Energieversorger setzt auf Fernwärme

von Redaktion

Interview mit Heiko Peckmann, Geschäftsführer der INNergie GmbH

Kolbermoor – Etwa 80 Gebäude werden in Kolbermoor mit Fernwärme versorgt. Nach Beginn des Ukrainekrieges im Februar 2022 und der öffentlichen Debatte über die Heizungstransformation war die Nachfrage nach Fernwärme enorm angestiegen. Warum sie zwei Jahre später wieder gedämpft und trotzdem nicht nur für das Klima eine der nachhaltigsten Optionen für die Zukunft ist, erklärt Heiko Peckmann, Geschäftsführer die INNergie GmbH, im Interview mit dem Mangfall-Boten.

Im vergangenen Jahr kam die INNergie den Kundenanfragen zum Anschluss ans Fernwärmenetz kaum nach.

Jetzt stagniert die Nachfrage. Woran liegt das?

Durch den Krieg in der Ukraine, die Sanktionen gegen Russland und das Ende der russischen Gaslieferungen war Erdgas zwischenzeitlich extrem teuer geworden. Die Gaspreise sind am Markt vom bereits gestiegenem Niveau im Januar 2022 mit 70 Euro pro Megawattstunde (MWh) auf ein Maximum von 315 Euro pro MWh im August 2022 gestiegen. Seitdem sinkt der Gaspreis und ist aktuell wieder auf Vorkriegsniveau zurückgegangen. Die Fernwärme kostet deutlich über 10 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Trotzdem bleibt sie für den Endkunden interessant, denn wer über eine Heizungserneuerung nachdenkt, sollte eine langjährige Vollkostenkalkulation aufstellen, bei der er unter anderem die Kosten für Bau und Betrieb einer neuen, privaten Heizung mit nachhaltiger Energiequelle mit den Kosten für Fernwärme vergleicht. Ein wesentlicher Vorteil der Fernwärme ist, dass die Anlagen vom Energieversorger – also in Kolbermoor von der INNergie – betrieben werden. Der Endkunde hat also keine Verantwortung für Wartung, Reparatur oder bei Ausfall den Austausch der Anlage. Er muss sich auch keine Gedanken darüber machen, wie er bis 2045 CO2-neutral heizt. All das macht der Energieversorger. Er erforscht und erschließt erneuerbare Energiequellen. Er trägt die Kosten für die Umrüstung der Anlagen. Und so ist Fernwärme auch beim aktuell niedrigen Gaspreis eine bessere, nachhaltigere und vor allem sorgenfreie Form der Wärmeversorgung.

Wie gibt der Wärmeversorger, also die INNergie, den jeweiligen Erdgaspreis an die Kunden weiter?

Der Gaspreis wird zeitversetzt entsprechend unserer Vereinbarungen weitergegeben. Um für die Kunden die Risiken und Preisschwankungen am Energiemarkt abzufedern, wird Energie langfristig im Voraus beschafft. Diese sogenannte strategische Beschaffung ist die Grundlage für eine risikoarme und spekulationsfreie Energiebeschaffung, auf die sich Kunden verlassen können. Damit haben die oben beschriebenen Preisentwicklungen an den Märkten verzögert und abgefedert Auswirkungen auf die privaten Haushalte. Beispielsweise setzt sich der Fernwärmepreis 2024 gemäß den Lieferverträgen aus dem Zeitraum von Oktober 2022 bis September 2023 zusammen. In diesem Zeitraum haben wir als Versorger mit einer bestmöglichen Beschaffungsstrategie das Gas zu den damals geltenden Marktpreisen eingekauft, um die Versorgung unserer Kunden langfristig zu sichern.

Wie haben sich

die Preise für

Fernwärme entwickelt?

Im Jahr 2022 kostete die Kilowattstunde Fernwärme in Kolbermoor unter 10 Cent. Grundlage dafür war wiederum gemäß den Lieferverträgen der Zeitraum von Oktober 2020 bis September 2021. Die Preise 2023 waren entsprechend von den Entwicklungen des Zeitraumes Oktober 2021 bis September 2022 abhängig, welcher bereits vom Ukrainekrieg und den steigenden Preisen an den Märkten beeinflusst war. Für 2023 stieg der Preis somit auf knapp über 10 Cent pro Kilowattstunde an. Das kam beim Endkunden nicht direkt an, da dank der Energiepreisbremse der Bundesregierung die Kosten für 80 Prozent der verbrauchten Menge gedeckelt wurden. Konkret heißt das für Kolbermoor: 80 Prozent der Fernwärmemenge hatten einen Preis entsprechend der Energiepreisbremse von 9,5 Cent pro Kilowattstunde, 20 Prozent den vollen Arbeitspreis.

Was bedeuten die Einzelpreise pro Kilowattstunde beim durchschnittlichen Jahresverbrauch von etwa 12000 kWh

eines Zwei-Personen-Haushaltes?

Dieser exemplarische Zwei-Personen-Haushalt erhielt 2022 eine Fernwärmerechnung von 1056 Euro. 2023 hat er durch die Energiepreisbremse circa 100 Euro eingespart und 1163 Euro gezahlt. Für 2024 muss der Kunde nun mit etwa 1700 Euro rechnen. Das ist ein Preisanstieg von 60 Prozent gegenüber 2022. Der Preis kann und wird entsprechend der aktuellen Marktentwicklungen zukünftig wieder sinken.

Bei dieser Betrachtung muss uns aber auch eines klar sein: Energie wird so schnell nicht mehr so preiswert sein wie vor dem Ukrainekrieg. Die Transformation des Energiesektors auf CO2-neutrale Quellen bis 2045 wird sich – egal bei welcher Heizungsart – in den Kosten widerspiegeln. Auch die Fernwärmenetze werden auf erneuerbare Energien umgestellt: Beispielsweise auf Abwärme aus den verschiedensten Quellen, Wärmepumpen oder nach 2030 eventuell auch auf Wasserstoff oder auch Geothermie. Jeder Einzelne kann dieser Kostensteigerung durch Einsparung, Effizienzsteigerung und Modernisierung seiner Gebäude entgegenwirken. Somit können auch die Gesamtkosten für das Heizen im Griff behalten werden.

Wie geht der Ausbau

des Fernwärmenetzes

in Kolbermoor weiter?

In 2024 erschließen wir die Spinnereiinsel. Dazu wird der Mangfallkanal im Bereich des Garnmagazins gequert. Darüber hinaus sind Neuanschlüsse am Bestandsnetz entsprechend der Kundennachfrage geplant. Somit erfolgt eine Verdichtung der vorhandenen Netze im Zentrum der Stadt.

Plant die INNergie

auch einen Anschluss

des Kolbermoorer Nordens?

Aktuell nicht. Hier erfolgt im Auftrag der Stadt gerade eine Quartiersstudie, deren Ergebnis wir abwarten und dann mit der Stadt Kolbermoor gerne diskutieren. Die zu erwartende Wärmeabnahme ist aber aufgrund der Siedlungsstruktur eher als gering anzusehen.

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