„Dinge passiert, die schmerzhaft waren“

von Redaktion

INTERVIEW Kenan Smajlovic über Verletzung, Suspendierung und Herausforderung

Rosenheim – Zwei Jahre hat Kenan Smajlovic zuletzt für den TSV 1860 Rosenheim in der Fußball-Landesliga Südost gespielt und 24 Tore in 46 Spielen erzielt. Besser gesagt waren es anderthalb Jahre, denn seit der Winterpause war er verletzt außer Gefecht. Ob der damalige Kapitän bei voller Gesundheit noch gespielt hätte? Immerhin war er suspendiert worden, nachdem er seinen Wechselwunsch hinterlegt hatte. Jetzt spielt der 25-Jährige im Trikot des österreichischen Regionalligisten FC Kufstein. Mit der OVB-Sportredaktion sprach Smajlovic über seine Verletzung, die Suspendierung und die neue Herausforderung.

Sie waren lange verletzt. Wie geht es Ihnen aktuell?

Mir geht es super! Ich hatte vor Kurzem meinen Back- to-Competition-Test bei Corox. Ich hatte dort eine super Reha. Es war aber auch eine anstrengende Zeit und ich hätte nicht gedacht, dass es mental so hart wird. Aber ich hatte Gott sei Dank viel Unterstützung von meiner Familie, meiner Freundin und von Corox. Ich fühle mich gut und bin optimistisch, dass jetzt die beste Zeit von mir kommt und dass die Leute die beste Version von Kenan Smajlovic sehen werden.

Letztlich war eine Sehne im Oberschenkel gerissen.

Ja, ich habe damals direkt so ein Schnalzen gespürt und dann ein Ziehen – wie so ein Messerstich ungefähr. Ich dachte anfangs, es wäre nicht so schlimm. Matze Heiß (Physiotherapeut und selbst ehemaliger Kapitän von 1860 Rosenheim, d. Red.) hat das bemerkt und mir direkt am selben Tag ein MRT organisiert. Das habe ich gemacht und dann stand da hochgradige Verletzung. Über Corox bekam ich dann einen Termin beim Professor Dr. Hinterwimmer. Und der hat mich dann in München operiert.

Wie waren denn die ersten Schritte auf dem Platz?

Die waren schon ein bisschen komisch. Jetzt muss ich auch beichten, dass ich im Urlaub mit der Freundin ein bisschen Fußball gespielt habe, damit ich ein bisschen das Ballgefühl zurückbekomme. Aber beim Training selbst war es ein sehr, sehr emotionaler Moment, obwohl ich es nicht so gezeigt habe. Klar fehlen noch gewisse Abläufe, aber das ist normal. Es ist wie Fahrradfahren, das verlernt man nicht. Aber wenn man es lange nicht macht, dann muss man wieder reinkommen.

Das ist interessant: die Freundin als Reha-Trainer!

(lacht) Ja, sie war Torwart.

Und Sie haben drauf losgeballert?

Ich habe geschossen, sie war im Tor. Aber sie hat das selber vorgeschlagen, das war nicht meine Idee! Ich habe mich natürlich zurückgehalten, wobei sie viel besser war als gedacht.

In der Verletzungszeit ist viel passiert: Sie waren im Herbst noch Kapitän des TSV 1860 Rosenheim und sind jetzt beim FC Kufstein. Wie ist dieser Schritt zustande gekommen?

So ist das Leben! Man kann im Leben planen, aber das Leben hat manchmal bessere Pläne für dich. So sage ich das immer. Und deswegen passiert alles aus einem Grund. Ich wollte letzten Winter schon zu Kufstein wechseln, weil diese Regionalliga West einfach sehr ansprechend ist. Es gibt noch bessere Chancen zum Weiterkommen als in der Landesliga. Das war jetzt meine fünfte Saison in der Liga – und da war für mich so ein gewisser Punkt erreicht. Ich hatte zuvor auch viele Angebote aus der Bayernliga, auch aus der Regionalliga in Deutschland. Aber es war für mich der wichtige Schritt, dass ich Berufliches und Sportliches kombinieren kann. Bei Rosenheim bedanke ich mich für die Zeit und wünsche denen nur das Beste und viel Glück.

Es hat ja viele Gerüchte gegeben: Der Abschluss war nicht gerade im beiderseitigen Einvernehmen.

Was soll ich dazu sagen? Also von meiner Seite gibt es kein böses Blut. Es sind viele Dinge passiert, die meiner Meinung nach nicht hätten passieren sollen. Die anders hätten ablaufen können. Aber warum das so gelaufen ist, wie es gelaufen ist, kann ich mir nicht erklären. Aber ich bin kein nachtragender Mensch.

Wollen Sie die Dinge benennen?

Es gab halt zwischen dem Vorstand und mir gewisse Differenzen. Aber ich will das jetzt nicht benennen. Das würde mir nichts bringen, es würde auch dem Verein nichts bringen.

Es gab da eine Szene nach dem ersten Spiel im Frühjahr. Da sind Sie aus dem Mannschaftskreis entfernt worden.

Gut beobachtet! Ich war sehr enttäuscht, weil ich dem Verein immer nur das Beste gegeben habe. Meine Verletzung ist eigentlich auch dem geschuldet, dass ich da länger angeschlagen gespielt hatte. Ich wurde damals einfach aus dem Kreis entfernt. Ich habe dann noch ein Gespräch geführt, da wurde mir mitgeteilt, dass ich suspendiert bin und dass ich eine Enttäuschung sei. Es sind viele Dinge passiert, die schmerzhaft waren, aber die mich auch prägen. Die ganze Mannschaft hat es mitbekommen und hat danach weiter mit mir gesprochen und mich auch immer wieder gefragt. Deswegen war ich meiner Meinung nach auch immer noch der Kapitän. Die Leute haben es anders gesehen, es wurde anders geplant, anders kommuniziert. Ob es das Falsche oder das Richtige ist, da hat jeder eine andere Ansicht.

Nach Ihrer Operation: Hat sich der Verein erkundigt, wie es Ihnen geht?

Nein. Mir wurde vor der OP Glück gewünscht. Aber im Nachhinein wurde ich jetzt nicht gefragt, wie die Reha abläuft oder wann ich wieder fit bin. Ich habe von mir aus den Trainern Bescheid gegeben.

Und jetzt kommt eine neue Herausforderung: der FC Kufstein.

Das stimmt – und ich freue mich drauf. Das wird eine geile Zeit. Ich hoffe auch, dass viele Zuschauer kommen. Wenn hier nicht so attraktive Spiele laufen, dann kann man sich schon mal die Regionalliga West in Kufstein gönnen.

Sie treffen dort auch etliche alte Bekannte: Malik Salkic ist dort, Sascha Marinkovic. Ein ehemaliger Rosenheimer, Mario Stockenreiter, steht im Tor!

Linor Shabani und Thomas Wimmer kommen auch noch! Ich habe mich von der ersten Sekunde an dort sehr, sehr wohl gefühlt. Der Trainer, Markus Holzer, ist mega, der Präsident auch super. Ich bin optimistisch.

Letztes Jahr war Kufstein stark im Abstiegskampf. Was bereitet Ihnen Hoffnung, dass es besser wird?

Zum einen natürlich die Neuzugänge. Kufstein hat ja selbst auch gesagt, dass der Kader zu schwach für die Liga war. Jetzt haben wir Neuzugänge, von denen man behaupten kann, dass alle Stammspieler-Potenzial haben. Dementsprechend bin ich optimistisch, dass es viel, viel besser wird als letzte Saison. Da ist schon Qualität in der Mannschaft, jetzt muss es nur noch funken.

Und wie schätzen Sie die Regionalliga West ein?

Ich habe letzte Saison drei, vier Spiele von Austria Salzburg angeschaut: Die Liga ist stark. Da gibt es bestimmt vier, fünf Mannschaften, die auch hier Regionalliga-Niveau haben – und den Rest würde ich so in der Bayernliga einschätzen.

Trotzdem hat Kufstein gegen 1860 Rosenheim im Test verloren!

Richtig, ja. Aber man darf auch nicht vergessen, dass Rosenheim schon länger in der Vorbereitung war und auch gegen Wacker Burghausen gewonnen hat. Ich war im Urlaub, aber ich habe mir das Spiel über VEO angeschaut. Die haben verdient gewonnen, das ist eine super Truppe, jung und energetisch.

Eines der Highlight-Spiele in der Liga wird wohl gegen Wacker Innsbruck sein!

Auf jeden Fall. Leider spielen wir in Innsbruck erst nächstes Jahr. Aber im November spielen wir zu Hause gegen die. Das ist ein Duell, auf das ich mich sehr freue. Zum einen natürlich, weil Innsbruck ein attraktiver Verein ist und viele Fans hat. Zum anderen spiele ich auch gegen meinen Ex-Kollegen Lucas Scholl. Ich habe mit ihm in Nordhausen zusammengespielt. Aber ich freue mich auf jedes Duell, weil es etwas Neues für mich ist. Hier in der Landesliga habe ich die Mannschaft und die Spieler alle gekannt. Dort habe ich gar keinen Plan, gegen wen ich spiele, wie der Verein ist, wie die Plätze sind. Aber das ist auch ein schöner Nervenkitzel für mich.

Wie sehen Sie Ihre Rolle in Kufstein?

Ich habe bei den Gesprächen mit dem Präsidium, der sportlichen Leitung und dem Trainer mitgeteilt, dass ich ein Spieler bin, der nach vorne geht, der die Mannschaft mitnimmt. Damit habe ich auch bei der ersten Trainingseinheit direkt damit angefangen. Wir haben hier eine kurze Vorbereitung und ich finde es wichtig, dass man von Anfang an eine gewisse Verbindung hat. Ich fühle mich angekommen, die Spieler haben mich perfekt mitgenommen, auch der Trainer und das Präsidium.

Ist es immer noch so, dass die Spieler nur mit dem Kulturbeutel kommen müssen? Alles andere liegt schon bereit.

Ja, tatsächlich. Ich komme mit dem Kulturbeutel, wo ich einfach nur Shampoo, Deo, Parfüm und Creme drin habe. Dort ist alles vorbereitet. Die Sachen werden gewaschen, Handtücher haben wir dort, Socken haben wir dort, Unterzieh-Sachen, Trikots, Klamotten, Equipment, Schuhe, Schlappen – alles ist dort.

Frage an den Landesliga-Experten: Wie blicken Sie auf die Liga in der neuen Saison?

Ich habe mir die Liga angeschaut, ich habe mir auch die Vorbereitungsspiele ein bisschen angeschaut. Wasserburg wird oben mitspielen, ganz klar. Die haben einfach den Kader dafür, sind eingespielt, haben gute Neuzugänge bekommen, der Heller macht einen guten Job. Die haben die letzten beiden Spielzeiten schon oben mitgespielt, deswegen schätze ich, dass sie das dieses Jahr auch tun. Bei Traunstein ist mit Genti Vokrri ein super Typ und unglaublicher Fußballer neuer Trainer. Das ist eine neue Herausforderung, er wird es gut machen: Ich denke, Traunstein wird auch oben mitspielen.

Sie setzen ihn schön unter Druck!

Das ist ein Typ, der macht sich keinen Druck. Die haben eine gute Mannschaft, trotz der Abgänge. Das Ziel von Traunstein ist aber nicht, oben mitzuspielen, die wollen sich eher etablieren. Ich glaube, die wollen jetzt gucken, dass sie stabil sind. Und Rosenheim hat Neuzugänge bekommen, sehr gute Spieler. Es könnte mal schwierig sein, weil die Erfahrung fehlt. Aber Fußball ist unberechenbar. Und sie haben große Qualität.

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