die Ausstellungsreihe „Das Blaue Land hinter Glas“

Künstlerische Denksportaufgaben

von Redaktion

Das Buchheim Museum in Bernried zeigt die Schau „Nonnenspiegel und Zirkusschweine“

Von Freia Oliv

Man könnte das listig nennen – oder einfach menschlich. Auf jeden Fall aber tricksten die Ordensschwestern so die strikten Regeln aus: Denn eigentlich sind ja Heiligen- oder Jesusbilder zu Kontemplation und Compassion gedacht, also zur geistlichen Vertiefung in Schicksal und Religion sowie zum Mitleiden mit den Märtyrern. Aber wenn man sich im Bild selbst reflektiert? Kann das im besten Fall ein Erkennen der eigenen Sündhaftigkeit, im schlechtesten Fall der eigenen Eitelkeit dienen. Auf alle Fälle aber sind die titelgebenden „Nonnenspiegel“ genauso wie die „Zirkusschweine“ eine raffinierte Sache: Im Buchheim Museum Bernried ist man damit den Geheimnissen der Hinterglasmalerei auf der Spur und ergänzt so die Ausstellungsreihe „Das Blaue Land hinter Glas“, die auch in den Häusern in Penzberg, Murnau und Kochel Thema ist.

Dass die alpenländische Volkstradition – Heiligenbilder hinter Glas – ein regelrechter Trend auch oder gerade in Böhmen und Schlesien war, zeigt die Präsentation in bunter Hängung. Rumänische Frontalansichten, klar gegliedert und stark linear, sind konkret und präsent wie Ikonen.

In Buchheims Sammlung darf natürlich auch der Heilige Georg nicht fehlen: Der war doch – als Grafik von Wassily Kandinsky – auch das Titelbild des 1912 erschienenen Almanachs „Der Blaue Reiter“. Die Expressionisten, die am Anfang des 20. Jahrhunderts maßgeblich die Avantgarde von der Region zwischen München und Kochel aus prägten, schätzten das Naive und Ursprüngliche an der Volkskunst. Dass es aber auch ganz anders ausschauen kann, zeigen die bunte Auswahl Buchheims aus dem 19. Jahrhundert sowie seine eigenen Experimente auf und hinter Glas.

Ein Hinterglaswerk an sich ist schon eine Denksportaufgabe: Verkehrt herum ist nicht nur das Motiv, sondern der ganze Bildaufbau anzulegen. Bei den Nonnenspiegeln im böhmisch-schlesischen Grenzland schliff und ätzte man das Glas an, bemalte es und verspiegelte es am Ende mit Quecksilberamalgam in einem komplizierten und langwierigen Verfahren. Ein durchaus gesundheitsschädlicher Prozess, dem man trotz anderer technischer Methoden noch lange über die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinaus treu blieb.

Auch in den Werken von Lothar Günther Buchheim (1918-2007) selbst glitzert und funkelt es. Allerdings sind es da nicht die Heiligen, die ins pure Licht erhoben werden, sondern es ist eine illusorische Gegenwelt zum Alltag: Akrobaten, das Zirkuswunderschwein Bambina, komische Hühner und Fische. Da sind ganz plakative, klar umrissene Weihnachtsgrüße in wenigen Farben effektiv gemalt. Da werden aber auch komplette Kindergeschichten im Bild erzählt. Bei den Clowns mit ornamentalen Linien umrissen, spitzen hinter den fast comic-artigen Figuren immer wieder geprägte Metallfolien hervor.

Mit der Zirkuswelt greift Buchheim gerade ab 1945 eines der Lieblingsthemen der Expressionisten auf. Er verliert sich aber auch genauso gerne in seinen Unterwasserwelten. Hier liegen mitunter mehrere bemalte Glasscheiben übereinander, sind zudem hinterlegt und die geprägten Metallfischlein werden noch von vorne darüber geblendet: ein handwerklicher 3D-Vorläufer.

Bis 18. Februar,

Di.-So., 10-18 Uhr,

Am Hirschgarten 1,

82347 Bernried;

Telefon 08158/ 99 70 20.

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