Raubling/Gwangju – Ein Blick zurück in das Jahr 2023: Die Weltmeisterschaft der Bogenschützen findet in Berlin statt. Im Teambewerb der Damen gelten die Koreanerinnen als große Favoritinnen. Schon die Qualifikation hatten sie mit 53 Ringen Vorsprung gewonnen – eine Machtdemonstration! Doch es geschieht etwas Unglaubliches: Indonesien schaltet die Koreanerinnen im Achtelfinale aus, der Weg zu Gold ist frei. Das deutsche Team um Katharina Bauer, Michelle Kroppen und Charline Schwarz setzt sich vor dem Olympiastadion die WM-Krone auf.
„Die letzte Weltmeisterschaft war eines der Highlights meiner Karriere“, erinnert sich die Raublingerin Bauer an den „Titel dahoam“. Sie ist auch in diesem Jahr wieder dabei, wenn sich die Weltelite vom 6. bis 12. September in Gwangju, Korea, zusammenfindet, um die WM-Medaillen auszuschießen. „In Korea ist es natürlich schon vorab ein Highlight, weil es das Mutterland des Bogenschießens ist. Und da freue ich mich natürlich richtig drauf.“ Bauer steigt am Dienstag, 9. September, mit der Qualifikation und dem Team- und Mixedbewerb in den Wettkampf ein, das Einzel wird am Freitag, 12. September, ausgeschossen.
Als amtierende Weltmeister im Team werden diesmal viele Augen auch auf das deutsche Trio um Bauer, Kroppen und Elina Idensen gerichtet sein. Den größten Druck dürften aber die Gastgeberinnen spüren, denkt Bauer: „Ich gehe davon aus, vor allem, weil die letzten Olympischen Spiele für Korea sehr gut gelaufen sind. Sie haben in allen Kategorien die Goldmedaillen gewonnen. Und deswegen boomt Bogenschießen da aktuell noch mehr“, sagt die 30-Jährige und fügt an: „Ich denke, dass intern die Erwartungen sehr hoch sind. Die letzte WM war in Berlin. Da hatten wir diesen Druck, haben das aber Gott sei Dank in unsere Stärke umwandeln können. Ich bin gespannt, wie Korea das verarbeiten kann.“ Ehrfurcht oder gar Angst hat Bauer aber nicht, im Gegenteil: „Die WM damals hat nur gezeigt, dass alles möglich ist. Und, dass auch ein Land wie Korea mal straucheln kann. Das macht es ja so spannend.“
Bauer hat nicht nur an die letzte WM gute Erinnerungen, sondern auch an den Austragungsort Gwangju. Dort gewann sie 2022 das erste Mixed-Gold für Deutschland im Weltcup überhaupt. „Damals habe ich tatsächlich zwei Medaillen geholt. Ich habe das erste Mixed-Gold für Deutschland gewonnen und im Team sind wir Zweiter geworden. Das sind sehr gute Erinnerungen. Und ich weiß noch, dass alles einfach sehr groß war. Es waren so viele Zuschauer da“, erinnert sich die Weltranglistenachte.
Die Vorfreude ist deshalb auch in diesem Jahr wieder groß. Volle Stadien im Mutterland des Bogensports – bessere Voraussetzungen kann es nicht geben. „Wir freuen uns alle. Wir hatten vor zwei Wochen noch mal ein Trainingslager und haben da sehr viel und intensiv zusammen trainiert. Da haben wir eigentlich schon gesagt, eigentlich könnten wir jetzt gleich an den Flughafen fahren und losfliegen. Jeder redet von der WM, man denkt jeden Tag dran“, beschreibt Bauer ihre Gefühlswelt.
Selbstvertrauen dürfte die Recurve-Bogenschützin, die am 1. September ihren 30. Geburtstag gefeiert hat, genügend haben. Die Ergebnisse der letzten Monate zeigen eine aufsteigende Form. Beim letzten Weltcup in Madrid schaffte es Bauer im Einzel bis in das Viertelfinale, beim European Grand Prix in Arnheim sammelte sie zwei Goldmedaillen im Mixed und im Team. „Grundsätzlich lief die Saison richtig gut. Ich hatte, nachdem ich nach den Olympischen Spielen so lange Pause gemacht habe, nicht damit gerechnet, dass ich schon so schnell wieder in so einer guten Verfassung bin. Ich habe natürlich international noch keine Einzelmedaille gewonnen, aber ich weiß, dass alles möglich ist. Und ich hoffe, dass ich an die Ergebnisse und an das Gefühl der letzten Wettkämpfe anknüpfen kann. Und was dann am Ende rauskommt, werden wir sehen.“
Die WM bietet dabei einen großen Unterschied zu den Weltcups: Sie wurde verkürzt. Alle Wettkämpfe, die sonst von Dienstag bis Sonntag geschossen werden, finden diesmal von Dienstag bis Freitag statt. „Eine Umstellung ist das an sich nicht, aber vor allem der Dienstag wird sehr anspruchsvoll. Normalerweise schießen wir an einem Tag nur Qualifikation und dann ist das vorbei. Diesmal schießen wir die Qualifikation plus am Nachmittag alle Teammatches bis zum Halbfinale und auch noch das Mixed bis zum Halbfinale. Das ist mental schwierig. Das ist dann auch die Herausforderung, und das kann man auch nicht wirklich trainieren. Da kann man nur gut regenerieren“, weiß Bauer, die bereits am Freitag in Gwangju angekommen ist. Bis zum Start am Dienstag steht primär die Regeneration im Vordergrund: „Man muss sich ja doch an die Zeitverschiebung und das Klima gewöhnen. Auch das Material muss normalerweise ein bisschen angepasst werden. Wir haben extra jemanden dabei, der das dann alles checkt, weil die Bögen sich verstellen können, wenn es wärmer ist. Da muss man dann immer noch ein bisschen rumtüfteln.“
Ein konkretes Ziel für die WM hat sich Bauer nicht gesetzt. Im Einzel geht ihr Blick auf die Top 16, im Team auf die besten acht. Bauer und ihre Teamkolleginnen wollen sich vorerst aber auf ihre eigene Leistung konzentrieren. „Mein Hauptziel ist, dass ich danach in den Flieger einsteigen und mit einem reinen Gewissen sagen kann, dass ich mein Ding gemacht, mich nur auf mich konzentriert und 100 Prozent gegeben habe. Dann habe ich alles getan, was ich tun kann. Der Rest ist nicht nur von mir alleine abhängig. Da braucht man dann immer noch das gewisse Etwas an Glück“, so Bauer. Sollte sie dieses nötige Glück haben, wäre auch eine Sensation wie 2023 in Berlin wieder möglich.