Transfermarkt? „Alles geht schneller“

von Redaktion

INTERVIEW Starbulls-Coach Jari Pasanen über Spielerinfos, Videosichtung und Netzwerk

Rosenheim – Jari Pasanen ist ein alter Hase in der Eishockeyszene – nicht nur als Trainer, sondern auch in der sportlichen Verantwortung, was Kaderplanung und Transfers betrifft. Seit drei Spielzeiten ist er bei den Starbulls Rosenheim, seitdem hat die Profimannschaft sportlich den Fahrstuhl nach oben genommen. Was sicherlich auch an seiner Kaderplanung liegt, denn die Trefferquote an der Mangfall war in den letzten Jahren sehr hoch. Doch auch diesmal hat der 60-Jährige bei den Starbulls einen Umbruch zu meistern. Im Interview spricht Pasanen über die spannende Wechselzeit und wie diese bei ihm abläuft.

Wie intensiv ist die Wechselzeit für Sie?

Sehr intensiv. Wenn ich vor Ort bin, komme ich meistens um 8 Uhr in mein Büro im Eisstadion und fahre nicht vor 19, 20 Uhr nach Hause. Den ganzen Tag schaue ich Videos, telefoniere, hole mir Informationen und vergleiche.

Ab wann haben Sie begonnen, Kontakte zu knüpfen?

Es wird immer früher. Wir machen uns jetzt schon Gedanken, was in der übernächsten Saison passiert. Im November, Dezember fängt man aber sicher an.

Wie viele Videos sichten Sie denn?

Die Zahl ist groß, ich schaue rund sechs Stunden am Tag. Dazu kommt, dass ich so auch gerne noch Spiele gucke – die Play-offs in Schweden, Finnland und Deutschland und später natürlich die NHL.

Auf was achten Sie beim Videosichten genau?

Wenn ich zum Beispiel einen Verteidiger brauche, dann schaue ich zuerst auf sein Defensivverhalten. Wie verhält er sich nach einer Bullysituation, wie im Eins-gegen-eins, wie ist sein Boxout, wie seine Schlägerkontrolle, welche Qualität hat sein Passspiel im Aufbau, wie schnell unterstützt er die Angriffe, wie bewegt er sich offensiv an der blauen Linie? Auch Jamie (Co-Trainer Jamie Bartman, d. Red.) schaut, und dann vergleichen wir unsere Eindrücke. Beim Stürmer schauen wir ähnlich, natürlich auf andere Attribute. Aber eines ist klar: Bevor wir einen Spieler so beobachten, wissen wir schon, was er für einen Charakter hat! Wenn wir da grünes Licht haben, dann schauen wir uns die Einzelheiten an.

Wenn Sie einen Spieler verpflichten: Wie viele Personen kontaktieren Sie, um sich Informationen zu holen?

Vielleicht fünf, sechs Leute – manchmal mehr, manchmal auch weniger. Das kommt auch darauf an, wie viele Vorkenntnisse ich über den Spieler schon habe. Oskar Autio habe ich beispielsweise gar nicht selbst gekannt. Also musste ich mir viele Informationen holen. Gott sei dank hatte ich hundertprozentiges Vertrauen in seinen Berater. In der Regel sind das schon fünf, sechs Telefonate von mir und auch Jamie ruft Leute an, die er kennt, manchmal auch unsere Spieler.

Sie beziehen die Führungsspieler mit ein?

Ja, natürlich. Das sind intelligente Leute, die schon Erfahrung mit dem ein oder anderen Spieler haben. Das ist alles sehr transparent und positiv. Je besser wir uns im Frühjahr da vorbereitet haben, umso leichter wird es ab August in der Kabine.

Worauf legen Sie bei Ihren Informationen besonders Wert?

Natürlich auf den Menschen, und was das für ein Typ ist. Bei uns wollen wir Spieler, die gerne trainieren und arbeiten. Wir wollen nicht nur unsere jungen Spieler weiterbilden, sondern alle, die zu uns kommen. Wir trainieren viel, und das wird eigentlich jährlich noch verschärft – auch schon die Trainingspläne für den Sommer. Dafür brauchst du zuverlässige Leute, die auch arbeiten wollen. Das Spielerische sieht man auf den Videos, das andere muss man sich durch Informationen einholen.

Wenn Sie selbst mit den Spielern telefonieren: Welche Eindrücke holen Sie sich da?

Im ersten Gespräch geht es um allgemeine Informationen. Der Trainer will den Spieler kennenlernen und der Spieler den Trainer. Im zweiten Gespräch wird es dann eishockey-spezifischer. Bevor die Unterschrift da ist, telefoniere ich zwei-, dreimal mit dem Spieler und Jamie auch einmal – und dann haben wir ein gutes Bild.

In Rosenheim wird es wieder einen Umbruch geben, erneut wird eine zweistellige Anzahl an Spielern den Verein verlassen. Wie schnell wird man da wieder ein Team?

Du musst ab August dafür sorgen, dass die Spieler möglichst viele Erfahrungen zusammen machen – außerhalb der Eisfläche. Teambuilding ist bei uns sehr groß geschrieben, besonders wenn so viele neue Spieler kommen. Bowling, Golfen, Tennis, in die Berge gehen, natürlich ein Weißwurstfrühstück. Die Spieler haben zuletzt sehr gut gefunden, was wir da gemacht haben. Und das werden wir fortführen.

Sie haben schon vor über 25 Jahren als sportlicher Leiter am Transfermarkt mitgewirkt. Was hat sich denn seitdem geändert?

Es sind neue Agenten hinzugekommen, aber die ältere Generation ist auch immer noch da – Klaus Hille, Jaro Tuma, Klaus Weber, um nur einige zu nennen. Die wissen schon, wie ich ticke und welche Spieler ich brauche. Mit Computer und Handys geht alles schneller, das Fax braucht man nicht mehr. Damals hat man auch noch nicht so viele Videos gesehen und die Informationen bekommst du jetzt viel leichter. Was gleich geblieben ist: Du brauchst ein Netzwerk und Leute, zu denen du Vertrauen hast. Glück und Fingerspitzengefühl gehören natürlich auch dazu.

Momentan tut sich in der DEL2 sehr viel. Ist der Markt gerade überhitzt?

Es ist gerade sehr viel Bewegung auf dem Markt und es sieht so aus, als ob viele Mannschaften sehr viel verändern wollen. Die Top-Vier spielen ja noch, aber überall sonst sind große Veränderungen zu spüren. Tatsächlich war es letztes Jahr schwieriger.

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