Junger Weg? „Das war ja alternativlos“

von Redaktion

Wolfgang Schellenberg hat aktuell eine Doppelfunktion: Für den Fußball-Regionalligisten SV Wacker Burghausen ist der 53-Jährige hauptberuflich als Sportdirektor tätig, beim Landesligisten TSV 1860 Rosenheim, den er bis Winter noch als Cheftrainer anführte, ist er ehrenamtlich in der sportlichen Leitung.

Rosenheim/Burghausen – Die Heimkehr nach Burghausen, wo die Trainerkarriere Schellenbergs im Nachwuchs begonnen hatte, wurde gleich mit einem Paukenschlag begleitet. Er installierte den Brannenburger Lars Bender, langjähriger Bundesliga-Profi und Ex-Nationalspieler, als neuen Trainer. In Rosenheim wurde Schellenbergs Posten intern besetzt: Der bisherige Co-Trainer Helmut Luksch rückt als Chefcoach auf. Im Interview mit der Sportredaktion spricht Schellenberg über Druck in Burghausen, seinen Wiederbeginn in Rosenheim und die Zukunft an der Jahnstraße.

Sie sind gebürtiger Burghauser. War das für Sie eine Art Heimkommen?

Es hat sich für mich schon gut angefühlt, in meiner Heimatstadt, in der ich geboren bin, diesen Schritt machen zu können und dazu gleich eine sehr, sehr spannende Aufgabe zu haben. Es ist kein Nachteil, dass sich da etwas ergeben hat.

Verspüren Sie deshalb einen besonderen Druck?

Nein, überhaupt nicht. Eher Vorfreude über die Möglichkeit, etwas zu bewegen und gestalten.

Es ist das Ziel, 2030 Wacker in den Profibereich zurückzubringen. Ist das schon in Ihrem Hinterkopf?

Wenn man etwas seriös anpackt, dann muss das auf allen Ebenen wachsen. Man muss die wirtschaftliche Basis schaffen, die infrastrukturelle Basis mit einem Leistungszentrum für den Nachwuchs, man muss den Kader entsprechend wachsen lassen. Das ist ein Prozess. Ob es dann einen Tick schneller oder langsamer geht, ist im Fußball nicht berechenbar. Wenn man es seriös angeht, dann ist eine gewisse Wahrscheinlichkeit da, eine Garantie für Erfolg gibt es aber nicht.

Wie viel Zeit braucht es, aus der aktuellen Basis in Burghausen ein Leistungszentrum für den Nachwuchs zu erschaffen?

Du musst die Infrastruktur nachweisen, was in Burghausen relativ einfach ist. Da ist ja alles vorhanden. Es sind vielleicht zwei, drei Maßnahmen, die da noch zu erledigen sind. Dazu musst du ein inhaltliches Konzept abliefern. Das ist auch einfach, weil die Voraussetzungen teilweise schon da sind. Spannend ist dann, diese an die eigene Philosophie anzupassen. Als Drittes müssen die personellen Voraussetzungen geschaffen werden, da geht es um die Lizenzen. Das ist dann auch ein wirtschaftlicher Faktor. Das kann man alles hinbekommen, es geht aber dann darum, dass man das wirklich mit Leben füllt und nicht nur auf dem Zettel stehen hat. Das ist ein Prozess, um da qualitätsmäßig zu den Vereinen aufschließen zu können, die das ja schon jahrelang leistungsorientiert machen.

Stichwort Prozess: In Rosenheim war dieser über Jahre hinweg negativ, der Wandel ist bei Weitem noch nicht abgeschlossen. War das der Grund dafür, dass Sie aktuell dort noch mit an Bord sind?

Herzensangelegenheit hört sich immer blöd an, aber in der Konstellation, die wir vor 18 Monaten hatten, hat es mir Spaß gemacht, das mit diesem Zeitaufwand zu machen, den ich mir vorgenommen hatte. Wenn man dann 18 Monate an Stellschrauben dreht, um etwas weiter zu bekommen, dann hängt man auch daran. Auch wenn im Herbst die ein oder andere Unruhe da war, hat es mir ja immer Spaß gemacht. Und das war der Grund, weshalb ich gesagt habe: Wenn es mir zeitlich möglich ist, dann möchte ich das gerne weitermachen.

Sie haben nahezu bei null begonnen. Was waren denn die Hauptaufgaben?

Wir haben in der Infrastruktur anpacken müssen, bei banalsten Dingen über Trainingsmaterial, Trikot oder Aufwärmshirts, wir mussten schauen, wie wir überhaupt eine Mannschaft auf die Beine stellen können, um konkurrenzfähig zu sein. Und danach, wie wir diese Mannschaft weiterentwickeln können. Was mich nicht so betroffen hat, aber andere Personen: Wie bekommt man die wirtschaftliche Seite wieder hin? Und wie erhält man die Qualität im Nachwuchs? Da haben einige wenige Leute ehrenamtlich sehr viel reininvestiert.

Sie haben viele junge Spieler, teilweise noch A-Junioren, eingebaut. Ist das Ihre größte Errungenschaft in diesen 18 Monaten?

Das war ja alternativlos. Es war schlicht und einfach keine Möglichkeit da, Spieler von außerhalb zu holen. Und wir hatten ja auch keinen großen Zulauf. Daher hat sich dieses Thema automatisch ergeben, sodass in kürzester Zeit klar war: Es wird nur die Möglichkeit geben, dass man massiv auf das setzt, das die Jahre zuvor über weite Teile noch ordentlich funktioniert hat. Natürlich hatten wir auch das Glück, dass ein guter Jahrgang im letzten A-Jugend-Jahr da war, der viel auffangen konnte.

Wird dieser Weg nun fortgesetzt, nachdem nun auch Trainer tätig sind, die bereits im Verein waren?

Das kann ich nicht gewährleisten, ich kann dafür auch nicht die Verantwortung übernehmen. Dafür bin ich zu wenig vor Ort, aber ich werde versuchen, mein Know-how im Rahmen meiner Möglichkeiten einzubringen. Klar ist auch: Alle, die jetzt im Trainerstab in der Verantwortung sind, müssen sich jetzt beweisen, dass sie diesen Weg weitergehen können.

Wie werden Sie sich noch einbringen?

Ich werde sie insbesondere im organisatorischen Bereich weiter unterstützen, auch von der Philosophie her. Das Inhaltliche müssen die Trainer führen.

Gibt es schon Gedanken über die Saison hinaus?

Ich denke, dass es die nächsten zwei Monate darum geht, zu beobachten, wie alles miteinander funktioniert und wie viel Zeit ich habe, mich einzubringen. Und dann wird der Verein eine Entscheidung treffen müssen, ob man das Modell in der Konstellation weiterfahren kann. Es ist alles möglich.

Sie haben immer vom Kampf um den Klassenerhalt gesprochen. Wie groß ist die Hoffnung, dass die Mannschaft den schnell erringt?

Es wird viel davon abhängen, inwieweit die verletzten Spieler, die wir in der Vorrunde hatten, zurückkommen. Der Kader war natürlich im Herbst stark reduziert, die Belastung für die wenigen Spieler war extrem hoch, was man am Ende auch gemerkt hat. Das waren ja durchaus Qualitätsspieler, die über Wochen und Monate ausgefallen sind. Wenn die zurückkommen, einhergehend mit der ein oder anderen Verstärkung und dem ein oder anderen U19-Spieler, der jetzt spielberechtigt wird, glaube ich schon, dass wir eine stärkere Mannschaft als in der Vorrunde zur Verfügung haben. Natürlich tut uns weh, dass wir die Situation mit Julian Höllen nicht hinbekommen haben. Das war sportlich ein großer Verlust. Wenn der Kader breit genug bleibt, dann werden wir das Ziel hoffentlich nicht erst am letzten Spieltag erreichen.

Wie sieht es denn mit der Kaderplanung für die neue Saison aus?

Die ist schon gestartet.

Und Sie sind weiterhin involviert?

Natürlich nicht mehr in diesem Umfang wie zuvor, aber grundsätzlich bin ich noch mit involviert. Allerdings nicht mehr in der Komplett-Verantwortung.

Und wer entscheidet dann?

Ein Gremium mit der Abteilungsleitung und dem Trainerteam. Aber das war ja in den letzten Monaten nicht anders.

Artikel 1 von 11