„Einige bittere Erlebnisse gehabt“

von Redaktion

Im Podcast „Hart gecheckt“ der OVB-Sportredaktion rund um die Starbulls Rosenheim war Cheftrainer Jari Pasanen zum Start der neuen Episoden zu Gast. Darin erklärte der Deutsch-Finne, der ja auch Sportlicher Leiter bei den Starbulls ist, warum es im Sommer so einen großen Umbruch gegeben hat.

Rosenheim – Jari Pasanen ist ein spannender Gesprächspartner. Der erfahrene Trainer redet nicht um den heißen Brei herum, weshalb auch die neueste Podcast-Folge von „Hart gecheckt“ wieder ganz besonders war. Darin erklärt der Rosenheimer Coach auch die Gründe für den Umbruch im Sommer. In der Rubrik „Nachgekartelt“ spricht Pasanen mit der OVB-Sportredaktion über die Schwierigkeiten in diesem Transferfenster, die Team-Chemie und Tryout-Verträge.

Die letzte Saison ist gut gelaufen mit dem fünften Platz, mit dem Viertelfinale. Wieso gibt es dann einen Umbruch?

Ich glaube, ganz Rosenheim war zufrieden, so wie man gespielt hat. Der Trainer eigentlich auch. Alle Achtung davor, was die Truppe mit Verletzungen und mit Krankheiten, generell der kurzen Bank, geleistet hat. Die Jungs haben einen super Job gemacht und den fünften Platz erreicht. In den Playoffs war Dresden einfach besser. Aber deswegen war die Saison gut. Dann fangen die Verhandlungen für die neue Saison an. Und tatsächlich ist es so passiert, dass viele Spieler nicht mehr zurückgekommen sind.

Was sind denn die ausschlaggebenden Gründe dafür gewesen?

Ausschlaggebend für Profis ist sicherlich die finanzielle Frage. Das kommt immer zuerst. Ein Spieler möchte so und so viel verdienen und der Verein möchte nur so und so viel ausgeben. Der zweitwichtigste Faktor ist die Rolle des Spielers. Letztes Jahr hatten wir Spieler, die in der zweiten Reihe gespielt haben. Und wenn sie jetzt hören, dass es nächstes Jahr die dritte Reihe wird, dann kommt das ja nicht so gut an. Das ist auch verständlich. Aber dann gibt es auch andere Faktoren: Wenn ein Spieler bei uns zum Beispiel arbeiten möchte, akzeptiert das unser Vorstand nicht. Das hatten wir schon mal mit Steffen Tölzer. Und: Auch die Sportler müssen sich außerhalb der Eishalle sportlich präsentieren. Und manchmal gibt es Situationen, wo sich der Sportler nicht so präsentiert, wie es sich der Verein wünscht. Der ein oder andere hat sich da auch Fehltritte geleistet. So haben wir schon einige Gründe, warum es mit dem einen oder anderen nicht geklappt hat.

Der Aufschrei war groß, weil drei Ikonen aus dem Meisterkader von damals nicht mehr mit dabei sind. Hat es Sie auch überrascht, dass Sie so viele Wechsel vornehmen mussten?

Eigentlich schon. Ludwig Nirschl hat schon früh, ich glaube im Januar, signalisiert, dass er in die Oberliga möchte. Er möchte eine große Rolle in einer Mannschaft haben. Aber er war ziemlich der Einzige, der schon früh signalisiert hat, dass er weggeht. Es ist immer ganz wichtig, dass man einen gewissen Stamm hat, um dann Neue zu integrieren. Es ist ganz wichtig für das Spielsystem, dass das viel schneller funktioniert.

Im Podcast haben viele Spieler vorgeschwärmt, dass die Team-Chemie sehr, sehr gut ist. Wie schwierig ist es dann, wenn ein Teil vom Kader wegbricht?

Das ist noch mehr Arbeit für den Trainer und die Betreuer. Neue Spieler kommen und bringen neue Angewohnheiten mit sich. Aber vor zwei Jahren haben wir 16 Leute ausgetauscht, jetzt neun – also ist es deutlich weniger. Die Mannschaft hat außerhalb des Eises vielleicht nicht so harmoniert, wie man denkt. Da gab es schon einige Sachen, die nicht so ganz okay war. Aber auf dem Eis haben die tatsächlich füreinander gekämpft und alles gegeben. Die haben hart trainiert, waren topfit und jeder hat um einen neuen Vertrag gespielt. Es gibt auch zwei junge Spieler, die weggegangen sind: Kühnhausers Berater hat uns schon im Januar informiert, dass er DEL-Angebote hat und weggehen wird. Und Zwickl hat uns auch früh informiert, dass er entweder nach Kanada geht, oder in die DEL.

Wie läuft denn die Transferzeit bei Ihnen ab?

Das ist tatsächlich ein bisschen schwierig, weil wir selber immer spielen und das Scouting deshalb für mich oder meine Trainerkollegen unmöglich ist. Wir müssen alles per Video machen und viel telefonieren. Natürlich plant man schon weit vorher für die kommende Saison. Aber wenn das letzte Spiel vorbei ist, dann geht es so richtig los. Dann ist es sehr intensiv und eine Zeit, die viel Nerven kostet.

Wann fängt man denn mit den Planungen an. Ab November mit der Deutschlandcup-Pause?

In der DEL sicherlich ja, in der DEL2 teilweise. Es kann sein, dass wir dieses Jahr schon im November, Dezember anfangen. Weil was wir dieses Jahr durchgemacht haben, das möchte ich nicht nochmal erleben. Man kann erst anfangen, wenn einigermaßen ein Etat steht. Und wir haben ja jetzt den Hallenumbau und allerlei Fragen, so ist es für unseren Vorstand auch nicht so leicht, den Etat zusammenzustellen. Tatsächlich ist es schwierig, ohne dieses Wissen zu planen. Aber dieses Jahr möchten wir schon im November anfangen.

Sie haben gesagt, dass Sie so etwas nicht nochmal erleben möchten. Was ist das konkret?

Dass wir viele Spieler nicht gekriegt haben, an denen wir dran waren und sich die Gespräche sehr spät hingezogen haben. Da sind uns Spieler durch die Lappen gegangen, und das war so ein bitteres Erlebnis. Trotzdem: Die Spieler, die wir jetzt haben, sind Leute, die wir auch wollten. Aber weil es so spät war, haben wir tatsächlich einige bittere Erlebnisse gehabt.

Wenn Sie mit Spielern sprechen: Diese Region Rosenheim mit den Bergen, der Hallenumbau – kann man damit punkten?

Mittlerweile schon. Dass Rosenheim schön ist, das wissen ja alle. Was in der Halle passiert ist, das wissen ja auch alle. Die Spieler, die hier sind oder weggegangen sind, die waren zu 95 Prozent immer zufrieden. Und deswegen haben wir uns mittlerweile einen sehr guten Ruf erarbeitet. Auch die Nachfragen von Agenten haben das bestätigt. Wir können uns glücklich schätzen, dass es mittlerweile so ist, dass viele Spieler nach Rosenheim wollen.

Wie froh sind Sie, dass ein Oskar Autio sogar bis 2027 in Rosenheim zugesagt hat?

Alle drei Torhüter sind sehr gut. Oskar hat extrem gute Leistungen im letzten Jahr gezeigt. Chris Kolarz hat diesen Sommer sehr intensiv gearbeitet, wahrscheinlich intensiver als das Jahr davor. Und unser junger Torwart Röckl hat gute Entwicklungen gemacht. Und deswegen bin ich natürlich froh, dass Autio da ist, aber auch, dass alle drei Torhüter da sind.

Der Trend geht wieder zu Mehrjahresverträgen. Spüren Sie das auch?

Das spüre ich schon, insbesondere, wenn Kinder dabei sind. Jedes Jahr ein Umzug: Jeder kann sich ausmalen, was das bedeutet. Tatsächlich möchten die Agenten gerne zwei- oder dreijährige Verträge, was ich gut nachvollziehen kann. Aber als Verein müssen wir immer überlegen, ob das für uns Sinn macht oder nicht.

Etwas neu in Rosenheim ist die Geschichte mit Tryout-Verträgen. Wie kommt bei Ihnen, der so lange im Geschäft ist, dieses Modell an?

Wir müssen schauen, dass wir das Beste für den Verein tun. Was ist das Beste für die Mannschaft? Manchmal passt es mit älteren Spielern einfach nicht mehr, wie sie sich für die Spiele vorbereiten und was sie früher immer gemacht haben. Einige ältere Spieler sind auch stur und wollen sich nicht ändern. Wir haben jetzt die Möglichkeit durch den Tryout, zu schauen, wie fit der Spieler ist, und ob er das machen möchte, was wir hier tun. Ich habe in Iserlohn auch viele negative Erfahrungen gemacht. Deswegen bin ich auch sehr vorsichtig. Fabian Dietz ist verletzt und Tobias Beck auch. Deswegen war es für uns am sinnvollsten, die Tryout-Verträge anzubieten, und Joel Keussen und Daniel Weiß haben das angenommen. Da ist man als Verein auf der sicheren Seite, und der Spieler sieht ja auch, ob es ihm gefällt. Es ist eine faire Sache für beide Seiten.

Sie schauen bei Neuzugängen stark auf Rollen, die ein Spieler innerhalb der Mannschaft einnehmen muss. Wie planen Sie da?

Nehmen wir jetzt Scott Feser, der bei uns zurzeit in der dritten Reihe spielt. Der hat aber die Fähigkeiten, auch in höheren Reihen zu spielen. Der kann locker Top-Sechs spielen, der kann auch Mittelstürmer spielen, zur Zeit ist er Linksaußen. Maxi Adam kann Außenstürmer und Verteidiger spielen, das wussten wir auch. Das waren auch Kriterien, dass wir nicht nur Dominik Kolb haben, der beides spielen kann. Jetzt haben wir „Kolbi“ und Maxi Adam für solche Rollen. Taupert hat ganz klare Möglichkeiten. Er ist der Dritte-Reihe-Spieler, der aber auch Überzahlspieler und Top-Unterzahlspieler sein kann. Wir spielen dieses Jahr mehr Forechecking, unser Unterzahlspiel ist sehr aggressiv – da passt er auch gut rein. Bei den Verteidigern geht es um Rechtshänder und Linkshänder. Dann haben wir Lars Bosecker, ein Rosenheimer. Sein Agent wollte unbedingt, dass er hierherkommt. Dann habe ich mich mit Lars und seinen Eltern getroffen. Wir haben lange Meetings gehabt und sind alles durchgegangen, was er braucht, damit er gut spielen kann. Es hat uns ein bisschen überrascht, wie weit er jetzt schon ist. Er ist zurzeit Verteidiger Nummer sieben, weil Joel Keussen da ist. Tobias Beck hatte man als Nummer sechs geplant. Dann hätten wir fünf Ü-Verteidiger gehabt, aber jetzt ist „Becky“ weg und Keussen ist da – jetzt haben wir da sechs Ü-Spieler. Das erschwert die Situation vorne ein bisschen, aber das haben wir in Kauf genommen, weil Keussen ja ein Rechtshänder ist – und den findest du nicht an jeder Ecke. Und so geht es der Reihe nach, jeder Spieler hat so eine angedachte Rolle. Es gehört viel dazu, so eine Mannschaft zusammenzupuzzeln. Man muss auch über alle Eventualitäten nachdenken, was passiert, wenn diese Leute verletzt sind.

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