Kolbermoor – Die Temperaturen im Mareis-Saal waren jenseits der 30 Grad – und so erhitzt war auch ein Großteil der gut 400 Bürger, die an der Krematoriums-Informationsveranstaltung teilnahmen. Es gab sachliche, informative Beiträge, aber auch viele emotional-geladene.
So wurden beispielsweise der Traunsteiner Unternehmer Thomas Engmann und seine Feuerbestattung Südostbayern (FBSO) lautstark als „Wanderzirkus“ bezeichnet, „der landauf, landab nach einem Standort suche“.
Kirchenvertreterin erntet Buh-Rufe
Überdies ließ die Menge die kirchlichen Vertreter nicht ausreden. Die evangelische Pfarrerin Birgit Molnàr und die katholischen Pastoralreferentinnen Martina Mauder und Elisabeth Maier wollten ihre Argumente vorbringen, warum sie den Standort als sinnvoll erachten (Bericht folgt).
Molnar kam nicht weiter, als einen Halbsatz dazu zu sagen, bevor ihr durch laute und viele Buh-Rufe das Wort abgeschnitten wurde. Mit den Worten „wir können hier nicht nach dem Floriansprinzip vorgehen“, gingen die drei unter weiteren Buh-Rufen und höhnischem Applaus zu ihren Plätzen zurück.
Eingangs sagte Rathauschef Peter Kloo, dass man die Bürger nicht mit „fixen Beschlüssen konfrontieren, sondern informieren wolle“. Und so starteten die eingeladenen Experten mit ihren jeweils etwa zehnminütigen Vorträgen. Zu Gast war der Architekt Hartmut Hinz, der erklärte, dass man ein Krematorium so bauen könne, dass es genau in die Umgebung passt, beispielsweise mithilfe ausgewählter Materialien, wie Holz. Ingenieur Heiko Friederichs berichtete über Feuerungs- und Anlagenbau. Chemiker Dr. Jörg Bachmann sprach über die Emissionen und Immissionswerte des Krematoriums –„die zulässigen Grenzwerte werden nie erreicht“.
100 Meter von Wohnhäusern weg
Als erster war Thomas Engmann, der das Krematorium in Traunstein betreibt, an der Reihe. Nach Erklärungen zur Feuerbestattung berichtete er auch über die Proteste der Traunsteiner vor 20 Jahren – „die waren auch groß, aber nicht so polemisch“. Dort sei die Wohnbebauung 75 Meter von der Feuerbestattung entfernt, sagte er. In Kolbermoor sind es laut Kloo etwa 100 Meter. Und Engmann weiter: Nachdem das Krematorium in Betrieb genommen wurde, seien die einstigen Protestler zu ihm gekommen: „Sie haben sich bei mir entschuldigt und gesagt, dass sie weder etwas hören, noch riechen“, erklärte er.
Ein Besucher schrie „Lügner“ – woraufhin Engmann nur sagte: „Ich wohne 500 Meter vom Standort entfernt. Ich lüge nicht. Kommen Sie und schauen Sie es sich an.“
Das hatten bereits mehrere Bürger getan. Wie unter anderem Elisabeth Seidl. Dort sei es pietätvoll, sauber und es habe auch nicht gerochen. Des Weiteren sagte sie: „Auch auf die Gefahr hin, dass ich gelyncht werde. Ich bin für das Krematorium am Neuen Friedhof.“
Sie war eine von wenigen, die sich an diesem Abend für das Krematorium an dem von der Stadt anvisierten Ort aussprach. Sie erläuterte auch ihre Hintergründe: „Ein Leichnam gehört doch zu uns. Man muss den Toten eine Stimme geben“, appellierte sie.
Gegner kritisieren geplanten Standort
Dass ein Krematorium sinnvoll ist, das befürworteten die Bürger nahezu unisono. Allerdings sei der Standort der falsche: „Ein Krematorium neben einem Friedhof? Das erschließt sich mir nicht“, sagte Günther Schlarb von der Bürgerinitiative, die das Krematorium stoppen will und jetzt ein Bürgerbegehren anstrebt.
Ein anderer erklärte: „Man könnte das Krematorium auch neben dem Rathaus bauen.“ Daraufhin der Bürgermeister: „Da ist keine Fläche frei und dort würde der ganze Verkehr durch die Stadt führen.“ Der geplante Standort sei quasi neben der Staatsstraße – bis zum Krematorium müssen nur 60 Meter auf der Zufahrtsstraße gefahren werden.
Laut wurden jedoch auch diese Stimmen unter den Zuhörern: „Aber das ist mitten im Wohngebiet.“ Die Fläche, auf der das Krematorium entstehen soll, sei kein Wohngebiet, sondern als ein Sport- und Freizeitgelände ausgewiesen, hielt Kloo dagegen. Aus diesem Teilstück soll nun per Stadtratsbeschluss ein Sondergebiet „Feuerbestattung“ werden (Bericht folgt).