Freie Fahrt für freie Gallier

von Redaktion

Mit „Asterix in Italien“ ist Zeichner Didier Conrad und Szenarist Jean-Yves Ferri ein rasanter Comic-Spaß gelungen

von jörg heinrich

Wir befinden uns zwar immer noch im überaus ereignisreichen Jahr 50 vor Christus. Doch so langsam halten die modernen Zeiten Einzug in Gallien. Obelix bekommt Konkurrenz durch neuartige, federleichte Hinkelsteine aus Bimsstein vom Vesuv. Er denkt an berufliche Veränderung, zumal ihm die Wahrsagerin Sibylle auf der „Cebit“ (Markt für Celtisches Brauchtum und innovative Technik) eine große Karriere als Aurige, als Rennwagenlenker prophezeit. Obelix ist entzückt – und so nehmen die Dinge ihren Lauf in „Asterix in Italien“, dem dritten Heft nach Uderzo, das heute in Deutschland mit einer Startauflage von 1,7 Millionen Stück erscheint.

Zeichner Didier Conrad und Szenarist Jean-Yves Ferri ist mit Band 37 ein wunderbarer Spaß gelungen – und sicherlich der beste „Asterix“, seit sich Gallier-Papa Albert Uderzo, mittlerweile 90, in den Austrag zurückgezogen hat. Die beiden erzählen die rasend schnelle Geschichte vom Wagenrennen durch Italien mit einer Leichtigkeit, mit einer Selbstverständlichkeit, die an die großen Bände von René Goscinny und Uderzo in den Sechzigern und Siebzigern erinnert.

Nachdem Conrad und Ferri in ihren – überaus gelungenen – ersten Bänden „Asterix bei den Pikten“ (2013) und „Der Papyrus des Cäsar“ (2015) doch noch ein wenig auf der Suche waren, gehen sie jetzt beinahe verschwenderisch mit ihren Gags und Ideen um. Schon das erste Bild der Geschichte ist hinreißend – eine Römerstraße, doppelt beschildert mit „Roma“, einmal nach links, einmal nach rechts. Na klar: Alle Wege führen nach Rom. Hier erleidet ein rasender Wagenlenker einen Achsbruch. Kein Wunder, denn Senator Lactus Bifidus hat alle Gelder für den Straßenbau unterschlagen. Aus der Infrastruktur-Krise entspinnt sich eine durchtriebene Geschichte, die an den Klassiker „Tour de France“ aus dem Jahr 1965 erinnert. Der korrupte Bifidus lobt ein Wagenrennen aus, bei dem sich „alle Völker der bekannten Welt“ vom einwandfreien Zustand der Straßen im Imperium überzeugen sollen. Cäsar ist begeistert, besteht aber auf einen Sieg des römischen Champions Caligarius, dem Mann mit der lächelnden Maske, einer Art antikem Schumi.

Doch das versuchen Obelix, der diesmal im wahrsten Sinne des Wortes die Zügel in der Hand hält, und sein Co-Aurige Asterix zu verhindern. Für die Gallier ist Italien bisher unbekanntes Terrain, wie Jean-Yves Ferri erklärt: „Man geht davon aus, dass Asterix und Obelix dieses Land kennen, weil sie ständig mit Römern zu tun haben. Aber wenn man genauer hinsieht, stellt man fest, dass sie Italien nicht wirklich kennen, da sie bisher nur in Rom gewesen sind.“

Und so lernen die beiden beim Rennen von Monza (natürlich!) nach Neapel endlich den italienischen Stiefel kennen. Sie staunen über Designermöbel aus Mailand, schmausen feinsten Parmaschinken und zu Krümeln geriebenen Käse. Nicht nur Obelix und Asterix (so muss es diesmal heißen) rasen durch Italien und sind so schnell unterwegs, dass den Malern am Straßenrand das Bild verwackelt. Auch die guten alten Briten stehen am Start, stehen sie nicht? Und die Goten! Und die Piraten! Und die „Belchier“! Ein prächtiger Spaß mit zahllosen Anspielungen an den modernen Autoverkehr, an Doping im Sport und an einen aktuellen Skandal. Denn südgermanische Wagenspezialisten manipulieren kräftig an den Fahrzeugen herum, auch Audi hat seinen Platz in dieser Gaudi.

Insgesamt spielen gesellschaftliche Phänomene wie zuletzt beim „Papyrus“ das Internet diesmal aber nur am Rande eine Rolle, was Jean-Yves Ferri so erklärt: „Der neue Band ist in dieser Hinsicht weniger ambitioniert. Wir wollten einfach die Lust und Freude an einem richtig guten Abenteuer entstehen lassen.“ Über das Ende sei nur so viel verraten: Frankreichs Formel-1-Weltmeister Alain Prost spielt eine zentrale Rolle. Und beim legendären Bankett auf Seite 46 lassen sich die Gallier erstmals Pizza schmecken. Was danach passiert, erfahren wir voraussichtlich beim nächsten Band Ende 2019. Jean-Yves Ferri hat schon eine erste Idee: „Methusalix, der Dorfälteste, wird mir immer sympathischer.“ Gut möglich, dass der greise Gallier endlich seinen ganz großen Auftritt bekommt. Die alternde Gesellschaft macht auch vor Asterix nicht Halt.

Jean-Yves Ferri/ Didier Conrad:

„Asterix in Italien“. Egmont Ehapa, Berlin, 48 S.; 12 Euro (Hardcover), 6,90 Euro (Softcover).

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