Große Opfer, keine Kompromisse

von Redaktion

Franziska Preuß ist am Ziel angekommen. Die 31-Jährige ist erstmals in ihrer Karriere Gesamtweltcupsiegerin im Biathlon. Der Weg dorthin war mit vielen Entbehrungen verbunden. Preuß hatte einen klaren Plan, dieser ist voll aufgegangen.

Ruhpolding – Dass Franziska Preuß im Vollbesitz ihrer Kräfte zur absoluten Elite im Biathlon gehört, war kein Geheimnis. Doch immer wieder machte ihr die Gesundheit einen dicken Strich durch die Rechnung. Im vergangenen Frühjahr entschied sich die 31-Jährige, ihre Geschicke selbst in die Hand zu nehmen. Auf dem Weg zum Gesamtweltcup ging die Sportlerin vom SC Haag einen ganz eigenen Weg.

Dieser begann im April 2024. Immer wieder hatte die Albachingerin mit Problemen und Entzündungen in den Atemwegen zu kämpfen. Preuß entschied sich zu einem großen Schritt und ließ sich am 20. März in München operieren. „Die Belüftung in der Nase ist jetzt deutlich besser. Ich hoffe, dass dadurch die Erreger künftig besser abfließen können“, sagte sie nach dem Eingriff in der ‚HNO-Klinik Bogenhausen Dr. Gaertner‘.

Von der Operation gut erholt, nahm Preuß die nächste zentrale Maßnahme in Angriff. In Absprache mit dem Deutschen Skiverband gestaltete sie ihre Vorbereitung weitestgehend eigenständig. Nur an einem der zahlreichen Lehrgänge, die das deutsche Team im Sommer und Herbst absolvierte, nahm Preuß teil. Mit Unterstützung ihrer Eltern organisierte sie ihr eigenes Vorbereitungsprogramm. Dabei nahm sie unter anderem ihre Freundin Anna Weidel (WSV Kiefersfelden) mit ins Boot, die vor der Saison ihren Kaderplatz im DSV verloren hatte und ihre Vorbereitung ebenfalls eigenständig in die Hand nahm. Auch Marion Wiesensarter (SV Oberteisendorf) war eine regelmäßige Begleiterin von Preuß während der intensiven Trainingszeit.

Gut durch den Sommer gekommen, ging es Ende Oktober in die heiße Phase Richtung Weltcupstart. Hier begann die Zeit, die der deutsche Mannschaftsarzt Dr. Jan Wüstenfeld als eines der Schlüsselelemente für den Erfolg von Preuß bezeichnete. „Franzi verhält sich extrem professionell, was die Prophylaxe angeht“, erklärte Wüstenfeld im Interview mit OVB Media.

Was genau damit gemeint ist, wurde bereits bei der Wintereinkleidung des DSV im Oktober deutlich. Als eine von wenigen Athletinnen trat Preuß hier schon mit Maske auf und ging in den Interviews mit den anwesenden Journalisten klar auf Distanz. Die Strategie war klar erkennbar. Preuß wollte nicht länger Passagierin ihres anfälligen Immunsystems sein. Sie wollte das Heft selbst in der Hand haben.

Beim Weltcup in Ruhpolding kommen die erfolgreichen Sportler in der Regel ins Pressezentrum, um sich nach den Rennen den Fragen der Journalisten zu stellen. „Wer etwas von Franzi will, soll bitte nach draußen in die Mixed-Zone kommen. Franzi will Innenräume vermeiden“, ließ die DSV-Pressebeauftragte Maren Hammerschmidt die anwesenden Medienvertreter in der Chiemgau Arena wissen. Bei den Weltcups hatte die Verfolgungsweltmeisterin von 2025 meist das Privileg eines Einzelzimmers. Vor dem Weltcupfinale in Oslo stattete die Mannschaft dem deutschen Botschafter in Norwegen einen Besuch ab – natürlich ohne Preuß. Sie minimierte bis zum letzten Rennen das Risiko einer Infektion.

Davon war auch das Privatleben betroffen. Heiligabend verbrachte sie mit ihrem Freund Simon Schempp im gemeinsamen Zuhause in Ruhpolding. Am ersten Weihnachtsfeiertag wurde die Familie besucht. „Wir haben uns draußen getroffen. Es sind inzwischen einige Kinder und Lehrer in der Familie. Da weiß man ja nie, was die aus der Schule mitbringen. Wir saßen draußen an der Feuerschale. War zwar ein bisschen frisch, aber auch gemütlich“, erklärte sie im ARD-Wintersport-Podcast und ließ anklingen, welch große Opfer sie für den maximalen Erfolg eingehen musste. „Ich glaube, meine Familie freut sich, wenn das Thema Biathlon vorbei ist und wir wieder ganz normal Weihnachten feiern können“.

Geht es nach den Plänen der frisch gebackenen Gesamtweltcupsiegerin, steht im Hause Preuß noch ein Weihnachtsfest unter freiem Himmel an. Nach der kommenden Olympiasaison soll die Karriere enden. Das betonte sie immer wieder. Eine olympische Einzelmedaille fehlt ihr noch. Das richtige Rezept, um auch das letzte Ziel zu erreichen, scheint sie gefunden zu haben.

Artikel 3 von 11