Strassenausbau

Straßen-Rechnungen jetzt rausschicken?

von Redaktion

Der politische Wille im bayerischen Landtag steht: Die Straßenausbaubeitragssatzung soll abgeschafft werden – damit würden die Anlieger bei Straßenausbauten nicht mehr zur Kasse gebeten. Viele Gemeinden stehen jetzt vor einem Rätsel, darunter auch Kolbermoor: Denn was ist mit bereits geplanten oder noch nicht vollständig abgerechneten Straßen?

Kolbermoor – Der Landtagswahlkampf wirft bereits seine Schatten voraus: Die Freien Wähler hatten die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung angestoßen, die CSU schloss sich, wie berichtet, an – und somit ist die bei Grundstücksbesitzern ganz und gar nicht beliebte Kostenbeteiligung am Straßenausbau vom Tisch.

Was für viele Bürger ein Segen ist und so manch einem Anlieger tausende Euro erspart, stellt die Kommunen nun vor eine Herausforderung: Wie soll mit bereits geplanten Straßenprojekten umgegangen werden? Und wie steht es um zwar ausgebaute, aber noch nicht vollständig abgerechnete Straßen? Darüber zerbricht sich auch die Kolbermoorer Stadtverwaltung den Kopf, allen voran Bürgermeister Peter Kloo. Eine Lösung erhofft er sich von einem Termin im Ministerium in dieser Woche.

In Kolbermoor besteht für eine ganze Reihe Straßen Klärungsbedarf: Zuletzt wurden Angerbauer- (2015), Lux-, Baier- und Zeppelinstraße (2017) ausgebaut, ebenso weite Teile der Oberen und Unteren Mangfallstraße. Der Ausbau des östlichen Teilstückes der Unteren Mangfallstraße ab der Brücke Carl-Jordan-Straße wäre für dieses Jahr vorgesehen – doch wie damit umgehen? Den Ausbau wie geplant durchziehen, wobei die Anlieger außen vor wären – doch dann könnte man sich womöglich einen wie auch immer gearteten finanziellen Ausgleich des Freistaates „verbauen“, wenn ohne Finanzierungszusicherung losgelegt würde, befürchtet der Bürgermeister. Und dann sind da noch die Anlieger der bereits ausgebauten Mangfallstraße, die teils schon viele Tausend Euro berappen mussten. „Egal wie man es handhabt, für irgendeinen ist es immer ungerecht“, kann Kloo nur den Kopf schütteln.

„Gerechtigkeit wird man damit nicht erzielen können.“

Bürgermeister Peter Kloo

In der Bredouille ist die Stadt nun auch mit den Straßenzügen, die ausgebaut und deren Anlieger bereits Vorauszahlungen geleistet haben, wo aber die Endabrechnung noch nicht erfolgt ist. Als Beispiele nennt Kloo die Luxstraße und die Untere Mangfallstraße zwischen den beiden Straßenbrücken – für beide Straßenzüge hat die Stadt 2017 bereits die Vorauszahlung von den Anwohnern eingezogen. Die Endabrechnung der letzten zehn Prozent wäre jetzt fällig. „Und diese Bescheide sollen wir jetzt rausschicken?“, fragt sich der Rathaus-Chef. Noch keinerlei Abrechnung ist indes für die Obere Mangfallstraße erfolgt – man hatte erst die endgültige Beteiligung durch die Stadt aufgrund des Freibades samt Parkplätzen und insbesondere des Freistaates Bayern (Wasserwirtschaftsamt) über den Hochwasserschutz klären wollen. Und auch hier stellt sich für den Bürgermeister die Frage: Rechnung rausschicken oder nicht? „Die Frage ist, wie erklärt man es den Bürgern, dass der eine bezahlen muss oder bereits musste, der andere nicht?“ Denn eines ist zumindest klar: Rückzahlungen soll es keine geben, darauf hat man sich im Landtag bereits verständigt.

Nicht betroffen von der Straßenausbaubeitragssatzung sind indes die „Siedler-Straßen“ im Norden von Kolbermoor wie Hermann-Löns-, Ludwig-Prager- und Rudolf-Hausenblas-Straße etc., die ebenfalls in den letzten Jahren Stück für Stück rundumerneuert wurden. Dabei hat es sich nach den Worten von Kloo allerdings um einen so genannten Erstausbau gehandelt – und Ersterschließungen dürfen zumindest bis 2021 noch über Anliegerbeiträge abgerechnet werden. „Doch was machen wir jetzt mit den noch ausstehenden Straßen in der Siedlung?“, fragt sich Kloo. Für das Jahr 2019 wäre die Peter-Rosegger-Straße auf dem Ausbauplan gestanden, aber auch Wilhelm-Busch-Weg und Balthasar-Bichler-Weg stehen noch aus.

Ein klassischer Fall für Anliegerbeiträge wären indes die Ausbauten einer ganzen Reihe weiterer Straßen gewesen, die nach den Worten von Kloo teils dringenden Sanierungsbedarf haben, wie die VdK-Siedlung, Wiesen- und Glückstraße, Jackelbergstraße, Harthausener Straße und viele mehr. „Sie stehen alle auf der Mängelliste und müssten angepackt werden“, führte der Bürgermeister aus. „Die Frage ist jetzt nach dem Kostenersatz.“ Des Weiteren befürchtet Kloo nun eine steigende Erwartungshaltung der Anwohner – „denn wenn sie selbst nichts mehr für den Straßenausbau bezahlen müssen, stehen sie bei uns auf der Matte.“

Letzten Endes hält der Rathauschef wenig von dem Schnellschuss aus München. „Für mich ist es eine populistische und verantwortungslose Entscheidung, bei der es bayernweit um Milliarden geht und wo es bis heute keinen Ansatz gibt, wie es kompensiert werden soll. Letzten Endes zahlt das Geld dann doch wieder der Steuerzahler, die Mittel werden eben woanders abgezogen.“ Und Kloo fügt hinzu: „Gerechtigkeit wird man damit nicht erzielen können – maximal eine sehr teuer erkaufte Gerechtigkeit.“

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