Rosenheim – Elias Schneider aus Rosenheim erlebt einen aufregenden Sommer. Erst vor drei Monaten feierte der 18-Jährige die deutsche Eishockey-Meisterschaft mit den Eisbären Berlin in der DEL und wurde jüngst von den Shewinigan Cataractes aus der Quebec Major Junior Hockey League (QMJHL) im Draft für die kanadische Juniorenliga ausgewählt. Den Sprung über den großen Teich wird er auch nutzen, wie der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) in seiner aktuellen Kaderliste für die U20-Testspiele gegen die Slowakei in Kassel bekannt gab. Dort wird Schneider als Spieler der Cataractes aufgeführt. „Französisch kann ich gar nicht“, sagt Schneider und lacht, versichert aber: „Im Team reden die nur englisch.“
Denn in der kanadischen Provinz Quebec ist der Großteil der Bevölkerung französischsprachig, anders als im Rest des Landes, in dem die englische Sprache vorherrscht. Der Schritt nach Nordamerika ist für das Ausnahmetalent Schneider ein völlig logischer. Schließlich spielten drei der sechs deutschen NHL-Draftpicks 2025 zuletzt in den kanadischen Juniorenligen. Der aus dem Grafinger Nachwuchs stammende Julius Sumpf absolvierte zwei Spielzeiten bei den Moncton Wildcats in der QMJHL, David Lewandowski aus Düsseldorf spielte vergangenes Jahr für die Saskatoon Blades in der Western Hockey League (WHL) und der gebürtige Erlanger Carlos Händel war 2024/25 für die Halifax Mooseheads (QMJHL) aktiv. Schneider macht sich selbst aber keinen Druck: „Das sehe ich ganz entspannt. Ich schaue, wie die Saison verläuft. Ob ich Chancen im NHL-Draft habe, sehe ich dann im Frühjahr.“ Klappt es in Kanada nicht, steht Schneider die Tür beim deutschen Serienmeister jederzeit offen. Sein Vertrag in Berlin ist ausgesetzt und kann bei seiner eventuellen Rückkehr nach Deutschland fortgesetzt werden. 13 Partien absolvierte der Sprössling des ehemaligen Starbulls-Stürmers Andreas Schneider letztes Jahr für die Eisbären in der DEL. Damit fehlen ihm zwar noch 120 deutsche Erstliga-Partien, um mit seinem Vater gleichzuziehen, der zwischen 1993 und 1996 für Rosenheim in der höchsten deutschen Spielklasse auflief, die Anlagen dazu hat der 2007 Geborene aber allemal. Denn in der Deutschen Nachwuchsliga (DNL) erzielte Elias Schneider in der vergangenen Saison 87 Punkte in 39 Partien. Zahlen, die nicht einmal der Rosenheimer NHL-Star Lukas Reichel (Chicago Blackhawks) in der Eisbären-U20 auflegte. In seinem besten DNL-Jahr sammelte Reichel 42 Punkte in 32 Spielen.
An seinen ersten Einsatz in der mit 14200 Zuschauern ausverkauften Berliner Uber-Arena gegen die Kölner Haie kann sich Schneider noch gut erinnern: „Beim Training am Tag davor ist der Co-Trainer zu mir gekommen und hat gesagt, dass ich spielen werde. Ich sollte mit dem Betreuer reden, dass er mein Zeug ins Stadion fährt. Klar ist man aufgeregt und voller Adrenalin. Da bist du nur am Laufen.“ Mit gerade einmal 17 Jahren lief er Anfang Dezember 2024 das erste Mal für das DEL-Team der Hauptstädter auf. „Ich war mit Maxim Schäfer in der vierten Reihe aufgestellt. Und dann ist immer einer zu uns reingewechselt. Oft war dann der Leo Pföderl Mittelstürmer“, erinnert sich Schneider.
In Kanada kommt nicht nur eine andere Sprache, anderes Essen und das Leben 6000 Kilometer entfernt von der Heimat auf den Rosenheimer zu. Auch sportlich muss sich Schneider umstellen. Schließlich sind die Eisflächen in Nordamerika kleiner als in Europa. „Man muss sich schon ein bisschen umgewöhnen. Aber ich glaube, das ist gleich drin. Bei der U18-WM habe ich dieses Jahr schon auf der kleineren Fläche gespielt. Und ich finde, es macht mehr Spaß. Es gibt viel mehr Battles an der Bande. Das ist eigentlich der große Unterschied“, erklärt Schneider. Bei der U18-Weltmeisterschaft in Frisco (USA) schaffte es die DEB-Auswahl mit den Rosenheimern Sebastian Zwickl und Elias Schneider bis ins Viertelfinale. Schneider war mit sechs Punkten deutscher Topscorer bei seiner ersten Nachwuchs-Weltmeisterschaft. „Wir hätten es mindestens ins Halbfinale schaffen können. Da sind wir uns, glaube ich, selber im Weg gestanden. Aber zusammenfassend ist die WM das schönste Turnier. Da wächst man richtig zusammen als Team. Da haben wir richtig viel Spaß gehabt“, schwärmt Schneider.
Von Eisbären-Routinier Yannick Veilleux hat der Rosenheimer schon einiges über seine neue Wirkungsstätte mitbekommen. „Er hat mir ein bisschen erzählt, wie es ist. Er kommt von dort und hat selbst drei Jahre für die Cataractes gespielt. Die Fans müssen total eishockeybegeistert sein“, erzählt Schneider. Mit etwas mehr als 49000 Einwohnern ist die Stadt im Süden von Quebec etwas kleiner als Rosenheim, mindestens aber genauso eishockeyverrückt. Seine Heimatstadt und Berlin wird Schneider vermissen: „Ich habe in Berlin Freunde gefunden, mit denen ich sicher weiterhin in Kontakt bleiben werde. Auch meiner Gastfamilie bin ich dankbar. Besonders an die gemeinsamen Wege zum Training mit meinem Gastbruder Moritz Kretschmar – das war immer eine lustige Zeit.“ Trotz aller Wehmut über den Abschied blickt der talentierte Eishockeyspieler mit Vorfreude auf den neuen Lebensabschnitt im hohen Norden. Viel Zeit bleibt ihm nicht mehr in der Heimat: Am 31. Juli und 1. August bestreitet Schneider zwei Testspiele mit der DEB-U20 gegen die Slowakei in Kassel, ehe im August das große Abenteuer Kanada startet – ein Schritt, der ihn vielleicht sogar bis in die NHL führen wird.