde, und dass wir keine Punkte liegen lassen dürfen. Letztlich ist unser Auftreten in beiden Kämpfen gegen einen starken Gegner belohnt worden.“
Petar Stefanov (Betreuer TV Traunstein): „Das war nichts für schwache Nerven. Ich freue mich für unsere Mannschaft. Der Aufstieg fühlt sich gut an!“
Hartmut Hille (Abteilungsleiter TVT Ringen): „Dieser Abschluss einer erfolgreichen Saison ist schwer in Worte zu fassen und für unsere Abteilung ein riesiger Erfolg!“
Reinhard Hogger (BRV-Vizepräsident Sport): „Beide Mannschaften haben super spannende Kämpfe abgeliefert! Wir mussten die Regelkunde ganz tief studieren, um zu sehen, wer am Ende aufsteigt.“