INTERVIEW ZUR MÜNCHEN-PREMIERE

Bis das Tiramisu knirscht

von Redaktion

Die österreichischen Science Busters befassen sich im Lustspielhaus mit Asteroiden, der Zahl Pi und Sebastian Kurz

Die österreichischen Science Busters feiern zehnten Geburtstag. Doch hat sich bei den schrägen Wissenschaftskabarettisten viel verändert. So verloren sie kürzlich zwei Gründungsmitglieder. Der theoretische Physiker Heinz Oberhummer starb 2015 im Alter von 74 Jahren. Der Experimentalphysiker Werner Gruber stieg kurz darauf aus. Von der Urbesetzung geblieben ist nur Moderator und Kabarettist Martin Puntigam. Um ihn herum schart sich nun ein Ensemble von sieben Wissenschaftlern. Mit zwei davon, dem Molekularbiologen Helmut Jungwirth von der Uni Graz und dem Astronomen, Blogger und Autoren Florian Freistetter, präsentiert Puntigam an diesem Sonntag (14 und 20 Uhr) das Programm „Warum landen Asteroiden immer in Kratern?“ im Münchner Lustspielhaus.

-Wie schwierig war für Sie der Neustart?

Puntigam: Es war in erster Linie eine private Katastrophe. Mit Heinz Oberhummer habe ich einen Freund verloren. Auf der Bühne war es weniger schwierig, weil der Heinz und ich schon viele Monate vorher begonnen hatten, das Ensemble, so wie es jetzt ist, zusammenzustellen. Dass der Werner Gruber ausscheiden wird, war ebenfalls schon klar.

-Und die Neuen: Hätten Sie beide vor zehn Jahren gedacht, Sie würden eines Tages mit Martin Puntigam auf der Bühne stehen?

Freistetter: Vor zehn Jahren habe ich nicht gewusst, dass es so etwas wie einen Martin Puntigam gibt. Es war nie mein geheimer Wunschtraum, Wissenschaftskabarettist zu sein. Den Menschen etwas über Wissenschaft erzählen, das wollte ich allerdings.

Jungwirth: Vor zehn Jahren habe ich an der Uni Graz meine Stelle bekommen – und da stand es nicht in meiner Job-Beschreibung, mit jemandem im rosa Leibchen mit Gumminippeln (so tritt Puntigam gerne auf, d. Red.) und mit einem Astronomen, der Asteroiden anhimmelt, auf der Bühne zu stehen. Aber ich habe die Science Busters eifrigst im Fernsehen verfolgt. So etwas wollte ich immer machen.

-Wer übernimmt welche Rolle?

Puntigam: Helmut Jungwirth hat adlige Vorfahren und kann einen Stammbaum bis ins 17. Jahrhundert nachweisen, während Florian Freistetter als niederösterreichischer Landbewohner eher von den Josephinischen Bildungsreformen profitiert hat. Jungwirth zieht sich nach eigener Beschreibung sehr modisch an, man kann auch geckenhaft dazu sagen, während Florian Freistetter geerdeter auf der Bühne steht. Das ist die Spannweite, zwischen der ich als Moderator arbeiten kann. Die beiden gehen auch fröhlich aufeinander los, was sich anbietet, weil Mikrobiologie und Astronomie nur eine kleine Schnittmenge aufweisen.

-Herr Freistetter, Sie sind offizieller Botschafter der Zahl Pi. Was müssen Sie da machen?

Freistetter: Der Verein der Freunde der Zahl Pi beschäftigt sich mit der Vermittlung von Mathematik und humorvoll mit der Zahl Pi. Pi-Botschafter sind berechtigt, neue Mitglieder aufzunehmen. Die Bewerber müssen bestimmte Sachen erfüllen, etwa hundert Nachkommastellen von Pi auswendig aufsagen.

Jungwirth: Also wer von uns der Nerd ist, hat sich jetzt ja wohl bestätigt.

Freistetter: Der eine beschäftigt sich mit Mathematik, der andere sucht Krawatten aus…

-Herr Jungwirth, auch Sie haben eine seltsame Vorliebe: Im Geschmackslabor in Graz kochen Sie mit Erde. Was ist denn das beste Erdgericht?

Jungwirth: Man kann mit Hilfe von Käferbohnen und Erde ein hervorragendes Tiramisu machen, das dann so a bissl knirscht und nicht nur aromatechnisch, sondern auch vom Mundgefühl, von der Textur her ein wahres Erlebnis ist.

-Den Busters geht es um Spaß und Wissensvermittlung, aber auch um Aufklärungsarbeit.

Puntigam: Ja klar. Die Science Busters haben immer eine atheistische Ausrichtung gehabt und wollten in einer säkularen Welt leben, die naturwissenschaftlich geprägt ist.

Freistetter: Wenn man vernünftig Wissenschaft vermitteln will, muss man sich auch mit dem quasi Unvernünftigen beschäftigen, das nur so tut, als sei es Wissenschaft – also Pseudowissenschaften und Esoterik, die in Themen wie Ernährung, Klimawandel und Medizin hineinreden.

-Inwieweit nehmen Sie auch politisch Stellung?

Puntigam: Es ist nicht vorrangig der Aufhänger. Wir haben in Österreich gerade einen großen „Routenschließer“ (ÖVP-Chef Sebastian Kurz, d. Red.) vermutlich demnächst an der Spitze der Regierung, der gerne hätte, dass die Leute, die woanders unglücklich und ärmer leben, doch bitte dort bleiben. „Routen schließen“ ist seine Lieblingsvokabel. Da muss man sich natürlich anschauen, was das bedeutet, wenn sich die Erde weiter erwärmt, und dann ergibt sich dieser politische Zusammenhang von selber.

Das Gespräch führte Katrin Hildebrand.

Artikel 3 von 6