„Das Heute ist das Gestern von morgen“

von Redaktion

Heimat- und Industriemuseum dokumentiert seit 25 Jahren die Geschichte der Stadt

Kolbermoor – Man könnte drum wetten, und es wäre wahrscheinlich kein allzu großes Risiko: Wenn man in Kolbermoor eine Umfrage zum Thema Heimat- und Industriemuseum startete, bekäme man wohl hauptsächlich zwei Antworten: „Da waren wir schon mal!“ – womit nicht selten ein Besuch während der Grundschulzeit gemeint wäre. Und: „Da müssen wir mal hingehen!“ – was sich meist auf ein bereits länger gehegtes Vorhaben bezieht, dessen Verwirklichung aber auch weiterhin auf sich warten lassen wird.

Immer auf der
Suche nach „Neuem“

Dabei wäre das Heimatmuseum nicht nur einmal, sondern immer wieder einen Besuch wert. Denn da ist Stefan Reischl, Vorsitzender des Fördervereins des Heimatmuseums, und um ihn ein harter Vereinskern, der aus etwa zehn bis 15 Personen besteht. Sie sind stets auf der Suche nach „Neuem“: Dokumente, Fotos, Ausstellungsstücke. „Das Schöne an Kolbermoor ist, dass seine Geschichte eigentlich erst vor 150, 170 Jahren so richtig begann“, sagt Stefan Reischl. „Und das ist eine Zeitspanne, aus der sich noch viel erhalten hat, sei es an Schriftlichem oder an Gegenständen.“

Natürlich ist die Geschichte der Stadt, was die reinen und harten Fakten angeht, gut erforscht und auch dokumentiert. Aber durch Fakten allein wird Geschichte noch nicht lebendig. Fakten – sie sind das eher „trockene“ Grundgerüst, das vielen noch aus dem Geschichtsunterricht in unguter, sprich langweiliger Erinnerung ist. Plastisch werden die Fakten dann, wenn sie mit Geschichten angereichert werden können, mit den kleinen und großen Alltagserlebnissen, die ein Menschenleben ausmachen – und eben auch in früheren Zeiten ausgemacht haben.

Im Obergeschoss des Museums findet sich da zum Beispiel eine Nachbildung einer Arbeiterwohnung aus den Anfängen der Spinnerei. Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche – alles in einem Raum. Für sich schon faszinierend, doch ist das erst der Startpunkt für Fantasie und Nachdenken.

Denn die Verhältnisse muten heute ungeheuer beengt an, waren es natürlich auch früher, obwohl die Wohnhäuser der Spinnerei die Spitze des damaligen Wohnungsbaus waren. Und man kann sich vorstellen, dass das Aufleben des Vereinswesens um die Jahrhundertwende, auch die damalig blühende Wirtshauskultur doch auch einiges mit diesen Wohnumständen zu tun hatten: dem Bedürfnis, außerhalb der beengten eigenen vier Wände den Platz für Spaß und Freude zu finden. Die Führungen durchs Museum, die das Team anbietet, machen es deshalb eigentlich erst so richtig zu einem Erlebnis. Weil man da Geschichten erfährt und Erläuterungen bekommt, die die damalige Zeit dann so richtig plastisch werden lassen. Und davon haben die „Museumsführer“ mehr als genug. Denn der Antrieb, der sie – wie eigentlich alle rund hundert Mitglieder des Fördervereins – zum Museum brachte, ist im Grunde ein und derselbe: die Überzeugung, dass die Beschäftigung mit Geschichte ein spannendes Abenteuer ist. Es geht um die Entdeckung neuer, unbekannter Welten, nur dass diese eben nicht in fernen Ländern, sondern in der Vergangenheit zu finden sind.

Ein niemals enden
wollendes Abenteuer

Ein Abenteuer, das übrigens nie aufhört. Denn, wie Stefan Reischl sagt: „Das Heute ist das Gestern von morgen.“ All das, was heute Alltag ist, den man zur Kenntnis, aber nicht richtig wahrnimmt, wird morgen dann Fragen aufwerfen: Wie haben die Kolbermoorer „damals“ tatsächlich gelebt, was hat ihr Lebensgefühl bestimmt? So wird von den Museumsleuten all das dokumentiert, was sich in Kolbermoor ändert, an dem man aber im normalen Leben mehr oder weniger achtlos vorübergeht: Wie sahen zum Beispiel der Bahnhof und der Platz davor früher aus, wie heute, wie veränderte er sich durch die Tonwerksunterführung, durch die Sanierung der alten Apotheke, durch den jetzigen Umbau des Bahnsteigs. Deshalb wünscht sich das Museum jetzt, da in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen ansteht, nicht nur viele neue Besucher, sondern durchaus auch Kolbermoorer, die sich am Abenteuer Geschichte aktiv beteiligen und dem Förderverein des Museums anschließen möchten.

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