Delhi/Raubling – So ganz hatte Katharina Bauer noch nicht gewusst, was auf sie zukommt, als sie ganz alleine in den Flieger nach Indien gestiegen ist. Die Weltklasse-Bogenschützin aus Raubling war eine von nur zwölf internationalen Schützen, die zur neugegründeten Archery Premier League eingeladen wurden. Zwei Wochen lang durfte die 30-Jährige dort mit den besten internationalen und indischen Bogenschützen der Welt trainieren und sich mit ihnen messen. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland sprach Bauer mit der OVB-Sportredaktion über ihr großes Abenteuer.
Haben Sie schon verarbeitet, was passiert ist?
Langsam schon. Meine ganzen Zweifel haben sich auf alle Fälle nicht bestätigt. Das waren mit die zwei schönsten Wochen meines Lebens. Ich hätte kein Problem gehabt, noch länger zu bleiben. Ich war sehr positiv überrascht.
Wie sind die Tage in Indien abgelaufen?
Eigentlich waren die Tage immer gleich. Wir haben tagsüber meistens trainiert. Außerhalb haben wir nicht so viel gemacht. Wir haben uns in Delhi die Sightseeing-Hotspots angeschaut und waren einmal in einem typischen indischen Restaurant in der Stadt. Aber sonst hat sich das meiste im Hotel abgespielt. Abends hatten wir unsere Matches. Es waren sechs Mannschaften, wir haben eine doppelte Runde jeder gegen jeden geschossen. Das waren zehn Matches. Danach waren die vier Teams mit den meisten Siegen für das Halbfinale qualifiziert.
Sie waren im Halbfinale, sind dort aber ausgeschieden.
Genau, wir haben uns als Vierter qualifiziert und haben dann das Halbfinale verloren, deswegen waren wir geteilter Dritter. Der dritte Platz ist nie separat ausgeschossen worden.
War das sportlich ein Erfolg?
Ich glaube, dass es für mein Team ein Erfolg war. Wir haben uns erst finden müssen, weil wir uns doch gar nicht gekannt hatten. Wir haben uns dann über die Zeit gefunden und gut zusammengearbeitet.
Sie durften zwei Wochen lang mit den Besten der Welt trainieren. Was nehmen Sie sportlich mit?
Da nimmt man wahnsinnig viel mit, auch über Strukturen und Trainingsphilosophien. Man tauscht sich wahnsinnig viel aus und merkt dann doch, dass man sich ähnlicher ist, als man meint. In meinem Team war der Weltranglistenerste im Compoundbogen. Zwei Wochen lang neben ihm zu schießen ist schon richtig cool, weil man da so viel über Präzision lernt. Das ist zwar ein anderer Bogen, aber man sieht jemandem zu, der im Training nahezu nur Zehner schießt. Ich habe die Zeit auf alle Fälle für mich genutzt.
Wie groß war die Aufmerksamkeit der Bevölkerung? Wie ist das Format aufgenommen worden?
Das hat sich tatsächlich über die Zeit entwickelt. Die ersten Tage war es eher ruhiger, aber am Ende war dann die komplette Tribüne voll, es waren fast 1000 Inder da. Auch online haben es wahnsinnig viele Leute im Livestream verfolgt. Es gab einen kostenlosen Youtube-Livestream und in Indien ist es im Fernsehen gelaufen. Grundsätzlich war die Medienpräsenz sehr groß. Wir hatten am vorletzten Tag eine Pressekonferenz mit allen großen Nachrichtensendern von Indien. Der indische Sportminister war einmal da, auch der Bürgermeister von Delhi.
Wie war die Aufmachung der Wettkämpfe?
Das war richtig gut. Diese Arena, die aufgebaut wurde, hat es zweimal durch Unwetter fast komplett zerstört. Aber die Arbeiter haben es immer wieder geschafft, sie über Nacht wieder aufzubauen. Wenn man einen Zehner geschossen hat, sind Feuerfontänen herausgekommen, Trommler waren da, Tänzerinnen waren da, die dann jeden Pfeil gefeiert haben. Dieses ganze Format war einfach sehr spannend.
Nach Ihren Erfahrungen: Hat diese Liga eine Zukunft?
Jeder von meinen Bekannten, der sich das Turnier angeschaut hat, hat gesagt, dass das super spannend ist. Die Zeit war ein großer Faktor. Wir hatten im Teamwettkampf sehr wenig Zeit, dadurch haben es die Teams am Ende teilweise nicht mehr geschafft, den letzten Pfeil zu schießen. So kann man das Match am Ende noch hergeben. Deswegen denke ich, dass dieses Format auf alle Fälle Zukunft hat – und so wie es sich angehört hat, wird es in Zukunft auch fortgeführt.
Nur in Indien?
Das weiß ich nicht, aber ich kann sagen, dass Indien da auf alle Fälle das richtige Land dafür ist. Da ist eine sehr hohe Leistungsdichte. In Deutschland hätten wir gar nicht so viele Leute, um diese Teams mit der Qualität zu bestücken. Aber es würde dem deutschen Bogensport auf alle Fälle gut tun, wenn man Wettkämpfe fördert, bei denen die Nachwuchsschützen mit den Profis zusammen schießen. Bei mir im Team war eine Schützin, die 15 Jahre alt und Vizeweltmeisterin in ihrer Altersklasse ist. Das hilft ihr weiter, aber das nutzt auch mir.
Besteht die Chance, dass Sie nächstes Jahr wieder dabei sein werden?
Das kommt drauf an, wie man in der Weltrangliste platziert ist. Ich hoffe natürlich, dass ich dabei sein darf, aber sie haben schon gesagt, dass sie nur noch die Top Ten der Welt einladen werden. Da muss man halt dann schauen, wie ich in der Weltrangliste stehe. Dieses Jahr war ich zu dem Zeitpunkt Siebte. Das ist auf alle Fälle mehr Ansporn, in der Weltrangliste nach vorne zu kommen und dort zu bleiben. Marinus Obermaier