Kolbermoor – Das Krematorium in Kolbermoor soll in zwei bis drei Jahren „Am Rothbachl“ entstehen (wir berichteten). Jetzt formiert sich Widerstand – nicht nur unter den Anwohnern. Zum einen in den sozialen Netzwerken, zum anderen macht ein anonymes Schreiben, das der Redaktion vorliegt, die Runde. „Das hatten wir im Briefkasten“, erklärt ein Anwohner. Wer dahinter steckt, wisse er nicht.
Kampf mit
verdecktem Visier
Bürgermeister Peter Kloo liegt das Schreiben auch vor, aber er weiß ebenfalls nicht, von wem es ist. „Dass jemand mit verdecktem Visier kämpft, zeigt, dass er sich seiner Sache nicht sicher ist“, sagt der Rathauschef gegenüber dem Mangfall-Boten. Und: „Ich finde es schade, dass mit solchen reißerisch aufgemachten Flyern ohne jede Sachkenntnis Stimmung gemacht wird“, erklärt Kloo weiter.
Aber was steht drin? „7000 Verstorbene jährlich, 20 Leichen täglich, die aus einem Umkreis von 150 Kilometern nach Kolbermoor gebracht werden sollen.“ Der Rathauschef sagt, dass es richtig ist, dass die Leichen aus einem Radius von 150 Kilometern in die Mangfallstadt gebracht werden sollen. Obendrein wird behauptet, dass jährlich 7000 Verbrennungen vorgesehen sind. Auch das stimmt – teilweise. „Zunächst sollen jährlich 3500 Leichen verbrannt werden“, erklärt Kloo. Mit einer weiteren angedachten Ofenlinie für die Verbrennung könne man „maximal“ 7000 Feuerbestattungen vornehmen.
Darüber hinaus befasst sich der anonyme Verfasser auch mit der Verkehrssituation: „Da in diesem Krematorium auch noch Verabschiedungen und regelmäßig ,Tage der offenen Türe‘ geplant sind, ist mit einer erheblichen Zunahme der Verkehrs- und Parkplatzsituation zu rechnen“, heißt es.
Rathauschef Kloo erklärt hierzu, dass das Verkehrsaufkommen maximal bei 60 Fahrzeugen pro Tag liegt. Damit sind allerdings nicht nur die Leichenfahrzeuge gemeint, sondern auch die von Familienangehörigen der Verstorbenen. „Gibt es beim Aldi Sonderangebote, ist dort mehr los“, erklärt Kloo.
Des Weiteren heißt es: „Nur weil es der Gesetzgeber so vorsieht, dass die Öffentlichkeit letztendlich über eine solche Baumaßnahme informiert werden muss, findet nun am Ende der Planungsphase nachfolgender Info-Abend für die Bürger statt.“
Termin nicht in
den Pfingstferien
Der Infoabend ist am Dienstag, 25. Juni, ab 18.30 Uhr im Rathaus geplant – rund drei Wochen nach Bekanntgabe der Planungen. Kloo erklärt, dass er den Infoabend nicht innerhalb der Pfingstferien abhalten wolle. Deshalb wurde „gleich in der Woche nach den Ferien der Termin vereinbart“.
Zu dem sind auch Experten, darunter Ingenieure, eingeladen, die über die Filtersysteme der Schornsteine informieren. Denn auch darauf bezieht sich der anonyme Verfasser: „Aus dem 15 Meter hohen Schornstein wird rund um die Uhr Rauch austreten, welcher im Falle eines technischen Defekts auch mit Schadstoffen und erheblichen Geruchsemissionen behaftet sein kann.“
Einen Einblick haben Kloo und die Stadtratskollegen schon bei einem Besuch im Krematorium in Traunstein erhalten: „Einige haben gedacht, wir sind am falschen Ort angekommen, weil nichts auf ein Krematorium hingewiesen hat.“ Auch der katholische Pfarrer habe sich an den Rathauschef gewandt und sich „positiv“ über den Bau des Krematoriums geäußert. Er war gestern allerdings zu einer Stellungnahme nicht zu erreichen.
Das Traunsteiner Krematorium habe seine Kapazitätsgrenze erreicht, so Kloo. Auch in Kolbermoor werden immer mehr Menschen verbrannt. Bis 2010 hielten sich Erd- und Feuerbestattungen die Waage, so der Rathauschef. Mittlerweile gibt es in Kolbermoor ein Drittel Erd- und zwei Drittel Feuerbestattungen. Der Verfasser stellt schlussendlich die Frage, wer sich traut ein Bürgerbegehren zu initiieren: „Wer traut sich zu, ein Bürgerbegehren in die Wege zu leiten?“, fragt der Verfasser. Sollte es dazu kommen, wird die Stadt das prüfen lassen, so Kloo. In den sozialen Netzwerken brodelt es seither: Allerdings stammen viele Gegner der Krematoriums-Ansiedlung nicht nur aus Kolbermoor, sondern auch aus umliegenden Gemeinden, wie beispielsweise Bruckmühl.
Soziale Netzwerke:
Es brodelt
„Bin fassungslos, wie kann man ein Krematorium in unmittelbarer Wohnbebauung bauen“, schreibt ein User. Ein anderer „warum kann man das nicht weitab vom Wohngebiet bauen?“, fragt ein anderer. Aber es gibt auch Fürsprecher: „Ich wohne etwa 500 Meter vom neuen Friedhof weg und uns stört das Krematorium nicht.“ Ein anderer: „Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, welchen Wirbel man hier um ein Krematorium macht, es wird ja kein Endlager für Atommüll gebaut. Am Ostfriedhof in München, steht auch ein Krematorium. Kenne niemanden, der dort wegen Geruchsbelästigung umgezogen wäre oder sich die Mieten dort als äußerst günstig erweisen. Man kann sich doch mit denen in Verbindung setzen. Dieses billige Argument: Sollen sie es doch bei den anderen bauen und ned bei uns – find ich schon zum Kotzen.“ Das sieht Kloo ganz ähnlich: „Es kann ja nicht nach dem Floriansprinzip gehen.“